Ein schmutziges Geschäft
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2012
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- New York: Little, Brown, 2011, Titel: 'The cut', Seiten: 292, Originalsprache
- Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2012, Seiten: 382, Übersetzt: Jochen Schwarzer
Nicht der ganz große Wurf.
George Pelecanos gilt in Amerika als einer der ganz großen Thrillerautoren, seine Popularität bei uns hält sich - trotz Auszeichnungen wie dem Deutschen Krimipreis - hingegen noch in überschaubaren Grenzen. Ändern soll dies eine neue Serie um den Privatermittler Spero Lucas und eine Reihe von Vorschusslorbeeren. So bezeichnet Stephen King auf dem Buchcover den Autor als den "wahrscheinlich größten lebenden Spannungsautor" und Lee Child bezeichnet das neue Werk als "absolute Pflichtlektüre". Werfen wir also einen Blick in das vermeintliche Meisterwerk.
Washingtons einflussreicher Drogenboss Anwan Hawkins sitzt im Knast und beauftragt den Ermittler Spero Lucas, zwei ihm gestohlene Pakete wiederzufinden. Diese beinhalten recht ordentliche Mengen an Marihuana und da Speros Anteil bei 40 Prozent des Marktwertes liegt, kommt ihm der Auftrag mehr als gelegen. So macht sich Spero auf die Suche und lernt mit Tavon Lynch und Edwin Davis die beiden wichtigsten Partner von Hawkins kennen. Während Spero nur langsame Fortschritte erzielt wird der Diebstahl eines dritten Päckchens gemeldet und noch am gleichen Abend werden Lynch und Davis erschossen. Spero erkennt, dass ihn die beiden gelinkt haben, doch warum mussten sie sterben und vor allem, wer steckt dahinter? Die Ermittlungen führen Spero zu Ricardo Holley, einen Ex-Polizisten mit äußerst schmutziger Wäsche. Aber auch die Polizei ist offenbar in die Drogengeschäfte verwickelt &
Mehr soll an dieser Stelle nicht zum Plot verraten werden, denn um das gleich als wichtigsten Kritikpunkt vorweg zu sagen der Plot ist insgesamt doch recht dünn geraten. Hinzu kommt ein recht geschwätziger Erzählstil, der ebenfalls nicht jedem Leser gefallen dürfte. So liest man umfangreich, welche Klamotten wer trägt, welche Farbe das Hemd von Spero hat und von welcher Marke Schuhe, Hosen und so weiter sind. Da einem die amerikanischen Hersteller zumeist unbekannt sind hält sich der Informationsgehalt daher in jeder Hinsicht in engen Grenzen. Selbst bei der Zunahme diverser Speisen, der Erwähnung etlicher Autofabrikate und Straßennamen erspart der Autor seinen Lesern nichts und so wird Ein schmutziges Geschäft zu einem sehr "amerikanischen Thriller".
Einer der wenigen Lichtblicke des Romans ist der Protagonist Spero Lucas, der grundsätzlich durchaus das Zeug zum Serienhelden hat. Ein Ex-Marine ohne Skrupel und mit viel Spaß an seinem Job, verloren gegangene Sachen wiederzufinden.
Wir haben diesen Krieg durchgemacht, und deshalb sehen wir die Welt mit anderen Augen als die Leute sonst in unserem Alter. Ich meine: Es gibt bestimmte Bars in denen halte ich es einfach nicht mehr aus. Diese Gäste, diese Gespräche, das ist alles so belanglos. Ich setze mich nicht hin und trinke was mit Leuten, die irgendwie ironisch drauf sind. Und ich setze mich auch nicht in einen Seminarraum und höre mir an, wie irgendein Prof irgendwelche Theorien ausbreitet. Ich ertrage das nicht. Und ich wollte auch nicht irgendeinen Bürojob annehmen und mir den ganzen Schwachsinn reinziehen, der damit zusammenhängt. Ich bin eines Tages aufgewacht und wusste einfach, dass ich niemals einen College-Abschluss haben und niemals mit einer Krawatte zur Arbeit gehen werde.
Hinzu kommen einige kritische Aussagen zum politischen Leben in Washington, wo der Tod schwarzer Menschen weniger zählt als der Tod weißer Menschen. Auch die Kriegsvergangenheit von Spero gibt Anlass zum Nachdenken.
Sie haben uns nach Falludscha reingeschickt, wieder rausgeholt, wieder reingeschickt. Der Führungsstab und die Politiker haben mit den Marines ein Spielchen gespielt. Die haben sich vor allem dafür interessiert, wie die Sache draußen wahrgenommen wird und was für Fernsehbilder dabei herauskommen. Sie haben sich ihre Strategie von Al Jazeera diktieren lassen, verdammt noch mal.
Ansonsten ist Ein schmutziges Geschäft eine kurzweilige Sex&Crime-Story, die man problemlos an einem Tag bewältigen kann. Wen die aufgezeigten Schwachstellen nicht stören und ein Faible für amerikanische Themen hat, kann einen Versuch wagen, wobei die Arbeitsmethoden des Protagonisten zumindest aus moralischer Sicht mitunter recht zweifelhaft sind. Nichts gegen Lee Child, aber "absolute Pflichtlektüre" ist der neue Roman von George Pelecanos sicher nicht; dann doch lieber Jack Reacher.
George P. Pelecanos, Rowohlt
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