In höchsten Tönen
- DuMont
- Erschienen: Januar 2011
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- Köln: DuMont, 2011, Seiten: 252, Originalsprache
Mord an einem Wiener Orchesterwart
Als der Wiener Polizist a. D. Paul Kosmak per Zeitungsinserat von seiner ehemaligen Vermietern per Zeitungsannonce gebeten wird, sich bei ihr zu melden, ahnt er noch nicht, dass er den Mordfall an einem ehemaligen Schulkameraden aufklären soll, dessen Mutter eben seine ehemalige Vermieterin ist. Dieser Schulkamerad war Orchesterwart eines Wieder Spitzenorchesters, und Paul Kosmak übernimmt aushilfsweise diese Stelle im Orchester.
Da er von Musik und Noten keine Ahnung hat, versucht er, sich mehr schlecht als recht im System der Ausleihen und des Ausradierens von Notizen aus den Noten zurechtzufinden und nebenbei den Fall zu klären. Dabei kommt er nicht nur diversen privaten Scharmützeleien der Musiker unter einander auf die Spur, sondern erhält auch Einblicke in die Konzertreisen einiger Musiker unabhängig vom Orchester in kleineren Ensembles. Eine davon führte nach Japan und bringt Kosmak auf die richtige Spur.
Mord im Musikermilieu
Der Wiener Autor Walter Leitner hat mit In höchsten Tönen seinen ersten Krimi vorgelegt, in dem er den Pensionär Paul Kosmak in Ermittlungen schickt. Dabei landet Kosmak im Milieu der sogenannten "ernsten” klassischen Musik und lässt einen Orchesterwart sterben, der zufällig ein alter Schulkamerad von Kosmak war.
Auf 220 Seiten verfolgt der Leser interessanterweise nicht nur Kosmak, sondern auch den Erzähler der Geschichte. Hier ist dem Autor tatsächlich etwas originelles eingefallen: Der Erzähler der Geschichte gibt gelegentlich dem Leser Ratschläge, wie er einen Kriminalroman aufbauen kann, was er tun oder vermeiden sollte, und gleichzeitig lässt er sich von der einen oder anderen Aktion seines Protagonisten überraschen, die er selber nicht vor(her)gesehen hat. Diese Erzählweise ist erfrischend und sorgt gelegentlich für ein Schmunzeln im Gesicht des Lesers.
Viele Klischees
Wer schon immer wissen wollte, wie Orchesterwarte arbeiten und was sie überhaupt zu tun haben, der wird vielleicht das eine oder andere neue Detail in diesem Roman entdecken. Kosmak versucht, sich in diesen Berufsstand einzufügen, hat jedoch von Musik überhaupt keine Ahnung, darf sich das aber nicht anmerken lassen. Da er nicht transponieren kann, obliegt ihm hauptsächlich die Aufgabe, Bleistifteintragungen aus Noten herauszuradieren, da in Wien alles anders gemacht wird als in anderen Orchestern. Gelegentlich fragt sich der Leser, ob Kosmak nur mit Radieren beschäftigt ist oder sich auch gelegentlich um seinen eigentlichen Auftrag kümmert, denn dies kommt gerade in der ersten Hälfte des Romans eindeutig zu kurz.
Nur langsam und auch nur gelegentlich entwickelt sich der Roman, der sehr oft Klischees von Musikern und Professoren bemüht, dabei aber nicht immer originell ist. Zwar entlockt der Autor seinem Protagonisten tatsächlich dein einen oder anderen witzigen Spruch, aber auf Dauer ist man von den sich ständig wiederholenden Ritualen nur noch genervt. Welches Brötchen Kosmak morgens frühstückt und wie sein Kollege, der noch lebende Orchesterwart Riechart, sich jeden Tag seine Dose Gulasch aufwärmt, nervt spätestens ab Mitte des Romans.
Als sich herausstellt, dass seine ehemalige Lebensgefährtin Hilde, die noch bei der Polizei arbeitet, dahinter steckt, ihn ermitteln zu lassen, fragt man sich als Leser natürlich, warum die Polizei nicht selbst offiziell ermittelt, wenn ein Mensch nackt und gefesselt und von einer Geigenseite erdrosselt in einem Kontrabasskasten liegend gefunden wird. Nicht nur hier entbehrt der Roman einiger Logik. Warum Kosmak Tag und Nacht, privat wie dienstlich seine Pudelmütze aufhat, klärt sich ebenso wenig und macht ihn zu einem verschrobenen Ermittler, der nicht unbedingt der sympathischste Mensch ist.
Origineller Erzähler
Insgesamt ist der Kriminalfall sehr wirr konstruiert und kommt erst spät in Fahrt. Wer überhaupt so weit durchgehalten hat, hat bis dahin viel über das Ausradieren von Noten und den Sinn von Mayonnaise-Eiern erfahren, die mit der Geschichte wirklich überhaupt nichts zu tun haben, den Kosmak und den ganzen Roman aber als verschroben und kurios erscheinen lassen. Um nicht zu viel vom letztlichen Plot zu verraten muss hier auf einen weiteren Teil an Kritik verzichtet werden, es werden aber weitere Musikerklischees bedient und es wird ordentlich zotig und auch moralisch unangenehm. Ob das für einen Krimi im Musikermilieu nötig gewesen wäre - man weiß es nicht.
"Wie der Kosmak fast seinen ersten Mordfall überhört hätte” ist der Untertitel des Romans, und dieser Untertitel ist inhaltlich total falsch, denn wenn überhaupt, hätte er ihn fast überlesen, hat den Hinweis dann aber doch in einer Zeitungsannonce gefunden. Dieser und weitere inhaltliche Fehler sowie viele bemühte Klischees und eine sehr spät einsetzende Handlung, die den Plot betrifft, lassen In höchsten Tönen zu einem österreichischen Kriminalroman werden, der die meisten Leser von Krimis enttäuschen wird. Die originelle Idee mit dem Erzähler wiegt leider die Schwächen des Romans nicht auf. Eine Fortsetzung oder ein weiterer Fall für und mit Paul Kosmak ist derzeit nicht in Sicht. Sollte diese noch kommen, wäre dem Ermittler ein stringenterer Fall zu wünschen.
Walter Leitner, DuMont
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