Und Blut soll dich verfolgen
- Weidenfeld & Nicholson
- Erschienen: Januar 2007
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- London: Weidenfeld & Nicholson, 2007, Titel: 'Ghostwalk', Seiten: 290, Originalsprache
- München: Heyne, 2008, Seiten: 416, Bemerkung: 3453433718
Ein interessanter Plot um Isaac Newton verschenkt
Die Autorin Elizabeth Vogelsang, Professorin in Cambridge, arbeitet an einem Buch über Isaac Newton und wird eines Tages mit dem Gesicht nach unten im Wasser treibend gefunden, in der Hand ein Glasprisma. Ihr Sohn Cameron bittet ihre ehemalige Studentin Lydia Brooke darum, das Buch zu vollenden, da nur das letzte Kapitel fehlte und Lydia eins die engste Mitarbeiterin Elizabeths war. Pikant, da er auch damals ein Verhältnis mit Lydia hatte, inzwischen aber verheiratet und Vater ist.
Nach einigem Zögern sagt Lydia zu und arbeitet sich in Elizabeths Notizen ein. Dabei stösst sie unter anderem auf die mysteriöse Dilys Kite, die Lydia von einer Serie von Todesfällen erzählt, die sich in den 1660er Jahren, zu Newtons Zeiten, in Cambridge ereignet haben und wo sie zu den Toten Kontakt aufgenommen hat. Es stellt sich heraus, dass es in der Jetzt-Zeit auch Todesfälle gegeben hat, die sich an den selben Tagen ereignet haben. Lydia untersucht die Hinweise und gerät bald selbst in Lebensgefahr.
Zu langer Anlauf
Rebecca Stotts Debütroman Und Blut soll dich verfolgen beschäftigt sich mit dem Alchemisten Isaac Newton, seiner Zeit in Cambridge und welche Forschungen er dort betrieb. Dennoch ist dies kein historischer Roman, denn er spielt ausschließlich in der Jetzt-Zeit bzw. im Jahr 2006. Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive von Lydia Brooke, die das Buch über Newton vollenden soll. Sie wird von Cameron, dem Sohn der Toten, beauftragt und bekommt ein halbes Jahr Zeit, für das sie allerdings bezahlt wird.
Die Autorin Rebecca Stott nimmt sich sehr viel Zeit für den Aufbau ihres Romans. Und zwar so sehr viel Zeit, dass man als Leser schon bald das Gefühl hat, dass in dem Roman überhaupt nichts passiert und man das Buch gelangweilt auf den Gelesen-Stapel legt. Es ist schon erstaunlich, wie wenig auf so vielen Seiten passieren kann, und das gilt für die ersten drei Viertel des Romans.
Unglückliche Erzählperspektive
Mit Schuld darin ist vor allem die Erzählperspektive. Es geht ja noch an, dass die Autorin in Ich-Perspektive schreibt. Allerdings notiert sie ihre Erzählung als Bericht für Cameron, und stetig kommen Formulierungen wie "du tatest", "du sagtest", "du wusstest noch nicht”, "ich hatte für dich", "ich sagte dir" und so weiter. Den Großteil des Romans ist Lydia denn auch mit ihrer Beziehung zu Cameron beschäftigt, ihren wieder aufwallenden und erwiderten Gefühlen gegenüber Cameron, und je länger der Roman dauert, desto genervter ist man davon, da es mit der Handlung einfach nicht voran geht. Zudem fühlt man sich als Leser außen vor gelassen und nicht mit in die Erzählung integriert.
Die Charaktere bleiben allesamt blass und egal. Es gibt keine Figur, mit der der Leser mitfiebern kann, nicht einmal mit Lydia, weil sie einem als Erzählerin auf Dauer auf die Nerven geht. Cameron ist Lydias ehemaliger Liebhaber, nun verheiratet mit Familie und trotzdem wieder ihr Liebhaber und irgendwie nur Ansprechpartner, aber bei den "wichtigen" Stellen des Romans nicht vorhanden. Die neue Freundin und Mitbewohnerin Kit, die ebenfalls im Haus der Verstorbenen lebt, ist für die Handlung nur von untergeordneter Bedeutung, wenn überhaupt. Einzig die Hellseherin Dylis Kite kann dem Leser einleichtes Zucken in den Mundwinkeln verursachen, hebt sie doch durch ihre lockere und unverkopfte Art die Stimmung des Roman auf.
Erst im letzten Viertel des Romans beginnt sich das bis dahin unerträglich langweilige Geschehen zu entwickeln, doch die Gefahr ist groß, dass selbst die geneigtesten Leser es nicht bis dahin schaffen. Der Clou des Romans ist eigentlich sehr interessant und letztlich geschickt konstruiert, allerdings kann hier nicht mehr verraten werden, da letztlich jedes langweilige Detail eine andere Bedeutung bekommt. Das ist irgendwie klug, aufgrund des langen, spannungslosen Vorlaufs aber auch sehr ungeschickt.
Wenig Spannung, und wenn, dann viel zu spät
Der Titel Und Blut soll dich verfolgen (übrigens ein Bibelzitat) mag einen spannenden Thriller suggerieren, allerdings fließt nur sehr wenig Blut im gesamten Roman. Der Originaltitel Ghostwalk ist dann schon näher dran an der Handlung, wie man sich anhand der Hellseherin und Geisterbeschwörerin Kite denken kann. Denn mit Geistern hat die Mordserie letztlich zu tun.
Auf der Rückseite des Romans steht mit "Ein Roman, der hypnotisiert" ein Statement der New York Times, allerdings kann Hypnose, wie in diesem Fall, leider auch sehr einschläfernd sein. Der Roman ist nicht wirklich spannend und erfordert von seinen Lesern einen langen Atem. Wenn sie bereit sind, bis zum Ende durchzuhalten, werden alle Fäden anders verknüpft als zunächst gedacht, aber es ist fraglich, ob man bis dahin bei der Stange bleiben kann.
Ein Nachwort der Autorin zeigt ihre aufwändigen Recherchen, dazu gibt es einen Lebenslauf Newtons mit den beschrieben Ereignissen und sein Sündenregister, dazu Text- und Abbildungsnachweise. Diese Abbildungen sind mitunter etwas klein geraten und können gerade in der Taschenbuch-Version nicht immer gut erkannt werden. Aber sie ergänzen die interessanten Fakten über Newton, die man bei den abgeruckten Passagen lernt, die die Autorin Elizabeth zusammengetragen hat und die grafisch vom Rest des Textes abgehoben sind. Doch auch sie retten das Buch nicht. Mehr Spannung, die vor allem früher hätte auftreten müssen, hätten diesem Roman sichtlich gut getan.
Rebecca Stott, Weidenfeld & Nicholson
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