Tödlicher Abgesang

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2011
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  • München; Zürich: Piper, 2011, Seiten: 233, Originalsprache
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Andreas Kurth
60°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2012

Mord und Totschlag unter Künstlern

Die Parkaufseherin findet in der Bayreuther Eremitage eine weibliche Leiche. Die Tote wird schnell als Vanessa Depoutot identifiziert, eine Sängerin der Festspiele. In Richard Wagners Walküre trat sie als Rossweiße auf, eine der neun Töchter Wotans. Kommissar Zollinger und Kollege Sören Brunkhorst – ein geborener Hamburger - ermitteln in der Künstler-Szene rund um den "Grünen Hügel". Aber eine Spur scheint auch in die Fränkische Schweiz zu führen, denn die Tote hatte die Telefonnummer einer Kletterschule in der Tasche. Und die gehört Zollingers Neffen. Es zeigt sich jedoch schnell, dass der nichts mit der Sache zu tun hat. Dafür gibt es genug Verdächtige, denn in der selbstsüchtigen Künstler-Szene rund um die berühmten Festspiele gibt es neben Eifersüchteleien auch handfeste Auseinandersetzungen. Die beiden Kommissare haben es nicht leicht, um Licht ins Dunkel zu bringen. Als ein weiterer Mord passiert, überschlagen sich die Ereignisse – aber bis zur Lösung des Falls ist es noch ein weiter Weg.

Künstler sind höchst sensible, aber auch machtbewusste Menschen. Das zeigt Jobst Schlennstedt in seinem unterhaltsamen Kriminalroman. Dominierend ist allerdings zunächst das wirklich ungewöhnliche  Ermittler-Paar. Da ist der Ur-Franke Zollinger, dessen Vorname der Leser nicht erfährt, und dann sein aus Norddeutschland stammender Kollege Sören Brunkhorst. Den geborenen Hamburger lockte die Liebe in das fränkische Bayreuth, und jetzt sitzt er alleine in seiner Wohnung und stürzt sich förmlich in die Arbeit. Brunkhorst wird außerdem von seinem väterlichen Kollegen in die fränkische Lebensart eingeführt. Die Irrungen und Wirrungen des jungen Polizisten sorgen für angenehme Nebenunterhaltung.  Aber auch Zollinger ist vor privaten Pannen nicht sicher, und so richten sich die beiden Ermittler gegenseitig wieder auf.

Im Zentrum von Schlennstedts Roman steht jedoch die eigentliche Kriminalgeschichte, und der Autor baut hier einen guten Spannungsbogen auf. Ein dramaturgisch kluger Schachzug ist es, ausgerechnet einen Ungarn für die Rolle des exzentrischen Regisseurs auszuwählen. Aber auch weitere eigenwillige Mitglieder des Ensembles und undurchsichtige Personen im Umfeld rücken bei den Ermittlungen in den Blickpunkt. Der Leser kann sich – wie die Ermittler – nie sicher sein, in welche Richtung sich die Nachforschungen der Polizisten entwickeln werden. Glücklicherweise setzt der Autor die fränkische Mundart nur höchst dosiert ein. So kommt genug Lokalkolorit ins Spiel, ohne dass der Leser eine Liste mit zu übersetzenden Worten braucht.

Im Kern geht es in Tödlicher Abgesang um Liebe und Leidenschaft, um Eifersucht, Ver- und Misstrauen und sonstige zwischenmenschliche Probleme. Die Befindlichkeiten in der Künstler-Szene und auch die eine oder andere falsche Spur hätte der Autor gerne etwas sorgfältiger herausarbeiten dürfen. An anderer Stelle bleibt manche Andeutung zu sehr im Ungefähren. Das mindert nicht die Spannung, aber das Lesevergnügen leidet zuweilen.  Dennoch ist Jobst Schlennstedts "Bayreuth-Roman" durchaus lesenswert, wobei die Handlung auch in jeder anderen deutschen Stadt hätte spielen können. Es ist nachvollziehbar, dass Bayreuth  dem Autor aus seiner Studienzeit und wegen seiner Frau in bester Erinnerung ist und ihn so zu einem Roman inspiriert hat, aber es ist fraglich, ob der Verlag dann gleich mit dem Aufdruck "Ein Bayreuth-Krimi" werben muss. Davon abgesehen bietet die gut lesbare Geschichte spannende Unterhaltung – ohne im Nachgang allzu viele Spuren zu hinterlassen.

Tödlicher Abgesang

Jobst Schlennstedt, Piper

Tödlicher Abgesang

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