Die siebte Sünde
- dtv
- Erschienen: Januar 2003
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- Oslo: Gyldendal, 2000, Titel: 'Den syvende synd', Seiten: 222, Originalsprache
- München: dtv, 2003, Seiten: 256, Übersetzt: Annika Krummacher
Durchweg uninspiriert
Es lief zur Zeit schlecht für Margaret Moss. Als Privatdetektivin hatte sie fast keine Aufträge und musste sich mit ein paar Werbejobs über Wasser halten. In ihrem Frust beschließt sie spontan, nach Stavanger zu fliegen. Dort angekommen, irrt sie zunächst im Regen ziellos durch die Gegend und besteigt schließlich einen Bus, um sich das Meer anzusehen.
Es ist bereits dunkel geworden und einsam am Meer. Vom Alkohol benebelt rutscht sie aus und fällt die steile Küste hinunter. Nachdem sie wieder zu sich kommt, beobachtet sie aus den Büschen heraus, wie zwei Männer einen dritten zusammenschlagen und -treten. Erst als die Männer mit dem Auto verschwinden, kommt sie aus ihrem Versteck heraus, um dem Opfer zu helfen. Doch sie ist nicht allein. Ein junger Mann mit einer Taschenlampe spricht sie an. Im Licht der Lampe erkennen die beiden, dass der Mann auf dem Boden bereits tot ist. Dann spürt sie einen Schlag auf den Kopf und versinkt in Bewusstlosigkeit.
Wieder zu sich gekommen, findet sie sich im Haus eines gewissen Harry Hesthaug wieder. Dieser hat sie offenbar am Strand versehentlich als Täter angesehen und ihr ein ordentliches Veilchen verpasst. Ebenfalls anwesend ist der junge Mann vom Strand, Tom Vågevik. Bei dem Toten handelt es sich, wie er erzählt, um seinen Vater Kolbein. Tom und Harry engagieren die Privatdetektivin kurzerhand, um herauszufinden, warum Toms Vater sterben musste.
Kolbein schmuggelte Waren für den reichen Geschäftsmann Rune Reiedal. Als er am Tag seines Todes angerufen wird, verlässt er in Todesangst das Haus. Tom und Harry folgen ihm, können auch die Männer sehen, die ihn töten, doch um Kolbein zu helfen, ist es zu spät.
Kjersti Scheen hat leider etwas für Serienkrimis ganz Entscheidendes vergessen: daß es - so wie ich - auch Leser gibt, die die Reihe nicht von Anfang an kennen, sondern später einsteigen oder das Buch nur als Einzelkrimi lesen wollen.
Da gibt es einen Roland Rud, der telefonisch nicht erreichbar ist, der aber später im Roman noch eine große Rolle spielt, dennoch aber bis zum Schluß eine Unperson bleibt. Dieser Roland Rud muß zwangsläufig bereits in der Reihe aufgetaucht sein, und ein paar Sätze hätten genügt, um seine Beziehung zur Protagonistin, die man nur erahnen kann, etwas näher darzustellen. Die weiteren Lücken, die man während des Lesens erkennt, sind zwar für das Verständnis der Handlung nicht relevant, doch hätten auch hier ein paar kurze Anmerkungen dazu beitragen können, sich vom Leben der Detektivin ein deutlicheres Bild machen zu können.
Dadurch wirkt der Krimi schon von Beginn an absolut uninspiriert. Wer war der "Kerl in Stavanger mit dem schönen, blonden Haar und den stets gebügelten Anzügen, den sie in einem Kurs über Marketing kennengelernt hatte" und der keine weitere Funktion hat, als das Motiv darzustellen, dass es Moss nach Stavanger verschlägt? Auch der weitere Weg der Protagonistin verläuft sehr unmotiviert. Sich mit einer Flasche Southern Comfort in den Bus setzen und hoffen, dass man das Meer schon findet. Irgendwie muß einem ja das Verbrechen über den Weg laufen, damit's überhaupt ein Krimi wird.
Der Leser begleitet die Privatdetektivin Margaret Moss über den gesamten Verlauf der Handlung hinweg, bleibt also stets auf dem gleichen Wissensstand wie sie. Zunächst muß man sich mal dran gewöhnen, dass die Heldin durchweg nur als Moss bezeichnet wird. Sehr ungewöhnlich, nur den Nachnamen zu nennen, wenn es sich um eine weibliche Person handelt.
Moss als "Heldin" zu bezeichnen, wäre jedoch grundfalsch. Auf dem Klappentext wird sie als "sympathische Antiheldin" bezeichnet, doch auch dies ist unpassend. Man hat den Eindruck, dass Moss als Privatdetektivin absolut fehl am Platz ist und kann nur hilflos mit ansehen, wie sie sich tolpatschig von einem von einem Ort zum anderen begibt und eigentlich nur durch Zufall immer die richtigen Stellen und die richtigen Informationen findet. Nun mag das Bild des trotteligen unfähigen Detektivs ja etwas für sich haben, dann jedoch sollte der Humor deutlicher hervortreten wie das Gert Anhalt in "Tote mögen kein Sushi" eindrucksvoll demonstriert.
Glücklicherweise unterscheiden sich Kjersti Scheens Formulierungen ab und an etwas von der durchschnittlichen Trivialliteratur. Mal war Moss "baff, dass ihre Gedanken stillstanden", dann begegnete ihr im Spiegel ein "Blick, der schwarz war vor Schreck". Auch ihre Landschaftsbeschreibungen klingen sehr bildhaft: man liest vom "Meer mit seinen Orgeltönen" und "Wellenpferden, die in der Finsternis an Land gallopierten".
Leider kommt zu keinem Zeitpunkt wirklich Spannung auf, zu glatt verläuft der Weg zur richtigen Lösung. Ansätze, um Ecken und Kanten in das Geschehen einzubauen, hat die Autorin genügend geschaffen, doch nutzt sie diese nicht aus. So wird zwar eine Tatwaffe mit Moss' Fingerabdrücken versehen, doch kommt die Detektivin nicht wirklich in Verdacht. Auch zum mitraten taugt der Krimi nicht, denn im Prinzip ist von Anfang an fast alles klar, außer, wie die Bösewichter zur Strecke gebracht werden können.
Die Darstellung der Charaktere zählt ebenfalls nicht gerade zu den Stärken der Autorin. Sämtliche Personen bleiben farblos und können nicht wirklich bildhaft in die Vorstellungskraft des Lesers projiziert werden.
Alles in allem hält Kjersti Scheen keinen Vergleich mit den vielschichtigen Werken ihrer namhaften Landsfrauen Anne Holt oder Karin Fossum stand. So bleibt "Die siebte Sünde" bestenfalls unteres Mittelmaß und Margaret Moss sollte die Ermittlungsarbeit zukünftig lieber anderen überlassen.
Kjersti Scheen, dtv
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