Denn mein ist deine Seele
- Goldmann
- Erschienen: Januar 2012
- 2
- New York: W. Morrow, 2010, Titel: 'I´d know you anywhere', Seiten: 373, Originalsprache
- München: Goldmann, 2012, Seiten: 416, Übersetzt: Eva Kemper
Geschwätziger Schreibstil, spannungsloser Plot
Elisa führt ein beschauliches Leben mit ihrem Mann Peter und den beiden Kindern Iso und Albie. Daran, dass dies nicht immer so war, erinnert sie eines Tages ein Brief, den sie aus einem Gefängnis erhält. Dort wartet Walter Bowman seit über zwanzig Jahren auf den Vollzug der Todesstrafe, denn Mitte der 1980er Jahre hatte er mindestens zwei Mädchen ermordet, bei weiteren ungelösten Fällen passten die Opfer in sein Schema. Als sich 1985 die Wege von Walter und Elisa zufällig kreuzen, hat Walter soeben sein erstes Opfer begraben und fürchtet, dass Elisa ihn dabei beobachtet hat. Doch was soll er mit ihr anfangen? Da er sie nicht anziehend findet, hat er keinen Gefallen an ihr, ringt sich aber auch nicht dazu durch einen weiteren Mord zu begehen. So nimmt er sie kurzerhand gefangen und fährt mit ihr durch die Gegend. Erst nach einigen Wochen, kurz nach dem zweiten Mord, wird er von der Polizei festgenommen und Elisa kann als seine einzige Überlebende ein neues Leben anfangen. Doch jetzt, wo der Zeitpunkt von Walters Hinrichtung immer näher rückt, will dieser noch einmal mit Elisa sprechen. Denn noch gibt es einige Geheimnisse über die er nie gesprochen hat …
Tja, so viel zum Inhalt der ersten zweihundert von knapp vierhundert Seiten. Da muss man schon lange durchhalten, ohne das was Entscheidendes passiert. Selten hat man ein Buch in der Hand gehalten, welches derart geschwätzig ist und seitenlang auf der Stelle tritt. In der ersten Hälfte des Buches wird exzessiv Elisas Familie vorgestellt sowie ein Rückblick auf die damaligen Ereignisse geworfen. Letzteres ist zumindest in Ansätzen interessant, wobei sich jedoch wiederholend die Frage stellt, warum Elisa nicht eine der zahlreichen Möglichkeiten nutzt, um ihrem Peiniger zu entkommen? Kann man dies alleine ihrer jugendlichen Naivität (sie war damals 15 Jahre alt) zuschreiben? Nachfolgend ein Beispiel für den Schreibstil der Autorin:
Sie und Peter passten überhaupt nicht zueinander, sie sahen aus wie ein Otter mit einem … Igel. Peter mit seinem gedrungenen, muskulösen Körper und dem dicken, glänzenden Haar war der Otter, während sie den Igel gab. Nicht irgendeinen Igel, sondern Frau Tiggy-Wiggel von Beatrix Potter. Sogar in teuren Kleidern wirkte sie, als hätte sie gerade erst Schürze und Haube abgelegt wie eine glückliche kleine Hausfrau, die es kaum erwarten konnte, nach Hause zu kommen und den Tee aufzusetzen.
War das nicht interessant? Und so geht es in einer Tour. Elisa und ihre Schwester Vonnie, die sich nach der Entführung beklagte, nicht mehr genug Zuwendung von den Eltern zu erhalten, Sohn Albie mit Schlafstörungen, Tochter Iso mit Schulproblemen und so weiter, wenig heiter. Man kann getrost bei Seite 200 anfangen, ohne Schwierigkeiten zu bekommen, in die Geschichte einzusteigen. Dann wird es tatsächlich etwas besser, denn es entsteht so was wie eine Handlung. Walter will Elisa noch einmal sehen, da sie die Einzige ist, die seine Hinrichtung noch verhindern kann. Unterstützt wird er dabei von einer Frau, die sich um Häftlinge kümmert und sich vehement gegen die Todesstrafe einsetzt. Auf der anderen Seite droht Elisa Gefahr von der Mutter eines der ermordeten Mädchen, die seit jeher glaubt, Elisa hätte den Mord verhindern können. Jetzt will sie Rache um jeden Preis und Walter endlich unter der Erde sehen. Und dann gibt es noch einen zwielichtigen Journalisten, der damals ein Buch über den Fall geschrieben hat, in dem er andeutete, dass Elisa eine Beziehung mit Walter hatte und seine Komplizin gewesen sei. Und so sind eigentlich etliche Zutaten vorhanden, um einen spannenden Plot zu konstruieren, aber Laura Lippman enttäuscht auf ganzer Linie. Statt endlich die Zügel anzuziehen bleibt sie ihrem weitschweifigem Erzählstil treu. So sieht eine der Figuren auf einmal eine Frau, die mit ihrem Wagen im Halteverbot steht und fordert diese auf wegzufahren, da sie den Verkehr behindere. Das Ganze hat mit der Handlung natürlich überhaupt nichts zu tun, kostet den Leser aber einige Nerven, denn alleine diese völlig überflüssige Szenerie dehnt sich über zwei Seiten.
Die Figurenzeichnung ist - Sie ahnen es – klischeehaft. Hier der Gutmensch, obwohl einst Opfer einer Gewalttat und seitdem mit entstelltem Gesicht, ist entschieden gegen die Todesstrafe, dort die verbitterte Mutter, die blindlings Rache will. Da kann selbst eine Diskussion über Pro und Contra zur Todesstrafe nicht mehr entstehen. Wenn Sie sich jedoch für genau dieses Thema interessieren, dann verschwenden Sie keine Zeit für das vorliegende Buch, sondern lesen Sie den hervorragenden Roman Sein letztes Wort von Marianne Wesson.
Laura Lippman, Goldmann
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