Ein Freund aus alten Tagen
- Piper
- Erschienen: Januar 2013
- 2
- Lund: Columbi, 2011, Titel: 'Mannen från Albanien', Seiten: 341, Originalsprache
- München: Piper, 2013, Seiten: 352, Übersetzt: Paul Berf
Gut erzählt, aber nicht sonderlich spannend
Der Piper-Verlag legt mit Ein Freund aus alten Tagen den Debütroman des Schweden Magnus Montelius vor. Das Original Mannen från Albanien erschien 2011 im Eigenverlag des Autors und erfreute sich in Schweden allgemeiner Beachtung. Es handelt sich um einen Spionageroman, der nach den ersten Leseeindrücken ein bisschen antiquiert wirkt, weil er im Gegensatz zu den heute angesagten Agenten- und Geheimdienst-Thrillern nicht auf vordergründige Spannung und Action setzt. Montelius erzählt ohne jede Hektik über die Vergangenheit mehrerer Personen, die sich in 1960er Jahren in kommunistischen oder links-orientierten Zirkeln bewegten. Schon damals standen sie, wie heute auch, unter der besonderen Beobachtung der schwedischen Geheimdienste.
Stockholm, September 1990. Am Fuße einer Aussichtsterrasse wird frühmorgens die Leiche eines Mannes gefunden. Da äußerlich an dem Mann keine Spuren von Fremdeinwirkung festzustellen sind, ordnet die Polizei den tödlichen Sturz als Unfall, möglicherweise als Selbstmord ein. In seiner Kleidung finden die Ermittler einen Pass, der ihn als albanischen Staatsbürger ausweist. Weitere Recherchen ergeben, dass der Mann erst vor kurzem nach Schweden einreiste und in einem Asylantenheim untergekommen war.
Was die Polizeibeamten nicht wissen, ist, dass der Albaner in fraglicher Nacht nicht alleine war. Ein in der Nähe der Aussichtsplattform hausender Obdachloser hat eine zweite schattenhafte Gestalt gesehen. Da er aus vielleicht verständlichen Gründen nicht zur Polizei gehen will, teilt er sein Wissen dem Journalisten Tobias Meijtens mit. Dieser nimmt den Faden interessiert und gerne auf, hat er doch mit seiner letzten Reportage Schiffbruch erlitten, auch in seinem Privatleben geht es zur Zeit drunter und drüber. Deshalb kommt ihm eine Ablenkung gerade recht.
Als bekannt wird, dass der Albaner kein Albaner, sondern der schwedische Staatsbürger Erik Lindmann ist, der vor 25 Jahren unter Verdacht stand, Spionage für die Sowjetunion zu treiben, und der daraufhin das Land mit unbekanntem Ziel verließ, ist Meijtens wie elektrisiert. Zusammen mit der ehemaligen Fernsehmoderatorin Natalie Petrini schreibt er einen ersten Artikel für seine Wochenzeitschrift, der einigen Wirbel auslöst. Meijtens ahnt, dass mehr hinter dem Fall Lindmann steckt. Doch er wird von seiner Chefredaktion ausgebremst. Meijtens vermutet, dass von staatlicher Seite Druck auf seine Chefs ausgeübt wurde. Petrini und er recherchieren auf eigene Faust weiter und kommen einem geschickt aufgebauten Komplott auf die Spur.
Wie eingangs schon erwähnt, legt Montelius nicht so viel Wert auf direkte Konfrontationen in der zeitlichen Gegenwart des Romans. Obwohl es die auch gibt. Da wird zum Beispiel besagter Obdachlose Opfer eines Unfalls mit Fahrerflucht. Oder eine gezielte Verleumdung führt zu einem Selbstmord. Doch das Hauptaugenmerk der Geschichte liegt in den Erzählungen der Zeitzeugen. Meijtens befragt ehemalige Dozenten, Kommilitonen, Freunde und Freundinnen Lindmanns aus dieser Zeit. Der Journalist erweist sich als exzellenter Fragesteller und guter Zuhörer, dem die schmalen Grate zwischen Lüge und Wahrheit nicht verborgen bleiben. Nur langsam schält sich für Meijtens ein Gesamtbild von Erik Lindmanns früheren Leben heraus. Für den Leser sind die Schilderungen eine kleine Zeitreise in Schwedens 1960er Jahre und eine Begegnung mit Albanien, ein fast vergessenes Land.
Ein Freund aus alten Tagen ist ein lesenswerter Kriminal- (Spionage-)Roman, der dem Leser zu Anfang ein wenig Geduld abverlangt. Zu ausführlich beschreibt Montelius die unsichere Lebenssituation seines Hauptprotagonisten Tobias Meijtens sowohl in beruflicher, als auch privater Hinsicht. Gerade sein privater Status hat dann doch nicht die Relevanz, die man erwarten konnte. "Gut Ding braucht Weile" - sagt man so und das trifft auch auf diesen Roman zu. Ist man erst mal drin, will man auch wissen, wie aus einem jungen, hoffnungsvollen Schweden ein malträtierter Albaner werden konnte und warum er bei der Rückkehr in seine Heimat sterben musste.
Wer lieber leise Töne mag und intelligent mit adäquater Sprache unterhalten werden möchte, dem sei dieser Roman empfohlen.
Magnus Montelius, Piper
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