Goldkehlchen
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2013
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- Meßkirch: Gmeiner, 2013, Seiten: 278, Originalsprache
Verbrechen im Umfeld der Leipziger Thomaner
Als der Küster der Leipziger Thomaskirche eines Sonntags morgens seine Runde durch die Kirche macht, entdeckt er, dass das Grab Johann Sebastian Bachs aufgebrochen wurde und die rechte Hand des grossen Komponisten entwendet wurde. Sofort meldet er das der Polizei, und die Kommissare Kroll und Wiggins übernehmen den Fall. In der Thomasschule erfahren sie, dass ein ganzer Flur von Jungen des Internats krank sind und einige davon sogar zur Beobachtung im Krankenhaus liegen.
Daher wird das erste Mal seit 800 Jahren die Osterfeierlichkeiten der Thomaner abgesagt werden. Doch zwei findige Burschen aus dem Chor, Georg Schießer und Paul Holzhund, entdecken an einer Seitenwand der Kirche ein Bild des Ritters Harras, in dessen Sage sich die Ereignisse im Thomas-Alumnat wiedererkennen lassen. Doch um sicher zu gehen, melden sie es erst einmal nicht der Polizei, sondern ermitteln auf eigene Faust.
Die beiden Kommissare stehen mit ihren Ermittlungen ziemlich auf dem Schlauch und blicken erst durch, nachdem weitere Anschläge auf die Thomaner geschehen sind und die beiden Jungs sie endlich informiert haben. Doch damit ist der Täter noch lange nicht gefasst ...
Zwei pfiffige Jungs
Mit Goldkehlchen hat Andreas Stammkötter einen weiteren Fall des Kommissargespanns Kroll und Wiggins kreiert, in dem es diesmal um die berühmten Thomaner geht. Er ermöglicht dem Leser einen Einblick in das Leben im Sängerinternat und verbindet dies mit einem Kriminalfall, bei dem es allerdings keinen Toten zu beklagen gibt. Der einzige Tote, wenn man so will, ist Johann Sebastian Bach, und der ist schon seit 1750 tot, allerdings wird aus seinem Grab seine rechte Hand gestohlen.
Die beiden Kommissare treten allerdings auf der Stelle, und erst die Hinweise der beiden Thomaner Georg und Paul bringen die beiden auf die Spur, was die Polizisten nicht gut aussehen lässt. Ob es allerdings wahrscheinlich ist, dass zwei Jugendliche sich mit der Geschichte der Kirche und der Harras-Sage so gut auskennen und damit von Anfang an auf der richtigen Spur liegen, darf dann doch bezweifelt werden. Hier läuft alles doch zu glatt ab, und dies nimmt dem ganzen dann doch sehr viel der Spannung.
Stammkötter versäumt es auch, dem Leser ein gewisses Lokalkolorit zu vermitteln. Gerade im Bereich der Thomaskirche und dem Internat, den Hauptermittlungsorten, hätte man sich ein paar detailliertere Beschreibungen gewünscht, um auch Nicht-Leipziger mehr ins Geschehen zu holen. Die Lösung des Falles wirkt auch arg konstruiert und deutet sich viel zu früh an. Wenngleich im Roman aktuelle Themen behandelt werden und sensationell erstmals nach 800 Jahren die Osterfeierlichkeiten der Thomaner abgesagt werden müssen, wird man als Leser mit den Protagonisten nur schwer warm.
Mehr Spannung wäre schön gewesen
Das sich zwei Vierzehnjährige als pfiffiger als die ermittelnden Kommissare erweisen, ist an sich eine originelle Idee, allerdings wäre es dramaturgisch geschickter gewesen, wenn auch sie den einen oder anderen Fehler gemacht hätten oder mal in eine Sackgasse geraten wären, was das Geschehen etwas natürlicher gemacht hätte. Doch so bleiben die Jungs die Helden und die Kommissare laufen hinterher, um nachher den Ruhm abzugrasen. Dass Kommissar Kroll eine neue Liebschaft erobert, gibt dem Roman eine erfrischende zwischenmenschliche Komponente, die ein wenig vom Geschehen ablenkt. Ob er sie bis in den nächsten Roman retten kann, wird sich zeigen.
Die beiden "Goldkehlchen" laufen den Ermitteln den Rang ab und tun dies mit einer Leichtigkeit, die so erfrischend wie letztlich unrealistisch ist und dem Roman viel an Spannung nehmen. Zwischenzeitlich gerät der Fall in den Hintergrund, und die Handlung verliert an Tempo, das sowieso nicht im Übermaß vorhanden ist. Insgesamt ist der Roman nicht misslungen, aber was Spannung angeht, kann hier künftig noch deutlich hinzugelegt werden. Ein Roman mit interessantem Sujet, das einen interessanten Einblick in die Thomaneer zeigt und erfrischend neue Wege zu gehen versucht, die nicht immer schlüssig sind. Dennoch wird man gern weitere Fälle aus Leipzig lesen.
Andreas Stammkötter, Gmeiner
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