Siroco andaluz
- CreateSpace Independent Publishing Platform
- Erschienen: Januar 2012
- 5
- -: CreateSpace Independent Publishing Platform, 2012, Seiten: 346, Originalsprache
Wenn buschige Augenbrauen Mörder jagen
Wenn ein Krimi damit beginnt, dass auf den ersten beiden Seiten beim Geschlechtsverkehr unter brutalen Umständen einer der Beteiligten sein Leben aushaucht, dann kann man fast sicher sein, dass die Spannung über einen weiten Teil der weiteren Handlung teilweise völlig zum Erliegen gerät, weil der Autor unter schriftstellerischem Ejaculatio praecox leidet.
Genau dieses Schicksal erleidet Uli Wächter in seinem Siroco Andaluz, in dem er seinen Capitán Centuron durch die hitzegeschwängerte Ortschaft San Pedro in Andalusien hetzt, um auf über 300 Seiten den eigenproduzierten Krimi unters Lesevolk zu bringen. Capitán Centuron ist übrigens einer, bei dem nur die getrimmten, buschigen Augenbrauen das wahre Alter verraten, ansonsten ist er auf 175 cm Größe ein nicht untypischer Vertreter seines Genres, denn außer Tendenz zum Bauchansatz, Nikotin-, Kaffee- und Alkoholkonsum läuft er sich auch noch die Haken ab, um irgendwo einen Anhaltspunkt zu finden, warum die schon etwas ältere Hamburger Deern in San Pedro mehrfach die Beine breit gemacht hat und wem sie dabei in die Quere gekommen wäre.
Auch der Capitán kommt natürlich jemandem in die Quere und das ist die Policía National aus Granada, aber wenn in so einem Kaff schon mal was Schlimmeres passiert, als dass einem Touristen die Brieftasche geklaut wird, dann entwickelt der sonst eher an Siesta denkende Beamte einen gewissen Ehrgeiz und hört sich um, wobei er zunehmend von reichen und skrupellosen Ausländern erfährt, die in der Umgebung in Immobilien investieren, nebenbei Rauschgift verhökern und Erbschaften verjubeln.
San Pedro ist plötzlich der Mittelpunkt des Verbrechens
Das glaubt zumindest der Autor dieses Elaborates, bei dem die seichte Wortwahl nur durch jede Menge spanisches Idiom verschleiert wird. Der auf einer Avocadofinca wohnende Möchtegernschriftsteller bedient mit diesem auf amazon.de hochgelobten Machwerk höchstens die alkoholgeschwängerten Gehirne auf dem Ballermann, von schreiberischer Eleganz ist dieses Buch jedoch meilenweit entfernt und man wundert sich nicht, dass sich für dieses Manuskript kein namhafter Verlag gefunden hat.
Wenn die Arbeit der spanischen Polizei auch nur annähernd so abliefe, wie es in diesem Roman vorkommt, bei dem die Beamten weniger durch ihre Ermittlungsergebnisse brillieren, dafür aber umso mehr Kommissar Zufall vertrauen, hätte sich dort die Mafia bereits breitgemacht.
Zu viel aus schlechten spanischen Krimiserien abgekupfert?
Die Charakterisierung des Ermittlers ist überhaupt nicht gelungen, denn dieser bleibt klischeehaft und farblos und es verwundert nicht, dass die Geschichte über weite Strecken keinen Spannungsbogen aufweist. Das ist die richtige Einschlaflektüre für die Siesta, aber nicht mehr. Schreiberischen Dilettantismus kann man auch mit spanischem Ambiente nicht übertünchen, vor allem wenn man nicht in der Lage ist, Bilder von Landschaften und Stimmungen zu erzeugen. Es reicht nicht, die Handlung nach Andalusien zu verlegen, wenn dann Plot und Sprache anstatt der angekündigten "wirklichen Klasse" höchstens für unterdurchschnittliches Amusement reichen. Der ganze Roman ist Zeitverschwendung und dafür wäre eine Empfehlung viel zu schade.
Uli Wächter, CreateSpace Independent Publishing Platform
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