Der Mann im Park

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2013
  • 4
  • Stockholm: Wahlström & Widstrand, 2012, Titel: 'En Osynlig', Seiten: 374, Originalsprache
  • München: Heyne, 2013, Seiten: 560, Übersetzt: Christel Hildebrandt
  • München: Heyne, 2015, Seiten: 559
Der Mann im Park
Der Mann im Park
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Jörg Kijanski
90°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2013

Mehr als ein grandioses Debüt!

Stockholm 1928: In der seit einigen Jahren stillgelegten Djurgardswerft findet ein Obdachloser auf seiner Suche nach einem geeigneten Schlafplatz die Leiche der achtjährigen Ingrid Bengtsson. Kriminaldirektor Berner beauftragt den jungen Kommissar John Stierna mit der Leitung der Mordkommission. Fieberhaft macht er sich mit seinen Leuten ans Werk, denn er weiß, dass gerade die ersten Tage für die Ermittlungen entscheidend sein können. Doch von dem Täter gibt es kaum Spuren. Erst nach einigen Tagen stellt sich heraus, dass sich Ingrid im Vasapark wiederholt mit einem Mann unterhalten hat, der ihr zudem Geld für die von ihr geliebten Glanzbilder gab. Nur wenige Zeugen wollen den vermeintlichen Mörder gesehen haben, die Hinweise bleiben jedoch vage. Die Suche wird immer verbissener und umfangreicher, aber ein Erfolg bleibt aus&

Visby, 1953: John Stierna hat sich in ein kleines Hotel auf der Insel Gotland zurückgezogen, nachdem er dem Polizeidienst vorzeitig den Rücken zukehrte. Er war einst der aufstrebende Kommissar der Polizeidirektor Berner folgen sollte, doch der ungelöste Mordfall hat ihn zermürbt und deutliche Spuren hinterlassen. Es sind nur noch wenige Tage bis der Fall seit 25 Jahren unaufgeklärt ist, danach verjährt der Mord. Der Journalist Börje Grönwall möchte aus diesem Anlass über den spektakulären Fall berichten und bittet Stierna ihm hierbei zu helfen&

Der Mann im Park ist der Debütroman des Journalisten Pontus Ljunghill, von dem in Zukunft sicher noch einiges zu lesen sein wird. In Schweden war der Roman bereits sehr erfolgreich und auch hierzulande sollte dieses Werk nicht lange ein Geheimtipp bleiben. Dabei gliedert sich der Roman in drei Teile. Zunächst wechseln die Szenarien zwischen 1928 und 1953, zudem werden immer wieder Sequenzen eingeblendet, in denen der Mörder vorgestellt wird. So erfahren wir, wie dieser aufwuchs, was ihn umtreibt und wie es letztlich zu diesem furchtbaren Verbrechen kam.

Die Hauptfigur ist John Stierna, im Jahr 1928 Anfang 30 und seit zwei Jahren mit Karolina verheiratet, die zunehmend unter Johns Besessenheit leidet.

 

"Fast unser ganzes Leben handelt nur von der Arbeit. Das, was wirklich wichtig für uns ist, wird so nebenbei abgehandelt. Wenn wir es schaffen. Das, was wir lieben, die Dinge, die wir wirklich tun wollen, das erledigen wir so nebenbei. Und wenn wir alt geworden sind, sollen wir uns die Zeit nehmen, die wir nie gehabt haben. Aber dann sind wir zu alt und müde.

 

Immer mehr entwickelt sich die Suche nach dem Mörder des achtjährigen Mädchens zu einer Obsession, der Stierna alles unterordnet. Keine Ermittlungsspur ist zu dünn, um nicht unerbittlich verfolgt zu werden.

 

"Dann haben Sie also auch von Männern Fingerabdrücke genommen, die gar nicht unter Verdacht standen?"
"Das ist richtig."
"Und wie viele waren es insgesamt?"
"Das kann ich nicht mehr genau sagen. Mehrere Hundert."
"Warum?"
"Weil einem Mädchen, das nicht einmal neun Jahre alt wurde, auf einer stillgelegten Werft auf Djurdgarden der Schädel eingeschlagen wurde."

 

Der Plot geht ein bisschen nach der Devise "drei Schritte vor und fünf zurück" und erinnert in dieser Hinsicht stark an "Ein Ort für die Ewigkeit" von Val McDermid, wobei dieser Vergleich ansonsten etwas hinkt. Dennoch, wer McDermids Bestseller verschlungen hat, sollte hier unbedingt zugreifen. Minutiös verfolgen wir die mitunter frustrierenden Ermittlungen von Stierna und seinen Männern, die alles geben und doch nicht den entscheidenden Durchbruch erzielen können. Dies wird gekonnt und fesselnd erzählt. Man mag den Thriller nicht aus der Hand legen und ist mit den rund 560 Seiten nach spätestens zwei Tagen durch.

Die meisten (wichtigen) Figuren werden ebenso wie die Ermittlungen sehr umfangreich dargestellt, so dass der Plot mitunter kleinere Längen hat, zumal der Autor dieser Linie bis zum Ende des Romans treu bleibt. Nebenbei erfahren wir einiges über Stockholm im Jahr 1928 (wenngleich Pontus Ljunghill sich hier einige Freiheiten herausgenommen hat) sowie über die Folgejahre, denn der erste Teil der Geschichte endet erst 1941. Im zweiten Teil, 1953, wandelt sich die Geschichte dann ein wenig, denn John Stierna ist inzwischen ein gebrochener Mann, auf einen Gehstock angewiesen und erfreut die Hotelgäste allabendlich mit ein paar Klavierstücken. Dafür gibt es einen Whisky und das ein oder andere Bier, ohne dass es nicht mehr geht. So zeigt sich, wie stark ein einzelnes Ereignis das Leben eines Menschen beeinflussen kann.

Der Mann im Park

Pontus Ljunghill, Heyne

Der Mann im Park

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