Milano Criminale

  • Hörbuch Hamburg
  • Erschienen: Januar 2013
  • 2
  • Mailand: Rizzoli, 2011, Titel: 'Milano criminale', Seiten: 425, Originalsprache
  • Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2013, Seiten: 6, Übersetzt: Markus Boysen
Milano Criminale
Milano Criminale
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Andreas Kurth
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2013

Panorama der Mailänder Kriminalgeschichte

An einem Februar-Tag im Jahre 1958 findet in der Mailänder Via Osoppo der bis dahin größte Raubüberfall in der Geschichte Italiens statt. Sieben bewaffnete Männer rauben einen Geldtransporter aus. Sie werden dabei sogar von den zuschauenden Menschen angefeuert. Die Räuber nehmen in den schweren Zeiten ihr Schicksal in die eigenen Hände, das imponiert den Mailändern. Zwei Jungen - Roberto und Antonio – beobachten den Überfall, und ziehen ganz unterschiedliche Schlussfolgerungen daraus. Während sich Antonio für den Beruf des Polizisten entscheidet, wird Roberto wenige Jahre später einer der meistgesuchten Verbrecher in ganz Italien. Ihre Wege werden sich in den nächsten Jahren mehrfach kreuzen. Roberto geht konsequent und ohne Rücksicht auf Verluste seinen kriminellen Weg, Antonio dagegen braucht einige Zeit, um in den Reihen der Polizei auszusteigen. Bis es zum Showdown zwischen den beiden kommt, ereignen sich in Mailand noch zahlreiche Morde, spektakuläre Überfälle und schlagzeilenträchtige Festnahmen.

Milano Criminale ist kein Kriminalroman im herkömmlichen Sinne. Es geht nicht um ein Verbrechen und dessen Aufklärung. Paolo Roversi hat vielmehr in seinem lesenswerten Roman eine Art Geschichte der Kriminalität in der norditalienischen Metropole geschrieben. Es geht dabei vor allem um die 1960er Jahre, und den rapiden Wandel in der Art der Kriminalität und dem Auftreten der Verbecher. Im Blickpunkt stehen die zwei Jungen, die durch das gleiche Ereignis in ihrer Jugend geprägt werden. Am Beispiel ihrer Entwicklung zeichnet Roversi ein spannendes Bild der Mailänder Geschichte im Allgemeinen und der politischen Entwicklung im Besonderen – stets eng verknüpft mit den kriminellen Machenschaften verschiedener Banden. In dieser Nachkriegszeit sind die Menschen finanziell nicht auf Rosen gebettet, aber die Tresore der Banken sind trotzdem gut gefüllt. Daraus resultiert die zunächst überraschende Bewunderung der Menschen für die Gangster, die zunehmen dreister werden bei ihren Überfällen.

Der Autor reiht in seinem Buch zahlreiche spannende Episoden aneinander, und schildert so die Entwicklung seiner zwei Hauptprotagonisten. Der sympathische Antonio führt nur scheinbar ein bürgerliches Leben, denn seine Frau sympathisiert mit revolutionären Bewegungen und wirft ihm ständig sein Eintreten für die Staatsmacht vor. Roberto dagegen geht bei routinierten Verbrechern in die Lehre, und nutzt selbst Aufenthalte im Gefängnis, um seine Kenntnisse in kriminellen Methoden zu erweitern. Verblüffend ist dabei, wie er sich bereits als junger Mann unter 20 einen Ruf in der Verbrecherwelt erarbeitet. Er versucht, seine Überfälle weitgehend unblutig zu gestalten, und erwirbt so auch einen gewissen Sympathie-Bonus beim Leser. Beide Protagonisten sind wirklich interessante Figuren – gerade aufgrund ihrer Gegensätzlichkeit.

Neben den Karrieren von Antonio und Roberto in Polizei und Unterwelt werden auch ihre privaten Entwicklungen ausführlich dargestellt. Der Autor macht es den Lesern zuweilen jedoch schwer, der Handlung zu folgen. Roversis Schreibstil ist nicht wirklich flüssig, er macht gerne einige gedankliche Umwege, die bei der Lektüre hinderlich sind. Zudem wechselt er bei seinen Personen zwischen Vor- und Nachnamen, was nicht gerade zu besserem Überblick beim Leser führt.

Der Auftakt des Buches beruht übrigens auf einer historischen Begebenheit, den Überfall am 27. Februar 1958 hat es wirklich gegeben, die Beute betrug damals 600 Millionen Lire. In einem Interview hat Paolo Roversi erklärt, ihn hätten die Menschen zu diesem Buch inspiriert, die Polizisten und Verbrecher der 60er Jahre. Diese Faszination hat der Autor durchaus in die Geschichte hinein transportiert. Trotz der leisen Kritik ein interessanter Roman, deutlich anspruchsvoller als die gängige Kriminalliteratur. Allerdings sollte man als Leser ein gewisses Interesse für Italien in dieser Zeit mitbringen – dann wird man auf jeden Fall gut und kurzweilig unterhalten, und bekommt auch genug Stoff zum Nachdenken.

Milano Criminale

Paolo Roversi, Hörbuch Hamburg

Milano Criminale

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