Blutige Fehde

  • Rütten & Loening
  • Erschienen: Januar 2013
  • 1
  • London: Harvill & Secker, 2010, Titel: 'Collusion', Seiten: 356, Originalsprache
  • Berlin: Rütten & Loening, 2013, Seiten: 400, Übersetzt: Armin Gontermann
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Jörg Kijanski
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2012

Harter, packender Thriller

Police Inspector Jack Lennon hat durch einen zweifelhaften Deal die Möglichkeit zur Mordkommission zurückzukehren. Er lässt sich darauf ein und gerät schon bald in ein kaum durchschaubares Wespennest. Bull O’Kane, einer der mächtigsten Paten von Belfast, will den gefürchteten Killer Gerry Fegan zur Strecke bringen und setzt dabei auf die Dienste eines Profikillers, der sich "der Nomade" nennt. Als einige zwielichtige Personen kurz nacheinander plötzlich das Zeitliche segnen ahnt Lennon, dass deren Ableben kein Zufall sein kann. Doch seine Vorgesetzten wollen von seinen Ideen nichts wissen. So ermittelt er auf eigene Faust und findet heraus, dass seine Ex-Frau Marie McKenna und ihre gemeinsame Tochter Ellen den Köder für Fegan spielen sollen. Für sie ist Fegan bereit nach Belfast zurückzukehren und eine alte Fehde ein für allemal zu erledigen. Auch Lennon versucht verzweifelt, Marie und Ellen zu helfen, doch dazu müsste er erst einmal ihren Aufenthaltsort kennen und wissen, wem er in den eigenen Reihen trauen kann…

Der zweite Roman von Stuart Neville bietet knallharte Action und einen spannenden Einblick in die irische Realität, in der trotz des Waffenstillstandes nach wie vor mit harten Bandagen gekämpft wird. Protestantische und katholische Jugendliche bewerfen einander mit Steinen, Loyalisten und Republikaner bedienen alte Vorurteile, um den eigenen Reichtum zu mehren. Schon seit geraumer Zeit sitzen einige Gangster als Politiker an den Schalthebeln der Macht und die Polizei schaut meist tatenlos zu – auf Druck von oben.

 

Das hier war ein plumper, dummer, hektischer Mord. Plumpe, dumme, hektische Mörder verwischen ihre Spuren nicht. Die werden fast immer innerhalb von 24 Stunden gefasst. Zugegeben, dass es der Mörder fertiggebracht hat, sich selbst das Genick zu brechen, war ein Glücksfall. Trotzdem, auch wenn wir noch die Berichte unserer naturwissenschaftlich beschlagenen Kollegen abwarten müssen, halte ich diesen Fall für abgeschlossen.

 

Jack Lennon ist ein ehrlicher Cop in einem durch und durch korrupten Haufen. Noch zu einer Zeit in der die Polizei rein protestantisch geprägt war, trat er, der Taig, der Katholik, ihr bei, um diesen Umstand zu verändern. Von Anfang an war er ein Außenseiter, eine große Karriere blieb ihm verwehrt. Doch er resignierte nicht und wird nun vor seine größte Herausforderung gestellt. Seine Ex-Frau, die er noch während der Schwangerschaft sitzen gelassen hat, und seine Tochter, die er nicht kennt, da ihm Marie jeden Kontakt untersagt, sind in Gefahr. Ausgerechnet der Killer Gerry Fegan, eine Legende in Belfast und nach seinen letzten Morden in New York untergetaucht, könnte Marie und Ellen retten. Doch seine Gegner sind mächtig, allen voran der Pate von Belfast, Bull O’Kane.

 

"Mein Vater ist Bull O’Kane. Der Bulle. Egal, ob es die Cops waren, die britische Armee, der SAS, der MI5, die verdammte UVF, die UDA oder irgendwelche anderen Mistkerle, die gegen ihn Front gemacht haben – vor keinem von denen hat mein Vater je einen Kniefall gemacht. Aber Gerry Fegan hat er um sein Leben angefleht."

 

Blutige Fehde ist ein Thriller, der seinem Titel alle Ehre macht. Gewalt ist in Belfast an der Tagesordnung, wobei die Grenzen zwischen den einzelnen Gruppierungen zunehmend verschwimmen. Eine düstere, geradezu apokalyptische Stimmung bildet den Hintergrund für ein Szenario aus dem nur wenige der handelnden Personen lebend rauskommen. Ohne körperliche und geistige Blessuren schon gar nicht. Ein Plot, den Tarantino verfilmen könnte und der in einzelnen Sequenzen an "Die Chorknaben" (Joseph Wambaugh) sowie an Figuren wie Jack Reacher (Lee Child) oder den "Tokio-Killer" (Barry Eisler) erinnert.

Ein irres, irritierendes Gewaltepos, bei dem es nicht nur dem Protagonisten Lennon schwer fällt, Freund und Feind auseinander zu halten. Oder gibt es in Wahrheit gar keine Freunde mehr? Wer starke Nerven hat, kann sich auf das "Abenteuer Belfast" einlassen. Selten war ein Thriller so brutal und eindringlich. Zum besseren Verständnis sollte man aber den Vorgänger (Die Schatten von Belfast) gelesen haben.

Blutige Fehde

Stuart Neville, Rütten & Loening

Blutige Fehde

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