Unter Feinden

  • Hörbuch Hamburg
  • Erschienen: Januar 2012
  • 4
  • Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2012, Seiten: 6, Übersetzt: Detlef Bierstedt
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Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2012

Furiose Achterbahnfahrt!

KHK Diller bildet mit seinem Freund Kessel schon seit vielen Jahren ein Team. Doch ihr Verhältnis ist nicht mehr ganz unbelastet, da Kessel massive Drogenprobleme hat. Als sie eines Nachts die Wohnung eines verdächtigen Terroristen observieren sollen bemerkt Diller, dass Kessel auf Entzug ist und die Situation jeden Moment zu eskalieren droht. Da er weder ihren Einsatz noch seinen Kollegen aufgeben will, kauft er in einem nahegelegenen Geschäft eine Flasche Whisky. Dillers kurze Abwesenheit nutzt Kessel, um bei jungen Arabern, die auf der anderen Straßenseite ihre Drogengeschäfte abwickeln, ein paar Pillen zu kaufen. Bevor Kessel jedoch zahlen kann, taucht Diller auf, so dass sich Kessel gezwungen sieht so zu tun, als habe er gerade ein paar Dealer hochgenommen. Diller gelingt es zunächst die Dealer zu beruhigen, doch wollen diese verständlicherweise ihr Geld. Diller und Kessel sehen sich zur Flucht mit ihrem Dienstwagen genötigt, bei der Kessel einen der jungen Araber überfährt.

Den Einsatz versaut, der Dienstwagen demoliert, Kessel voll auf Drogen und ein junger Ausländer im Koma. Angesichts dieser Bilanz rechnet Diller am nächsten Tag mit dem Schlimmsten und so traut er seinen Ohren kaum als er sein Autoradio einschaltet. Im Münchner Westend kam es in der Nacht nach einem schweren Verkehrsunfall zu einem Aufstand jugendlicher Ausländer, die auch gewalttätig gegen Polizisten vorgingen. Dabei flogen alle bei der Überwachungsaktion eingesetzten Polizisten auf, lediglich Kessel und Diller konnten unerkannt bleiben. Daher sollen diese nun auf Befehl des neuen Polizeipräsidenten März die Leitung der Ermittlungen übernehmen. Dass dies dem entmachteten Kollegen Strauch alles recht seltsam vorkommt ist verständlich, schließlich fanden die Unruhen keine hundert Meter vom Einsatzstandort von Kessel und Diller statt. Auch die junge türkischstämmige Staatsanwältin hält die Version von Diller für unglaubwürdig. Unterdessen erhält Kessel einen Besuch vom obersten Dealer, der ihn gleich mit neuen Pillen versorgt. Die Hälfte zum Eigenbedarf, den Rest soll Kessel verkaufen, um seine Schulden auszugleichen. Bleibt nur zu hoffen, dass wenigstens das im Koma liegende Unfallopfer nicht erwacht, denn dieser würde vermutlich nicht wie seine Kumpel zu den Vorgängen schweigen … 

Unter Feinden von Georg Oswald ist ein vorzügliches Lesevergnügen fernab des Mainstreams. Die oben angerissene Handlung entspricht in etwa dem ersten Viertel des recht dünnen Werkes (keine 250 Seiten) und bereits hier wird sichtbar, dass der Autor hohes Tempo geht. Wenn auf dem Buchrücken von einer "soghaften Spannung" die Rede ist, so ist diese Formulierung mehr als treffend. Diesen Roman legt niemand schnell aus der Hand, sondern liest ihn an einem Tag oder in einer Nacht durch. Die Handlung nimmt immer mehr Fahrt auf, ein Looping folgt dem Nächsten. Atemberaubend wie die Ermittler Diller und Kessler sich immer tiefer in die Sch… reiten. Dabei ist ihnen, ebenso wie den Lesern, schnell klar, dass sie eigentlich jeden Moment auffliegen müssten. Eigentlich, denn die Dramaturgie verlangt selbstredend einen anderen Fortgang. Auch wenn der Vergleich sicher hinken mag, für Fans von Sebastian Fitzek oder Arno Strobel ist Unter Feinden einen (Lese)Versuch wert; für Freunde unkonventioneller Krimiplots ohnehin. Hier ist von Beginn an klar, dass es sich nicht um einen klassischen Whodunit handelt, sondern es nur darum geht, wie die Protagonisten aus der bereits erwähnten braunen Masse in der sie stecken wieder herauskommen.

Diller und Kessel könnten kaum ein unterschiedlicheres Ermittlerduo bilden. Diller ist ein pflichtbewusster, schnell blutleckender Ermittler, zu dem es so gar nicht passen will, dass er eine Regel nach der anderen mit Füßen tritt. Gesetze oder Dienstvorschriften einhalten? Geh weg! Nicht besser sein Partner, der voll auf Drogen ist, sich dies jedoch nur in seltenen Momenten eingesteht. Doch bevor er hieraus die konsequenten Rückschlüsse zieht, lechzt er schon nach dem nächsten Schuss und sucht den Pakt mit dem Teufel. Ein solches Duo hat die Krimiwelt noch nie gesehen. Bleibt die Frage ob man dies möchte? Ermittler, die gegen alle Regeln verstoßen und nur darauf bedacht sind, nicht erwischt zu werden und dabei bis zum Äußersten gehen. Dass dies natürlich nur in einem Plot funktioniert, der von vorne bis hinten konstruiert ist, ist klar und so verwundert es nicht, dass nach dem "Finale" etliche Fragen offen bleiben und nicht jeder Erzählstrang für den Fortgang der Handlung erforderlich war. Auch auf die weitgehend klischeehaft dargestellten Figuren muss nicht weiter eingegangen werden. Was soll’s, die furiose Achterbahnfahrt hat Spaß gemacht und das ist das Entscheidende. Bitte mehr davon.

Unter Feinden

Georg M. Oswald, Hörbuch Hamburg

Unter Feinden

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