Grüne Armee Fraktion

  • Emons
  • Erschienen: Januar 2011
  • 0
  • Köln: Emons, 2011, Seiten: 272, Originalsprache
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Jürgen Priester
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2012

Verstörend irreale Verbrechen

 "Stern"-Reporter Wolfgang Metzner legt mit Grüne Armee Fraktion seinen ersten Kriminalroman (nach Einschätzung des Rezensenten eher ein Thriller) vor. Es verwundert nicht weiter, dass die Hauptfigur seines Romans ebenfalls als Journalist für ein Periodikum mit wöchentlicher Print-Ausgabe und einem sich ständig aktualisierenden Online-Dienst tätig ist. Jonas Mondrian ist der heimliche querdenkende Star einer Hamburger Illustrierten, die sich schlicht "magazine" nennt. Der Autor betont in einem kurzen Nachwort, dass das Magazin im Roman keinerlei Ähnlichkeit mit seinem früheren Arbeitgeber aufweise. Eine Bemerkung, die sicherlich dem von Konkurrenzdenken geprägten Klima in der fiktiven Redaktion und deren Firmenpolitik der rigorosen Ausschlachtung jeglichen menschlichen Leides geschuldet ist.

Wie der Titel Grüne Armee Fraktion schon anklingen lässt, wird Star-Reporter Mondrian in die Machenschaften militanter Ökoaktivisten verwickelt.

In Geesthacht in der Nähe Hamburgs wird ein Ingenieur des Atomforschungsreaktors auf seiner nachdienstlichen Jogging-Tour brutal niedergeschlagen, mit Benzin übergossen und angezündet. Wenige Tage später wird ein Attentat auf einen ICE kurz vor einer Tunneleinfahrt bei Fulda verübt. Es gibt mehrere Tote und Schwerverletzte. Zu den Taten bekennt sich eine nicht genauer definierbare Gruppierung, die sich "Grüne Armee Fraktion" nennt. Es ist keine Frage, in welcher Nachfolge sich diese Gruppe wähnt. In ihren Bekennerschreiben weisen sie ausdrücklich auf ihre Nähe zur früheren "RAF" hin. Selbst ihr Logo ist dem der RAF nachempfunden, nur es anstatt eines roten Sterns ein fünf-fingeriges Cannabisblatt zeigt. Die deutschen Sicherheitsorgane sind in hellen Aufruhr. Der Chefredakteur des "magazine" beauftragt Mondrian, sich der Sache anzunehmen, da dieser sich bestens in der Öko-Szene auskennt. In der Tat verfügt Mondrian über weitreichende Kontakte in der Szene, aber er hat auch einige Souffleure in diversen Landes- und Bundesbehörden. Sein erster Weg führt ihn ins Wendland, um bei lokalen Widerstands-Initiativen gegen das Gorleben-Projekt vorzufühlen. Er merkt schnell, dass er am falschen Ort ist. Zurück in Hamburg stößt er bei einem "One-World-Congress" auf eine vielversprechende Spur, die zu einer Wohngemeinschaft im Hamburger Schanzenviertel führt. Eine Mitbewohnerin, die provozierend schöne Ricarda Walde, ihres Zeichens promovierte Biologin, hatte er auf dem Kongress angesprochen. Über sie sucht Mondrian engeren Kontakt zu diesem bunt zusammengewürfelten Haufen aktiver Umweltschützer. Mit seinem Interesse steht er nicht alleine da, auch der Verfassungsschutz ist schon auf diese Gruppe aufmerksam geworden.

Wirft man einen Blick auf die Kurzbiographie des Autors, stellt man fest, dass Wolfgang Metzner sich journalistisch genau mit den Themen beschäftigt, die Grundlage für seinen Roman sind. Er kennt die Sprache, die Themen, die Klischees der Ökoszene man könnte durchaus meinen, hier schreibt ein Insider. Sein Erzählstil ist angenehm locker mit Musikzitaten durchsetzt, stützt sich im wesentlichen auf Dialoge das ergibt summa summarum kurzweilige Unterhaltung, der es aber in den Augen des Rezensenten an Spannung gebricht, weil der Autor die Verbrechen überdimensioniert.

Mit "verstörend real" bewirbt der Emons-Verlag den Roman auf der Rückseite des Buches. Das mag für die Abläufe in der Zeitungsredaktion oder bei den Sicherheitsbehörden, selbst auch für den größten Teil der Handlung zutreffen, aber die beiden Eingangsverbrechen sind in ihrer Brutalität, Unmenschlichkeit und Sinnlosigkeit "verstörend irreal". Taten dieser Dimension bringt man höchstens mit geistig, ideologisch oder religiös verwirrten Menschen in Verbindung, nicht aber mit Umweltschützern. Umweltschutz ist immer gleich Menschenschutz. Selbst die Militanten unter den Ökoaktivisten, die von staatlicher Seite gerne als Terroristen gebrandmarkt werden, richten Gewalt ausschließlich gegen Sachen.

Wenn man sich als Leser die Frage stellt, wem nützt die Ermordung eines einfachen AKW-Ingenieurs oder der Anschlag auf den ICE, hat man schnell die Antwort, wer nicht als Täter infrage kommt. Es mag seltsam klingen, aber die übertriebene Härte des Verbrechens raubt dem Krimiplot die Spannung, weil sie den Kreis der Verdächtigen einschränkt. Zu Verbrechen dieser Größenordnung gehören entweder Verrücktheit oder Skrupellosigkeit. Der Autor weiß, wo Letztere zu finden ist. Damit rettet er seine Geschichte.

Grüne Armee Fraktion war mal im Gespräch als Buch für die Leserunde im Krimi-Couch Forum und es würde sich gut eignen, denn es bietet viel Diskussionsstoff über verschiedene Formen des Widerstandes gegen Umwelt zerstörende Entwicklungen und Großprojekte, die den Rahmen einer Rezension sprengen, zumal auf wesentliche Teile aus Verschwiegenheitsgründen (Spoiler) nicht eingegangen werden kann.

Grüne Armee Fraktion

Wolfgang Metzner, Emons

Grüne Armee Fraktion

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