Letzte Ruhe

  • Blanvalet
  • Erschienen: Januar 2013
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  • New York: Touchstone, 2011, Titel: 'No rest for the dead', Seiten: 256, Originalsprache
  • München: Blanvalet, 2013, Seiten: 400, Übersetzt: Andrea Brandl
Letzte Ruhe
Letzte Ruhe
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Jürgen Priester
50°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2013

Viele Köche verderben den Brei?

Was haben Tess Gerritsen, Kathy Reichs, Peter James, Jeff Abbott oder Jeffery Deaver gemein, außer dass sie bekannte und erfolgreiche Krimiautoren sind? Richtig, sie haben zusammen mit weiteren illustren Kollegen diesen Roman geschrieben. Stellvertretend für die hier nicht-genannten seien Thomas Cook und T. Jefferson Parker aufgeführt, deren Krimis aus den 1980/90er Jahren dem Rezensenten in guter Erinnerung geblieben sind. Das Zusammenwirken von 26 Autoren ging auf eine Initiative der Geschwister Lamia J. und Andrew F. Gulli zurück. Im Jahre 2007 fasste der Herausgeber des heutigen "Strand Magazine" Andrew Gulli unter dem belastenden Eindruck des 10. Jahrestages des Krebstods seiner Mutter den Entschluss, ein Buchprojekt zu realisieren, dessen Erlöse in die Krebsforschung fließen sollten. Zuerst hatte er an eine Anthologie von Kurzgeschichten befreundeter Schriftsteller gedacht, doch dann kam ein Kollege mit der Idee, einen Fortsetzungsroman mit verschiedenen Autoren zu konzipieren.

"Viele Köche verderben den Brei" - das gilt nicht grundsätzlich, aber es heißt auch nicht, dass das Zusammenwirken vieler Spitzenköche ein 5-Sterne-Menü ergibt. Letzte Ruhe ist ein klassischer Kriminalroman (Whodunnit), der nach einem beeindruckenden Beginn total abbaut. Die Rekonstruktion des Tathergangs, die Hintergründe und die Motive sind so erschreckend lücken- und fehlerhaft, als seien hier Dilletanten am Werke gewesen. Man bekommt nicht den Eindruck, dass die Genre-Vertreter sich ernsthafte Mühe gegeben haben, sondern eher einer Pflichtübung nachkamen. Man kann nur hoffen, dass wenigstens der karitative Zweck des Projektes erfüllt wurde.

Der 23. August 2000 ist Rosemary Thomas` letzter Tag auf Erden. Des Mordes aus Eifersucht an ihrem Ehegatten Christopher angeklagt, überführt und zum Tode mit der Giftspritze verurteilt, ist es der Tag ihrer Hinrichtung. Trotz des Wissens, unschuldig zu sein, erträgt Rosemary ihr Los mit erstaunlicher Abgeklärtheit. Auch einige der Zuschauer, die sich zu Rosemarys Hinrichtung eingefunden haben, sind von ihrer Unschuld überzeugt. Unter ihnen befindet sich Jon Nunn, der für den Mordfall zuständige Beamte des San Francisco Police Department. Auch er zweifelt mittlerweile an der Stichhaltigkeit der gefundenen Indizien. Sein Bauchgefühl hatte ihm von Anfang gesagt, dass diese Frau keine Mörderin ist. Nun ist es zu spät.

Der aufmerksame Leser wird schnell merken, dass das Eingangsszenario, so eindrücklich es auch sein mag, wenig mit der Realität zu tun hat. Eine weiße Kalifornierin aus gutsituierter Familie, Mutter zweier Kinder und respektable Kuratorin eines Privatmuseums wird nicht nach nur zwei Jahren in der Todeszelle hingerichtet. Zumal die Beweislage, wie auch der Leser im Verlauf der Geschichte erfahren wird, wirklich mehr als dürftig ist. Jeder halbwegs gescheite Strafverteidiger hätte Rosemary da herauspauken können. Nun gut, die Autoren wollten es halt anders, sonst wäre die Geschichte ja nicht so verlaufen, wie sie sich entwickelt.

In einem Tagebuch, das Rosemary während ihres Gefängnisaufenthaltes führte, bittet sie einen guten Freund, zum 10. Jahrestag ihrer Hinrichtung die involvierten Personen zu einer Gedenkfeier ins Museum einzuladen. Bei denen löst diese Einladung wenig Begeisterung aus. Allein Jon Nunn, der auf 10 Jahre stetigen Abstiegs (Job weg, Frau weg) zurückblicken muss, sieht eine Chance für sich, eine Wende in seinem Leben herbeizuführen und sich von der schwer lastenden Schuld seiner Fehleinschätzung zu befreien. Er nutzt alte Kontakte zum Polizeipräsidium, um an Akten, Protokolle und Obduktionsbefunde heranzukommen und befragt noch einmal einige Zeugen. Wie zu erwarten war, kommt er zu völlig anderen Ergebnissen.

Das Buchprojekt Letzte Ruhe scheitert nicht an der Vielzahl der beteiligten Autoren, sondern an der katastrophalen Umsetzung der Plot-Idee.

Die 26 Autoren wechseln sich kapitelweise ab. Dabei übernehmen sie verschiedene Charaktere, aus deren Sicht dann die Handlung vorangetrieben oder Vergangenes rekapituliert wird. Stück für Stück wird ein Gesamtbild entworfen, das stilistisch auch harmonisch wirkt, da kaum einer der Autoren über einen ausgeprägten Schreibstil verfügt oder, wenn vorhanden, ihn nicht zum Ausdruck bringt. Natürlich wechseln sich starke und schwache Szenen ab, die kann man aber nicht individuell an die gerade schreibende Person knüpfen. So hat jeder der erfahrenen Kriminalschriftsteller sein Scherflein zum Ganzen beigetragen, aber scheinbar hat keiner von ihnen einen kritischen Blick auf die Gesamtkonstruktion geworfen.

Man darf ja nicht so viel verraten. Aber die Auslassungen bezüglich des Tatherganges und der Entsorgung der Leiche sind nicht tolerierbar und der Befund, der die große Wende einläutet, ist ein Witz. Vielleicht sollte man die Geschichte mit Humor betrachten. Eine Leiche von San Francisco nach Deutschland zu entsorgen, hat schon was (unfreiwillig?) Skurriles.

Sehr schade, so viel Prominenz am Start und dann so ein dürftiger, fehlerhafter Plot. Keine Empfehlung!

Letzte Ruhe

Andrew & Lamia Gulli, Blanvalet

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