Der Liebe böser Engel
- Ullstein
- Erschienen: Januar 1978
- 8
- London: Hutchinson, 1970, Titel: 'A Guilty Thing Surprised', Seiten: 191, Originalsprache
- Frankfurt am Main; Berlin; Wien: Ullstein, 1978, Seiten: 125, Übersetzt: Renate Steinbach
- Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1988, Seiten: 183, Übersetzt: Denis Scheck
- München: Goldmann, 1995, Seiten: 222, Übersetzt: Denis Scheck
- München: Goldmann, 1998, Seiten: 222, Übersetzt: Denis Scheck
- München: Goldmann, 2000, Seiten: 222, Übersetzt: Denis Scheck
- München: Goldmann, 2003, Seiten: 222
- München: Goldmann, 1997, Seiten: 222, Übersetzt: Denis Scheck
Kann man auch nach über 40 Jahren noch lesen
Elizabeth Nightingale ist seit rund sechszehn Jahren mit dem vermögenden Quentin verheiratet. Beide leben mit ihrem Personal in Myfleet Manor, in dessen Nebenhaus Elizabeth Bruder Denys öfters als Schriftsteller arbeitet. Elizabeth ist äußerst beliebt, nur mit Denys versteht sie sich nicht. Umso größer ist der Schock bei Quentin und den Dienstkräften als eines Tages Elizabeth erschlagen im angrenzenden Waldstück aufgefunden wird. Spätabends ging sie allein in den Wald, doch wen wollte sie dort treffen? Inspektor Reg Wexford und sein Partner Mike Burden vermuten, dass der Mörder in Myfleet Manor zu finden ist. Bei den Befragungen zeigt sich schnell, dass nicht alle Personen mit offenen Karten spielen. So gibt der Gärtnergehilfe Sean Lovell beispielsweise an, einen Film zuhause gesehen zu haben, der aber gar nicht ausgestrahlt wurde. Auch Quentin selbst sagt nicht die Wahrheit bezüglich seines Alibis. Zunächst kommen Wexford und Burden nicht weiter, denn neben einem Motiv fehlt auch noch die Mordwaffe…
Der Liebe böser Engel erschien erstmals im Jahr 1970 und hat somit schon über vierzig Jahre auf dem Puckel. Dies sollte man vor der Lektüre wissen und berücksichtigen. Der Roman ist "klassisch" aufgebaut. Zunächst werden die in Myfleet Manor wohnenden und arbeitenden Menschen vorgestellt, dann geschieht besagter Mord und anschließend bis zur plötzlichen Auflösung nichts mehr (oder sagen wir lieber, nicht mehr viel). Dazwischen liegen detaillierte Beschreibungen von Landschaft, Häusern und deren Inneneinrichtungen sowie – natürlich – umfangreiche Befragungen der vermeintlich Verdächtigen. Wer auf solche "Muster" steht, der wird auch nach so langer Zeit diesen Plot überwiegend genießen können.
"Schön, Reg, die Cocktailstunde ist angebrochen, wie man so sagt. Es ist vielleicht noch ein bißchen früh, aber auf dem Land findet alles ein bißchen früher statt, nicht wahr? Was soll’s denn sein? Whisky? Gin?"
"Eine Tasse Tee wäre mir lieber", sagte Wexford.
"Ernsthaft? Wie merkwürdig."
Ärgerlich sind kleinere handwerkliche Fehler, denn wiederholt stellt Wexford Dinge als Tatsachen dar, die zu jenem Zeitpunkt allenfalls äußerst wahrscheinlich, aber eben nicht bereits abschließend feststehend sind. Interessant ist auch das Ermittlerduo, denn unterschiedlicher könnten die Charaktere von Wexford und dem stockkonservativ eingestelltem Burden kaum sein.
Wexford lachte, ein kehliges Wiehern. "Lieber Himmel, Mike, Sie haben aber auch gar keine Ahnung, vom Leben. Wenn er ein Verhältnis mit ihr gehabt hat, dann gerade weil er zwanzig und sie vierzig war. Das ist wie…" Er hielt kurz inne und führte den Satz dann mit scheinbarer Gleichgültigkeit zu Ende. "…wie bei Männern mittleren Alters und jungen Mädchen. Das kommt immer wieder vor. Waren Sie nie in eine Freundin Ihrer Mutter verschossen?"
"Aber nein!", rief Burden empört. "Die Freundinnen meiner Mutter waren wie Tanten für mich. Ich redete sie auch mit Tante an. Sogar heute noch, was das betrifft. Was ist daran so komisch?"
"Sie", sagte Wexford, "und wenn ich nicht lachen müßte, würde ich glatt den Verstand verlieren."
Die Spannungskurve ist recht hoch, die Dialoge mitunter amüsant, doch hinterlässt die "aus dem Hut gezauberte" Auflösung einen unschönen Beigeschmack. Freunde "klassischer, englischer Krimis" machen aber mit dieser Lektüre nichts falsch; selbst wenn sie ein wenig angestaubt erscheint.
Ruth Rendell, Ullstein
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