Kommissar Pascha
- Droemer Knaur
- Erschienen: Januar 2013
- 4
- München: Droemer Knaur, 2013, Seiten: 352, Originalsprache
Der erste Fall für den Münchener Kommissar Zeki Demirbilek
Kommissar Demirbilek hat keine richtige Lust auf seinen Job als Leiter des neu gegründeten Sonderdezernates Migra, in dem Fälle behandelt werden, bei denen die Beteiligten einen Migrationshintergrund haben. Er sehnt sich nach seiner Heimat, doch wo ist die Heimat eines in Istanbul geborenen Türken, der seit Jahrzehnten in Deutschland lebt? Als im Englischen Garten die Surfer im Eisbach von einer im Wasser treibenden Männerleiche jäh unterbrochen werden, hat Kommissar Pius Leipold vor allem ein Ziel; den Fall schnell wieder abzugeben. Dies geschieht schneller als gedacht, da es sich bei der Leiche um einen Türken namens Bülent Karaboncuk handelt. Er wurde offenbar erdrosselt und mit unzähligen Reißnägeln in der Brust versehen, die das arabische Wort "Teufel" bilden. Demirbilek und seine beiden einzigen Mitarbeiterinnen, die unerfahrene Isabel Vierkant und die junge Deutschtürkin Jale Cengiz, nehmen die Ermittlungen auf und erhalten bald unerwartete Hilfe als Leipold, alles andere als freiwillig, in ihre Einheit versetzt wird.
Die Spur führt die Ermittler zu der vierundzwanzigjährigen Gül Güzeloglu, deren Vater in den Medien als deutscher Döner-König bezeichnet wird. Dieser liegt im Sterben und will seine Tochter mit dem Sohn eines türkischen Döner-Großhändlers verheiraten, um seine Geschäfte zu erhalten. Gül bevorzugt jedoch einen eher westlichen Lebensstill und sorgte bereits durch gewagte Tanzeinlagen in einem angesagten Nachtclub für Schlagzeilen in der Klatschpresse. So willigt der künftige Schwiegervater nur in die Hochzeit ein, wenn die Jungfräulichkeit der Braut nachgewiesen werden kann. Genau hier könnte ein Problem bestehen, denn Gül wurde von Bülent Karaboncuk erpresst. Die Ermittler stochern zunächst im Trüben, da geschehen zwei weitere Morde…
Su (Süleyman) Turhan hat mit seinem ersten Roman Kommissar Pascha den Auftakt zu einer neuen Krimireihe geschrieben, deren Protagonist ein in Istanbul geborener, aber weitgehend in Bayern aufgewachsener Türke ist. So beginnt der Roman wie folgt:
Ziemlich genau vor einem Jahr fasste Kommissar Zeki Demirbilek einen Entschluss: Er wollte statt jeden Sonntag nur jeden zweiten Sonntag Schweinebraten essen.
Da weiß man, was einen erwartet. Ein Spagat zwischen türkischer und deutscher Lebenskultur, der mit einem großzügigen Augenzwinkern erzählt wird. Den Protagonisten, der ein Faible für Taschentücher und türkischen Mokka hat, ist in seiner deutschen Heimatstadt München voll integriert und so kommt es, dass er schon mal aus der Haut fährt, wenn er auf "den Türken" herabgestuft wird. Daher ist zunächst das Verhältnis zu seinem Kollegen Leipold alles andere als herzlich, was sich aber im Laufe der Geschichte ändern soll. Zudem bietet das Privatleben des Kommissars reichlich Anlass, die Seiten zu füllen. Seine große Jugendliebe Selma, mit der er eine Tochter und einen Sohn hat, lebt in Istanbul, von seiner zweiten Frau Friederike will er sich gerade scheiden lassen. Und jetzt darf er auch noch mit zwei jungen, unerfahrenen Kolleginnen zusammen arbeiten, obwohl Demirbilek nicht gerade als besonders Teamfähig gilt. Unterhaltsam ist hier besonders die Figur der Jale Cengiz, die oftmals mit ihrem losen Mundwerk und ihren all zu spontanen Einfällen für Furore sorgt; nicht immer im positiven Sinn.
"Wie kommt es, dass du so gut türkisch sprichst? Du bist in Deutschland geboren und aufgewachsen."
"Glauben Sie im Ernst, in Berlin-Kreuzberg lernt man Deutsch?"
Zum eigentlichen Plot soll nicht zu viel verraten werden, außer dass der Leser den Ermittlern oftmals einen Schritt voraus ist, da die Geschichte aus mehreren Perspektiven erzählt wird. Die Spannung hält sich zwar in überschaubaren Grenzen, ermöglicht aber dem (deutschen) Leser trotz der mitunter gewöhnungsbedürftigen Nachnamen den Überblick zu behalten. Etwas unangenehm stößt die - etwas arg einfache - Auflösung der ersten beiden Mordfälle auf. Insgesamt aber hinterlässt Kommissar Pascha, nicht nur für einen Debütroman, einen positiven Eindruck. Ausreichend spannend, unterhaltsam geschrieben und einige originelle Begebenheiten sorgen für Lesespaß, der allerdings nicht länger als einen Tag anhält. Dann ist man nämlich bereits am Ende des Buches angekommen und wartet gespannt auf den zweiten Fall "Bierleichen", der bereits in Arbeit ist.
Su Turhan, Droemer Knaur
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