Loser

  • Seeling
  • Erschienen: Januar 2011
  • 4
  • Frankfurt am Main: Seeling, 2011, Seiten: 200, Originalsprache
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Jochen König
81°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2011

I’m a loser baby, so why don’t you kill me?

"Loser" ist nicht mehr beim Gmeiner-Verlag erschienen, sondern bei Seeling, ansonsten gilt aber immer noch, dass in "der deutschen Krimi-Landschaft Schriftsteller nur darauf warten, entdeckt zu werden. Und wie in Peter Warks Fall: auch völlig zurecht entdeckt werden sollten!" So Lars Schafft in seiner Rezension zu Warks 2003 erschienenem Absturz.

Inhaltlich (und räumlich) hat sich Wark weit von seinem, auf den Kanaren spielenden Roman, und auch seiner Reihe um den Journalisten Jörg Malthaner, entfernt. Der Titel des Romans gibt ziemlich genau seinen Inhalt wieder. Loser ist die Geschichte und der Spitzname eines Verlierers. Andreas Broschkat, der nach Knast, "Drogenkarriere" und Arbeit als Taxifahrer in Frankfurt als Türsteher vorm "Ravers Palace" steht und ein letztes großes Ding durchziehen möchte, um seinem älteren Bruder Jens, dem der Absprung aus der Kriminalität glückte, nach Australien zu folgen. Doch wie das so oft ist bei den "letzten, großen Dingern", diesmal der Überfall auf einen Geldtransporter, sie bergen ein ebenso großes Risiko in sich und können Kopf und Kragen kosten.

Loser ist ein nahezu schnörkelloser Gangster-Krimi. Peter Wark arbeitet sich geschickt durch die Biographie Andreas Broschkats. Während dieser sich behutsam auf den letzten Überfall vorbereitet, wird in Rückblenden die Geschichte seines Lebens, und rudimentär das seiner Geschwister Jens und Marianne, erzählt. Nur selten rutscht Wark ins Melodramatische ab, erhebt den Zeigefinger und beschwört die Macht der Vorbestimmung (siehe: Kristine, die zu Schulzeiten Andreas und Jens als Zuhälter anheuert, dann, sich verplappernd, ihren "Beschützern" einen Gefängnisaufenthalt beschert, um Jahrzehnte später verbraucht in einer Peep-Show zu enden.).

Warks Roman ist bemerkenswert unaufgeregt, und das tut ihm gut. So wird deutlich, dass die Geschichte der beiden Brüder eben keine unausweichliche Entwicklung darstellt, nicht von vornherein festgelegt ist. Zwar aufgewachsen bei den Großeltern, aber nirgendwo Missbrauch oder absolute Gefühlskälte in Sicht, ganz normale Biographien, allerdings in einem Milieu, in dem das Verbrechen, quasi am Wegesrand, als Verlockung liegt. Okay, etwas Mobbing, aufgestaute Wut und Begehren, das nicht befriedigt werden kann, gesellen sich zum Leben am Rand der Armutsgrenze hinzu.

Gleichzeitig wird deutlich, dass Verbrechen nicht die zwangsläufige Konklusion dieses Lebens ist. Sondern die Einfachste. Schwester Marianne macht es – unbemerkt – vor, Bruder Jens kann unabhängig folgen. Nur Andreas erwischt es mit voller Wucht. Obwohl auch er nicht rettungslos verloren ist. Sport rettet ihn vor dem Untergang im Drogensumpf, und sein Chef und Gönner Jürgen bietet ihm ein bescheidenes, aber durchaus rechtschaffenes Auskommen als Türsteher. Selbst (Bett)-Freundin Biggy könnte eine Alternative sein, wenn Andreas in der Lage wäre, diese zu erkennen. Doch genug ist nie genug und die Sehnsucht brennt. Nach etwas anderem.

Das schildert Wark mit folgerichtiger Konsequenz. Sein Protagonist ist keineswegs unsympathisch, kein Verbrecher aus Not oder Leidenschaft, sondern jemand, der glaubt, der Schlichtheit seines Alltags entkommen zu müssen und dabei die falschen Schlüsse zieht. Und dabei auf ungeahnte Weise für eine letzte Familienzusammenführung sorgt.

Innovationspreise wird Loser nicht gewinnen. Aber eine spannende, glaubwürdige, mit unterschwelligem Humor und klarer Linie erzählte Geschichte bietet der Roman allemal. Nicht dunkelster Noir, der die Schattenseiten der Wohlstandsgesellschaft auslotet, aber auf dem besten Weg dorthin. Erzählerisches Talent hat Wark allemal, seine Schnappschuss-Rückblenden machen Lust auf jeden weiteren Blick in die Vergangenheit seiner Figuren. Er vertändelt sich nicht und bringt auch die gegenwärtige Geschichte zu einem passenden Abschluss. Nur ganz selten geht der Sozialpädagoge mit dem besorgten Bürger, der vor den Verlockungen der Unterwelt warnt, einen Schulterschluss ein. Aber das ist zu verschmerzen.

Und wenn letztlich die Technologie dem Gangster klassischer Ausprägung ein Schnippchen schlägt, ist auch das äußerst konsequent erzählt. Peter Wark beweist sich einmal mehr als Autor mit Potenzial. Zu schade, wenn er Geheimtipp bliebe. Auf den Nachfolger des Losers darf man gespannt sein.

Loser

Peter Wark, Seeling

Loser

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