Die letzte Lüge
- Heyne
- Erschienen: Januar 2010
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- New York: Harper, 2009, Titel: 'Shadows still remain', Seiten: 275, Originalsprache
- München: Heyne, 2010, Seiten: 320, Übersetzt: Conny Lösch
Flotter Pageturner mit überraschenden Wendungen
Am Abend vor Thanksgiving trifft sich die 19-jährige Francesca Pena mit ihren besten Freundinnen im "Freemans" auf ein paar Cocktails. Gegen halb drei drängen die Mädchen zum Aufbruch, doch Francesca will noch bleiben und verweist stumm auf einen älteren Mann an der Bar. Nachdem Francesca nicht in ihre Wohnung zurückkommt gibt ihr Ex-Freund David McLain eine Vermisstenmeldung auf, die allerdings zunächst nicht all zu ernst genommen wird. Dann beginnt Detective Darlene O’Hara mit ihrem Partner Serge Krekorian erste Erkundigungen einzuziehen, aber ohne Erfolg. Einige Tage später folgt die Gewissheit: Francesca wird in einer stillgelegten Toilettenanlage eines wenig frequentierten Parks von einem Junkie tot aufgefunden. Die Anzahl und Brutalität der ihr zugefügten Verletzungen zeugen von einem längerem Martyrium.
Nach einem Mordfall bleibt der Fall üblicherweise für 72 Stunden bei dem zuständigen Revier bevor das Morddezernat übernimmt. Doch bei Francesca Pena liegt der Fall ein wenig anders. Das Verschwinden der bildhübschen Studentin der NYU ist bereits ein Ereignis in den lokalen Medien und so übernimmt Detective Patrick Lowry umgehend den Fall. Wenig später wird der vermeintliche Tatort gefunden und als Bilder auftauchen die belegen, dass zwischen Tatort und "Freemans" zum fraglichen Zeitpunkt der Wagen von McLain gestanden hat, ist für den erfahrenen Lowry der Fall schnell geklärt. Für O’Hara ist hingegen gar nichts geklärt, denn erste Hinweise deuten darauf hin, dass er als Täter nicht in Frage kommt. Da Lowry vermeintlichen Beweisen äußerst ablehnend gegenübersteht ermittelt O’Hara auf eigene Faust. Dies sorgt allerdings für wenig Freude bei ihren Vorgesetzten …
"Ein absoluter Knüller!", so wird James Patterson auf dem Buchcover zitiert. Schlägt man den Roman nun auf, findet man vorab die übliche Kurz-Vita des Autoren. Dort steht unter anderem: "Peter de Jonge war Coautor von James Patterson und schrieb mit ihm gemeinsam mehrere internationale Bestseller." Noch Fragen? Ja, wie viele Co-Autoren hat Herr Patterson eigentlich? Doch zurück zum eigentlichen Anlass dieser Rezension, dem Buch Die letzte Lüge von Peter de Jonge, das zwar nicht unbedingt ein "absoluter" Knüller, gleichwohl aber ein lesenswerter Krimi ist, welcher maßgeblich in der Lower East Side spielt.
Detective O’Hara ist ein normaler Detective im 7. Revier, dessen Adresse die Pitt Street 19 ½ ist und dessen Zuständigkeit gerade mal einen guten Quadratkilometer umfasst. Mit fast allen alltäglichen Verbrechen hat man es hier zu tun, jedoch ist der brutale Mord an dem jungen Mädchen das erste Tötungsdelikt für O’Hara. So wundert es wenig, dass ihr Ehrgeiz geweckt ist, zumal ihr der ebenso übergewichtige wie "legendäre" Lowry den Fall einfach wegschnappt und sie zum Laufburschen degradiert. Es folgt das übliche Spiel: Ein ausgeknockter Cop ermittelt auf eigene Faust und löst den Fall, da die Superspürnasen allesamt arrogante Deppen sind. Sieht man einmal davon ab, dass es höchst unwahrscheinlich sein dürfte, dass eine Polizistin ihre Laufbahn auf’s Spiel setzen würde, um entgegen allen Regeln einen Fall zu lösen, so ist der Plot durchweg ansprechend.
Die Figurenzeichnung ist etwas grob, allein die 34-jährige O’Hara wird greifbar, wobei das Alter in ihrem Fall nicht ganz unwichtig ist, hat sie doch bereits einen 18-jährigen Sohn und ansonsten mit Männern eher wenig am Hut. Sie sieht im vorliegenden Fall also ihre große Chance, aber auch viele Parallelen zwischen ihrem und Francescas Leben, die es vom Underdog zur NYU-Studentin geschafft hat. Schon recht bald bröckelt aber Francescas Kulisse und gerät bedrohlich ins Wanken. Will O’Hara den Fall lösen, muss sie tief hinabsteigen und bekommt es mit dem Bodensatz der Gesellschaft zu tun, womit im vorliegenden Fall einmal nicht die Junkies und Obdachlosen des Big Apple gemeint sind. Mehrere Verdächtige geraten in das Visier O’Haras, jedoch scheinen alle ein Alibi zu haben. Recht spät erkennt die dem Alkohol sehr zugeneigte Ermittlerin, dass sie mitten hinein in ein grandioses Lügengeflecht stolpert.
Die letzte Lüge ist ein flott geschriebener Pageturner im Stile eines Whodunit, dessen Auflösung (womöglich) ebenso überrascht wie schockiert. Ein paar weniger Kapriolen am Ende des Plots hätten es aber auch getan. Lobend erwähnt sei noch die Aufmachung des Buches, denn einige stimmungsvoll-düstere Fotos passen hervorragend zur Handlung.
Peter de Jonge, Heyne
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