Mozarts letzte Arie
- Beck
- Erschienen: Januar 2012
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- London: Corvus, 2011, Titel: 'Mozart's Last Aria', Seiten: 304, Originalsprache
- München: Beck, 2012, Seiten: 317, Übersetzt: Klaus Modick
Klinget, Glöckchen, klinget!
Wenn ein Waliser Journalist, der in Jerusalem lebt und arbeitet, nach seinen Erfolgen mit den Omar Jussuf-Krimis plötzlich umschwenkt und seine schriftstellerische Tätigkeit auf das geheimnisvolle Ableben Wolfgang Amadeus Mozarts fixiert, dann wird man als Österreicher, der sich zwangsweise schon während der Schulzeit intensiv mit dem sicherlich berühmtesten Sohn des Landes beschäftigen musste, neugierig, was denn in MOZARTs letzte Arie aus anderer Sicht zum geheimnisvollen Tod des Genies geführt haben könnte.
Der bei C.H. Beck in der Übersetzung von Klaus Modick erschienene Roman behauptet auf über 300 Seiten, dass der Meister an "hitzigem Frieselfieber" in Folge einer Vergiftung dahingeschieden sei, was jede Art von Fieber bedeutet, bei dem man einen Hautausschlag bekommt. Neue Erkenntnisse behaupten, dass dies allerdings eine Folge von ADHS (Aufmerksamkeits Defizit Hyperaktivitäts Störung) gewesen sein könnte. Letztlich ist dies für den Roman allerdings kaum von Bedeutung. Tatsache ist, das Mozart bereits einen Tag nach seinem Tod am St. Marxer Friedhof in Wien beerdigt wurde, wobei man allerdings bis heute nicht weiß, in welcher Grabstelle. Und das konnte man auch wenige Wochen nach seinem Tod nicht mehr mit Sicherheit sagen, als Wolfgangs geliebte Schwester Maria Anna Mozart (genannt Nannerl) ihre Schwägerin Constanze, Mozarts Frau, besuchen kommt, weil ihr Bruder den Verdacht einer Vergiftung äußerte.
Ihre Recherchen führen Nannerl in die Kreise von Adeligen und Künstler und schnell wird ihr klar, dass Wolfgang ein aktives Mitglied der Freimaurer war und vor allem in seiner letzten Oper "Die Zauberflöte" vielfältige Andeutungen über das Freimaurertum unterbrachte und möglicherweise eine neue Zelle gründen wollte, die sich reaktionärem Gedankengut hingab, dass der Kaiser (Leopold II) sicher nicht geduldet hätte, aber sein Kontrahent Friedrich Wilhelm II. von Preußen wahrscheinlich initiert hatte.
Nannerl bohrt tiefer und gerät in einen Strudel aus Intrigen und Geheimnissen, die auch ihr Leben ab sofort gefährden ...
Unabhängig davon, was hier Dichtung und Wahrheit ist, fehlen dem Roman einige Persönlichkeiten, die gerade im Hinblick auf Mozarts geheimnisvollen Tod doch von literarischer Wichtigkeit gewesen wären, z. B. sein Erzfeind Antonio Salieri und Dr. Davies, der Hausarzt Mozarts, der eine Gehirnblutung diagnostizierte. Erst Constanze Mozart brachte das Gerücht in Umlauf, das ihr Mann mit "acqua tofana" vergiftet worden sei, nachdem er von ihrem Verhältnis mit Franz Xaver Süßmayr erfahren habe.
Rees reduziert also den Kreis der handelnden Personen deutlich und das tut dem Kriminalroman richtig gut, denn noch mehr Namen als im Vorspann erläutert werden, kann sich der Leser kaum merken. Letztlich ist aber auch nicht die Handlung und die damit verbundene Spannung das Ausschlaggebende, sondern die Bilder einer Zeit vor über 300 Jahren, die der Autor bestens recherchiert hat und auch in der Lage ist zu schildern. Auch wenn wir nicht wissen, ob es sich wirklich so zugetragen hat, so ist alles durchaus glaubhaft geschildert und das macht den Reiz dieses Buches aus.
Nur schade, dass bei all dem höfischen Getue der vermeintliche Kriminalfall deutlich auf der Strecke bleibt und so richtige Spannung vermag der Autor im historischen Ambiente auch nicht zu vermitteln. Man muss schon ein Liebhaber von Mozarts Musik sein, um die zahlreichen musikalischen Eskapaden an Klavier und Co. mit Interesse zu lesen, wenn der Autor wieder einmal zu sehr abschweift.
Grundsätzlich würde ich diesen Roman eher auf der Histo-Couch empfehlen und dort wahrscheinlich mit einer höheren Wertung als ich hier den Kriminalfall und seine Umsetzung bewerten muss. Aber wer mal ein etwas anderes Ambiente und eine interessante Hypothese in handwerklich gutem Stil lesen will, der findet auch hier ein Buch, das deutlich über dem Durchschnitt anzusiedeln ist.
Matt Beynon Rees, Beck
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