Canard Saigon
- Leykam
- Erschienen: Januar 2012
- 6
- Graz: Leykam, 2012, Seiten: 450, Originalsprache
Dieses Entlein ist ein prächtiger Schwan!
Ein Neuling bekam im renommierten steirischen Leykam-Verlag die Chance mit Canard Saigon den "Schocker aus Österreich" in einer Hardcover-Version von über 500 Seiten zu veröffentlichen. Harald Friesenhahn hat jahrelang recherchiert, um seinen Thriller authentisch wirken zu lassen.
In Wien und Umgebung werden die Leichen von Frauen gefunden, zum Teil schwer misshandelt, gefoltert und bestialisch zur Schau gestellt. Das österreichische Innenministerium setzt eine Sonderkommission ein, der Polizeioberst Marc Vanhagen vorsteht und er sucht sich sein Team aus routinierten Fachkräften, die aber zum Teil nicht ganz beamtenkonform sind.
Es ist schnell klar, dass hier ein irrer Serienmörder sein Unwesen treibt, aber alle Ermittlung führen ins Leere, bis sich Charles Wegner meldet, ein ehemaliger Fremdenlegionär. Und er weiß Details, die eigentlich nur der Mörder wissen kann und er kann auch erklären, warum dieses Buch Canard Saigon heißt. Wegners Lebensgeschichte ist der Schlüssel zur Aufklärung, auch wenn bis dahin noch andere Frauen ihr Leben lassen müssen.
Wenn man nur die reine polizeiliche Ermittlungsarbeit nimmt, dann könnte der Erstling von Harald Friesenhahn bei Weitem keine so hohe Wertung erhalten. Obwohl der Autor einer der wenigen Krimischriftsteller Österreichs ist, der die korrekten militärischen Dienstgrade verwendet und auch bei der Arbeit am Tatort und in den Büros mit Akribie versucht, den Alltag der Ermittler authentisch zu schildern, sowohl bei Misserfolgen als auch bei Erfolgen, so kann er speziell seinem Chefermittler Marc Vanhagen nicht das Leben einhauchen, damit der Leser sympathisieren kann. Vanhagen bleibt weitgehend farblos und seine Haupttätigkeit scheint darin zu bestehen, sein Team zu leiten und permanent im Pausenraum Kaffee zu trinken und zu rauchen.
Dass ihm dann dennoch der entscheidende Glücksgriff gelingt und er den Hinweisen Charles Wegners folgt, macht die "Ente aus Saigon" erst zu einem Highlight. Denn wie ein Buch im Buch entwickelt sich die Lebensgeschichte des alten Mannes und hier hat Harald Friesenhahn all seine Recherchen und sein schreiberisches Vermögen eingebracht und eine Story entwickelt, wie sie packender nicht sein kann. Hier lebt der Leser mit, hier blüht das Leben in Südostasien auf und hier wird die traurige Wirklichkeit der Indochinakriege ohne Schnörkel beschrieben, so dass man sich der Faszination der Geschichte nicht entziehen kann.
Erst nach dieser packenden Lektüre nimmt auch die Krimihandlung rundum Fahrt auf, ohne dass hier zu viel davon verraten werden soll. Dass auch in Österreich in einen Kriminalfall und bis zu dessen Klärung Druck von oben und außerhalb gemacht wird, rundet zwar das Bild echter Ermittlungsarbeit ab und gibt der Handlung noch mal ein wenig Tempo bis zum Shoot-Out, aber die Brisanz aus dem Mittelteil wird dabei nicht erreicht.
Friesenhahns Arbeit ist logisch aufgebaut und auch in klaren Worten dargestellt. Auch die Dialoge sind nicht übertrieben, aber wirkliche Bilder erzeugt er nur im Mittelteil. Davor und danach liefert er gut brauchbare Spannungsliteratur, die den Leser bei der Stange hält, aber man vermisst ein wenig mehr Charakter im Ermittlerteam. Die wenigen privaten Sequenzen aus Marc Vanhagens Familienleben sind Alltag und auch aus dem restlichen Team sticht keiner hervor, wenn man vielleicht mal vom nicht ganz legalen IT-Spezialisten absieht. Grundlegend bleiben die Personen aber neutral und vielleicht kann gerade deswegen der Lebenslauf von Charles Wegner so intensiv wirken und für eine absolute Empfehlung von Canard Saigon sorgen.
Harald Friesenhahn, Leykam
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