15 Stunden

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2011
  • 2
  • London: Avon, 2009, Titel: 'Mercy', Seiten: 568, Originalsprache
  • München: Goldmann, 2011, Seiten: 384, Übersetzt: Verena Kilchling
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Jörg Kijanski
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2012

Mitreißender Anwaltskrimi - ein Pageturner in Reinkultur.

Clayton Burrow wollte sich vor seinen Mitschülern beweisen und so schikanierte er seine damalige Klassenkameradin Dorothy Olsen immer und immer wieder. Am Tag ihres Abschlussballes am 23. Mai 1998 jedoch verschwand Dorothy plötzlich. Aufgrund eines anonymen Hinweises wird Monate später unter den Dielen von Burrows Schlafzimmer ein blut- und spermabefleckter Slip von Dorothy gefunden, zudem ein mit Blut verschmiertes Messer sowie eine Plastiktüte mit Dorothys Brustgewebe. Vor Gericht wird Burrow zum Tode verurteilt, wenngleich die vermeintliche Leiche nie gefunden wurde. Neun Jahre später, kurz vor Vollzug des Todesurteils, übernimmt Anwalt Alex Sedaka den publikumswirksamen Fall, obwohl er bisher noch nie in einen Mordfall involviert war.

Angesichts der erdrückenden Beweislage erhofft sich Sedaka keinen großen Erfolg beim Gouverneur, den er um Gnade ersucht. Doch bei seinem Besuch trifft er überraschend auf Esther Olsen, Dorothys Mutter. Esther ist schwer krebskrank und hat nur noch kurze Zeit zu Leben. Da sie damals mit ihrer Tochter zerstritten war, will sie sich kurz vor ihrem eigenen Tod wenigstens verabschieden und bietet Burrows statt der Todesstrafe eine lebenslange Freiheitsstrafe an, wenn dieser im Gegenzug mitteilt, wo sich die Leiche ihrer Tochter befindet. Da die Hinrichtung gegen Mitternacht erfolgen soll, bleiben Sedaka nur noch fünfzehn Stunden, um seinen Mandanten vor dem sicheren Tod zu retten, doch Burrows verweigert die Aussage. Vielmehr teilt er dem verdutzten Sedaka mit, dass er nicht wisse wo die Leiche sei, da er Dorothy nicht umgebracht habe. Zudem deutet er an, dass diese womöglich gar nicht tot sei und sich nun an ihm zu rächen versuche.

Über Esther Olsen kommen Sedaka und seine Mitarbeiter in den Besitz von Dorothys altem Laptop und es gelingt tatsächlich, der gelöschten Festplatte noch einige Daten zu entlocken. So stellt sich heraus, dass Dorothy für den 24. Mai 1998 einen Flug von Mexiko nach London gebucht hatte und dass sie dort anschließend in einer Klinik behandelt wurde. Danach verliert sich ihre Spur und Mitternacht rückt unaufhaltsam näher…

15 Stunden von David Kessler ist ein überaus mitreißender Anwaltskrimi, den man trotz seiner über 500 Seiten an spätestens zwei Tagen ausgelesen hat. Zu Anfang wird naturgemäß erst mal in die Story eingeführt, aber mit zunehmender Seitenzahl nimmt der Plot immer mehr Fahrt auf. Dabei wünscht man sich zunächst, dass es sich um einen klaren Fall handelt, denn Clayton Burrow ist ein durch und durch unsympathischer Mensch. Einer jener tragischen Figuren, denen nie jemand erklärt hat, was richtig und falsch ist. Doch bei alldem was er Dorothy zu Schulzeiten angetan hat, kann man kaum Mitleid erwarten und so geht auch Alex Sedaka den Fall mit gemischten Gefühlen an. Im damaligen Gerichtsverfahren ging man immer davon aus, dass Burrow Dorothy noch in der Nacht ihres Verschwindens tötete. Dies kann aber nicht sein, wie deren späterer Aufenthalt in England belegt. Erste Zweifel kommen Sedaka und nach gut 160 Seiten erhält der Leser einen deutlichen Hinweis, dass hier ein Unschuldiger sein Leben zu verlieren droht. Anders als erwartet folgt jetzt jedoch keine Abrechnung mit dem amerikanischen Justizsystem oder eine seitenlange Auslassung über die Nachteile der Todesstrafe, wenngleich diese natürlich sehr wohl thematisiert wird. Stattdessen gilt es den Plot voran zu treiben und mit immer wieder neuen Erkenntnissen die Spannung zu steigern.

Geschickt spielt der Autor mit der gnadenlos tickenden Uhr. In "Echtzeit" erleben wir die Handlung, wobei kleine Zweifel entstehen, ob das alles in der kurzen Zeit so passieren kann, da der Protagonist in den wenigen verbleibenden Stunden doch recht viel unterwegs ist. Wie bei einer Zwiebel wird Schicht um Schicht vom Leben der Familie Olsen aufgedeckt, in der es mehr als einen tragischen Todesfall gab; Abgründe tun sich auf. Obwohl die Zahl der mitwirkenden Figuren mühelos überschaubar bleibt, ist deren Rolle mitunter alles andere als überschaubar. Offenbar spielen nicht alle mit offenen Karten und so stellt sich nicht nur die Frage nach Burrows Schuld oder Unschuld.

Ein packender Plot mit etlichen Wendungen und einer fulminanten Auflösung, um nicht zu sagen ein Pageturner in Reinkultur. Starker Anwaltskrimi mit minimalen Schwächen. Mehr davon. Dringend!

15 Stunden

David Kessler, Goldmann

15 Stunden

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