Kreuzstich, Bienenstich, Herzstich
- Knaur
- Erschienen: Januar 2010
- 4
- München: Knaur, 2010, Seiten: 318, Originalsprache
Aus dem Alltag eines pensionierten Polizisten
Siegfried Seifferheld war Polizist mit Leib und Seele, eine echte Spürnase. Daher hat es ihn besonders schwer getroffen, dass er nach einer im Dienst erlittenen Hüftverletzung mit einer Gehhilfe ausgestattet und in Frührente geschickt wurde. Der 60-Jährige lebt in Schwäbisch Hall mit seinem "Harem" zusammen. Das sind seine bärbeißige und äußerst resolute Schwester Irmgard, seine Tochter Susanne, die bei der örtlichen Bausparkasse unbedingt in den Vorstand will, und seine Nichte Karina – eine unkonventionelle junge Frau, die militante Tierschützerin ist, und die Onkel mit dauernden Konfrontationen mit der Polizei einiges Kopfzerbrechen bereitet. Seifferheld wird nachdenklich und glaubt an eine Mordserie, weil mehrere Männer im gleichen Alter verschwinden und dann tot aufgefunden werden. Seine früheren Kollegen glauben ihm nicht, und auch sein Umfeld zweifelt an seinen Theorien. Der persönlich arg gebeutelte Ex-Kommissar lässt sich jedoch nicht abhalten und startet seine ganz persönliche Mörder-Jagd.
Tatjana Kruse hat einen durchaus lesenswerten und amüsanten Roman geschrieben, sie kann eine Geschichte gut und nachvollziehbar erzählen. Allerdings ist das Buch allenfalls eine gelungene Mischung aus Kriminalkomödie und Milieustudie, aber keineswegs ein Krimi im klassischen Sinne. Spannung kommt weniger durch durch Mordserie, als vielmehr durch die persönlichen Erlebnisse des liebenswerten Protagonisten auf. Seifferheld hat nicht nur ein überaus skurriles Hobby, er lebt auch mit drei Frauen unter einem Dach, die ihm stets ihre ganz eigene Lebensphilosophie aufzwängen wollen. Der lebenskluge 60-Jährige macht sich so oft es geht auf und davon. Er geht mit seinem Hund spazieren, nimmt am Stammtisch seiner früheren Mordkommission teil oder belegt mit Freund Klaus einen Volkshochschulkurs, nur um nicht mit seinen drei Frauen über ein sinnvolles Hobby diskutieren zu müssen. Denn seine geliebte Stickerei verbirgt er vor Schwester, Tochter und Nicht - er versteckt seinen Stickrahmen in einer Holztruhe im Schlafzimmer. All das wird von Tatjana Kruse hoch-amüsant und mit viel Situationskomik und Wortwitz geschildert, aber der eigentliche Kriminalfall kommt dabei nur äußerst schleppend voran.
Der Protagonist ist wirklich originell und gewinnt schnell das Mitgefühl des Lesers, vor allem des männlichen. Allerdings lässt sich die Autorin insgesamt zu sehr von ihrer offensichtlichen Leidenschaft am Fabulieren hinreißen, denn selbst die nebensächlichen Figuren werden ausgiebig charakterisiert. Die jeweiligen Beweggründe für das Handeln werden dabei nicht immer deutlich, und auch die spezielle Rolle in der Geschichte gerät zuweilen in den Hintergrund. Der Roman ist also kein wirklicher Krimi, sondern ein Unterhaltungsroman, in den ein Kriminalfall eingebaut wurde. Wer daher Spannung und akribische polizeiliche Ermittlungsarbeit erwartet, sollte die Finger von diesem Buch lassen.
Wer trockenen Humor, kombiniert mit allerlei Lebensweisheiten mag, wird die vielfältigen Abenteuer des Kommissar Siegfried Seifferheld, die zuweilen auch amouröser Art sind, durchaus genießen können. Um aber in einem der beteiligten Genres erfolgreich zu sein, sollte sich die Autorin entscheiden, welche Art Roman sie nun eigentlich schreiben möchte. Denn handwerklich ist das alles vollkommen in Ordnung und hat hohen Unterhaltungswert. Aber für gute Spannungsliteratur müsste so ein Roman schon etwas klarer strukturiert sein. Immerhin, amüsante Lektüre für einen langen Nachmittag auf der Terrasse wird hier geboten, mehr allerdings auch nicht.
Tatjana Kruse, Knaur
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