Alles muss versteckt sein

  • Blessing
  • Erschienen: Januar 2012
  • 6
  • München: Blessing, 2012, Seiten: 350, Originalsprache
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Wolfgang Weninger
95°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2012

Exzellenter Thriller, so einfühlsam wie bedrückend

Im Karl Blessing Verlag hat Wiebke Lorenz ihren Thriller Alles muss versteckt sein veröffentlicht, der auf 340 Seiten das Schicksal der Kleinkindpädagogin Marie abhandelt.

Marie hat keine Erinnerungen daran, was sie getan hat. Aber das Gericht hat sie des grausamen Mordes an ihrem Freund Patrick schuldig gesprochen, dem sie im Schlaf die Kehle durchtrennt haben soll und dann auch noch mit zahlreichen Messerstichen verunstaltet hat. Auch sie selbst hält sich für fähig, diese Tat begangen zu haben, denn sie leidet an einer Zwangserkrankung.

Ihre Arbeit im Kindergarten musste sie aufgeben, weil sie sich permanent vorgestellt hat, welche tödlichen Qualen sie den Schutzbefohlenen angedeihen lassen könnte. Selbst im Supermarkt quälen sie Zwangsgedanken, wie sie Kundschaft und Angestellte massakrieren könnte. Die ständige Angst, dass aus ihren Fantasien Wahrheit werden könnte, treibt Marie in den Wahnsinn, der in Folge zur Einweisung in die geschlossene, forensische Psychiatrie eingewiesen, weil man ihr auf Grund der Erkrankung keine Schuldfähigkeit attestieren musste.

Dr. Jan Falkenhagen ist ihr Betreuer in der Anstalt. Nach mühsamen Beginn findet Marie ein wenig Zutrauen zum Psychologen und in langen Gesprächen öffnet sie sich ihm und gemeinsam versuchen Sie dem tödlichen Geheimnis auf die Spur zu kommen ...

Alles muss versteckt sein ist ein einfühlsames und bedrückendes Stück Thrillerliteratur, an das ich mit sehr viel Skepsis heran gegangen bin, denn psychologische Themenaufbereitungen von Autoren verursachen mir normalerweise großes Gähnen. Aber in diesem Fall zog mich das Buch schon nach wenigen Seiten in seinen Bann. Jeder Mensch hat seine Ängste und Zwänge und der Übergang vom "Normalen" zur Krankheitsform der Zwangsgedanken ist so schleichend, dass ihn vor allem der Patient zu spät bemerkt, wenn sich seine Umwelt bereits von ihm abzuwenden beginnt. Der Kniff der Autorin, das Pferd vom Schwanz her aufzuzäumen, beschert diesem Roman eine Authentizität, der man sich als Leser kaum entziehen kann.

Man leidet mit der jungen Frau mit, wenn sie zu erzählen beginnt, wie sie Stück für Stück mit der traurigen Wahrheit zu leben lernt. Kontakt zu Mitmenschen hat sie nur mehr via Internet und in einem speziellen Forum von und für Zwangserkrankte findet sie Unterstützung und Anleitungen, wie sie ihr krankes Leben nach Möglichkeit in den Griff bekommen kann. Langsam bessert sich Maries Zustand und sie wagt sich wieder unter Menschen bis der große Overkill kommt.

Aber die Autorin endet mit ihrer Geschichte nicht dort, wo es Marie langsam wieder besser zu gehen scheint. Sie hat ihre Story gut konstruiert und noch so manche Wendung eingebaut, die den Leser bei der Stange hält und auch den erfahrenen Krimileser, der das Ende schon vorhersieht, noch mit der Lösung verblüffen kann. Und deswegen bekommt Alles muss versteckt sein eine Top-Wertung, weil der Roman nicht nur unkonventionell von Thematik und Aufbereitung ist, sondern auch handwerklich so gut gemacht wurde, dass man mit der Romanfigur mitfiebert und mitleidet und das Buch nicht aus den Händen legen mag. Wer Psychothriller mag, findet hier eine absolute Empfehlung, aber in diesem Fall ist die Thematik so aktuell, dass auch Freunde anderer Krimigenres sicher von diesem Thriller beeindruckt sein werden.

Alles muss versteckt sein

Wiebke Lorenz, Blessing

Alles muss versteckt sein

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