Duell im Schatten

  • Kahl
  • Erschienen: Januar 2012
  • 2
  • Dresden: Kahl, 2012, Seiten: 261, Originalsprache
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Andreas Kurth
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2012

Grausamer Mord in schöner Barockstadt

Kriminalkommissarin Conny Clausius ist vor zwei Jahren von Berlin nach Dresden gezogen, um endlich in einer Mordkommission mitarbeiten zu können. Genauso wichtig ist ihr aber aktuell auch der Urlaub mit ihrem Freund, dem Strafrichter Raik Winter, im schönen Umbrien. Doch die personell unterbesetzte Mordkommission muss einen neuen Fall lösen, denn an einer berühmten Brücke über die Elbe wird die grausam gefolterte Leiche eines betagten Kroaten aufgehängt. Der Mann wurde mit U-förmigen Eisen gebrandmarkt und in eine alte Priesterrobe gehüllt, bevor sein Körper an die Brücke gehängt wurde. Wegen des untragbaren Personalmangels in der Mordkommission ruft deren Chef, Hauptkommissar Clemens Ludwig, seine junge Kollegin aus dem Urlaub zurück. Ihr Partner Raik findet das ziemlich daneben, und geht allzu gern auf den Hilferuf der schönen Marijana, Kellnerin im Restaurant des toten Kroaten, ein. Beim Ausräumen des Kellers findet der Richter in einer Kiste neben Bibel und Rosenkranz auch eine Pistole aus dem zweiten Weltkrieg sowie einen Totenkopf, der in eine alte Fahne der kroatischen Ustascha eingewickelt ist. Der Mordfall bekommt eine ganz neue Dynamik – und die Beziehung von Conny und Raik ebenfalls.

Der Leipziger Autorin Romy Fölck ist mit ihrem zweiten Buch aus der Reihe um den Dresdner Strafrichter Raik Winter erneut ein unterhaltsamer und spannender Roman gelungen. Mit der kroatischen Ustascha, die zu den treuen Verbündeten der deutschen Nationalsozialisten gehörte, hat sie zudem ein eher wenig beachtetes Kapitel aus der Geschichte des europäischen Faschismus in das Rampenlicht gerückt. Ab 1941 errichtete die Ustascha mit Unterstützung von Deutschland und Italien eine totalitäre Diktatur im scheinbar unabhängigen Staat Kroatien. Die Ustascha war in der Folgezeit für den Genozid an verschiedenen ethnischen Gruppen auf dem Balkan verantwortlich. Mit gut recherchierten Fakten hat Romy Fölck jetzt einen Handlungsfaden aus dieser Zeit bis in die Gegenwart gewoben.

Für meinen Geschmack wird die Geschichte um den Mord an dem betagten Restaurant-Besitzer zu stark von der Beziehungsgeschichte um die ehrgeizige Conny und ihren Freund Raik Winter überlagert. Denn die junge Kommissarin ist durch ihren ausgeprägten Arbeitseifer dabei, die noch frische Beziehung zu zerstören. Der Strafrichter ist nicht gerade ein Workoholic, und leidet immens darunter, dass Conny für ihre Ermittlungen das Privatleben völlig vernachlässigt. Lobenswert ist jedoch, dass die Autorin es schafft, diese Elemente des Romans so in die Geschichte einzubauen, dass dadurch neue Wendungen in den Ermittlungen und damit steigende Spannung erzeugt werden. Überdreht hat sie an dieser Stelle allerdings mit dem Auftreten der Schwester von Conny Clausius – das ist dann doch des Guten etwas zu viel.

Gelungen ist dagegen die Figur der Ilse Fiedler. Der geborenen Dresdnerin schwingt die entstellte Leiche von Goran Micic am Hanfseil vor die Nase – eine traumatische Erfahrung, die der betagten Frau immerhin die Begegnung mit der jungen Kommissarin beschert. Nach der schrecklichen Dresdner Bombennacht im Februar 1945 hatte sie ihre Heimatstadt verlassen und war jetzt nur auf Initiative ihrer Familie für einen Besuch zurück gekehrt. Jahrelang hatte sie ihre traumatischen Erlebnisse völlig verdrängt – die jetzt im Gespräch mit Conny aus ihr herausbrechen. Die durchaus authentische Erzählung ist eine angemessene Nebenhandlung – umso überflüssiger ist der Auftritt von Connys Schwester. Gute Kenntnisse der Örtlichkeiten zeigt die Autorin bei der Schilderung der Sehenswürdigkeiten der herrlichen Barockstadt, hier findet Romy Fölck immerhin das richtige Maß zwischen Lokalkolorit und ausschweifender Beschreibung eines Reiseführers.

Dabei verliert sie nie den eigentlichen Mordfall aus den Augen. Die vielen Verbindungen, die von den Ermittlern geknüpft werden, sorgen für einen steigenden Spannungsbogen, und spätestens ab Beginn des letzten Drittels mag man das Buch kaum noch zur Seite legen – wenn man solche Lokal-Krimis denn gerne liest. Die Autorin bietet mit ihrem zweiten Buch um ihre Dresdner Protagonisten passable Unterhaltung und deutet an, dass diese Figuren durchaus noch Potenzial haben. Bei der nächste Folge aus der Reihe sollte sich Romy Fölck bei den "menschelnden" Aspekten allerdings etwas beschränken – dem Kriminalroman würde das gut bekommen.

Duell im Schatten

Romy Fölck, Kahl

Duell im Schatten

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