Bierleichen
- Droemer Knaur
- Erschienen: Januar 2014
- 2
- München: Droemer Knaur, 2014, Seiten: 320, Originalsprache
Traditionalismus und Geldgier
Zeki Demirbilek ist ein deutscher Kriminalkommissar türkischer Herkunft. Bei Freunden und Kollegen ist er wegen seiner "osmanischen" Verhaltensweisen nur als Kommissar Pascha bekannt. Er leitet das so genannte Migra-Dezernat, eingerichtet für Fälle mit Beteiligten, die einen Migrationshintergrund haben. Als ein Türke tot im Wittelsbacher Brunnen gefunden wird, schaltet die Polizei das Migra-Dezernat ein. Als kurz darauf eine weibliche Leiche hinter den Hallen des Bierfestivals gefunden wird, nimmt der Fall an Fahrt auf. Der Tote aus dem Brunnen wurde Zeki Demirbilek zugeteilt, den zweiten Fall übernimmt Pius Leipold – der allerdings ahnt, dass es Probleme geben wird, als Zeki an "seinem" Tatort auftaucht. Doch es gibt tatsächlich Berührungspunkte zwischen den beiden Toten, und die Spuren fuhren allesamt zu einer Münchener Brauerei, die kürzlich von einem türkischen Investor übernommen wurde. Leipold und Demirbilek raufen sich zusammen, auch wenn es beiden überaus schwer fällt. Die Ermittlungen führen Kommissar Pascha schließlich sogar in seine ferne Heimatstadt Istanbul, und die Lösung des Kriminalfalles überrascht Leser und Polizisten gleichermaßen.
Authentische Schilderung
Su Turhan hat mit Bierleichen bereits seinen zweiten Roman über den eigenwilligen türkisch-stämmigen Ermittler in der bayrischen Hauptstadt vorgelegt. Das Buch ist spannend und unterhaltsam, und über die Frage, ob es sich um eine Kriminalkomödie handelt, kann sicherlich trefflich gestritten werden. Die humorvollen Passagen und Dialoge sind vom Autor sorgfältig eingebaut worden, ohne dass er dabei zu sehr in Richtung Klamauk abgleitet. So werden beispielsweise die Nöte von Kommissar Pascha im Fastenmonat Ramadan von Su Turhan gefühlvoll und authentisch geschildert. Keine Kunst, schließlich ist der Autor selbst in Istanbul geboren, und kam als 2-Jähriger mit seinen Eltern nach Deutschland. Es darf also spekuliert werden, wie viel autobiographisches in diesen Passagen steckt.
Reichlich Zündstoff zwischen den Ermittlern
Der notwendige Informationsaustausch zwischen Leipold und Demirbilek wird auf jeden Fall dadurch behindert, dass der gläubige Muslim zwischen Sonnenaufgang und –untergang weder essen noch trinken darf. Die als osmanisch charakterisierten Verhaltensweisen des deutsch-türkischen Ermittlers haben ihm zudem nicht nur den Spitznamen Pascha eingebracht, sondern bringen auch seine Kollegen immer wieder auf die Palme. Leipold wiederum grämt sich als Kenner vieler Brauereien und Biermarken darüber, dass ein türkischer Investor die Minga-Brauerei erworben hat - und sie jetzt sogar demontieren und nach Istanbul verladen lässt. Ramadan und Heimatliebe sorgen also für reichlich Zündstoff zwischen den beiden Kommissaren. Dennoch kommen die beiden Polizisten den Verdächtigen langsam auf die Spur.
Verwicklungen und falsche Spuren
Die Ermittlungen gestalten sich allerdings nicht einfach, denn allerlei private und geschäftliche Verwicklungen der Beteiligten führen zu falschen Spuren und immer neuen Komplikationen. Es gibt weitere Tote, und die Nebenfiguren wie der türkische Brauereibesitzer Süleyman Bayrak, die Diplomatin Koca und die Mingabräu-Mitarbeiterin Karin Zeil bringen weitere Facetten in die Erzählung hinein. Leipold und Demirbilek müssen eng kooperieren, um die Rätsel nacheinander aufzudröseln. Daneben sorgen die familiären und sonstigen privaten Angelegenheiten der verschiedenen Ermittler im Team der Migra für weitere Turbulenzen. Hier wird die Geschichte zuweilen durchaus etwas langatmig, aber das hält sich insgesamt in erträglichen Grenzen.
Pascha ist der Star
Kommissar Pascha ist auf jeden Fall die eindeutige Hauptperson, und anhand seiner alltäglichen Probleme werden dem Leser einige türkische Bräuche nahegebracht. Dazu zählen der Besuch beim traditionellen Friseur, und auch die authentischen Erläuterungen zum Fastenmonat Ramadan. Die Spannung leidet bei der eigentlichen Kriminalgeschichte durch das ganze Drumherum keineswegs. Das Buch ist flüssig zu lesen, man wird gut unterhalten – und vor der Lösung im Finale wirklich überrascht. Ein Pluspunkt ist also, dass der Leser erst kurz vor dem Ende erfährt, wie alles zusammen hängt. Kein hochklassiger Krimi – aber mehr als gutes Mittelfeld.
Su Turhan, Droemer Knaur
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