Der achte Zwerg
- Ullstein
- Erschienen: Januar 1980
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- New York: Simon & Schuster, 1979, Titel: 'The eighth dwarf', Seiten: 319, Originalsprache
- Frankfurt am Main; Berlin; Wien: Ullstein, 1980, Titel: 'Vierzig Riesen für den Zwerg', Seiten: 175, Übersetzt: Edith Massmann
- Berlin: Alexander, 2011, Seiten: 200, Übersetzt: Edith Massmann, Bemerkung: bearbeitet von Gisbert Haefs & Stella Diedrich
Die List des kleinen Mannes
Deutschland 1946: die Nachkriegswehen sind an jeder Ecke spürbar, es fehlt an allem. Genau die Bedingungen für findige Geschäftemacher, Profite und Reichtum zu ergaunern. Im allgemeinen Chaos versuchen Naziverbrecher unterzutauchen und neue Identitäten zu übernehmen. Denn so können sie sich am effektivsten vor den Besatzungsmächten in Sicherheit bringen, denn die versuchen zwar in ihren jeweiligen Sektoren für Ordnung zu sorgen, lassen sich jedoch auch wunderbar gegenseitig ausspielen. Kein Wunder, dass in dieser Kulisse auch Agenten auf Gedanken kommen können, mal ein bisschen mehr an die eigene Rente zu denken.
Nicolae Ploscaru ist so ein Mann. Obwohl der Rumäne kleinwüchsig ist, hat er es faustdick hinter den Ohren und bereits mehrere Geheimdienste um einige zehntausend Dollar erleichtert. Er kennt die Spielregeln, er riecht instinktiv, wo sich Geld verdienen lässt und er nutzt die gegenseitigen Interessen zu seinem Vorteil aus. Doch da er aufgrund seiner Statur sehr auffällig ist, braucht er in aller Regel einen Helfer, der die Deals mit ihm (oder für ihn) ausarbeitet.
Und so einen Helfer findet er in Minor Jackson, einen ehemaligen Mitarbeiter des OSS, einem Vorgänger der heutigen CIA. Als Ploscaru den Auftrag einer reichen jüdischen Familie erhält, den verlorenen Sohn in Deutschland aufzufinden, wittert er das große Geld und zieht Jackson in seine Planung mit ein. Denn der vermisste Kurt Oppenheimer wird verdächtigt, ein eiskalter Killer zu sein, der systematisch Naziverbrecher sucht und tötet. Keine einfache Aufgabe, diesen Mann einzufangen.
Im Netz der Geheimdienste
Zumal neben der Familie auch der amerikanische, der englische und der russische Geheimdienst die unterschiedlichsten Motive habe, um den Killer zu schnappen. Die einen würden ihn gerne für die jüdische Sache in Palästina morden sehen, die anderen wollen genau das vermeiden. Die Familie bietet Geld, viel Geld… die Geheimdienste dürften mehr bieten können… so die Rechnung des Zwergs.
Dass ausgerechnet der Amerikaner Ross Thomas diesen Agententhriller in den 1970er Jahren schrieb, kommt nicht von ungefähr, denn er war als Radiojournalist für die amerikanischen Truppenverbände in den 1950er Jahren in Bonn stationiert und konnte in dieser Zeit Deutschland und seine Menschen gut studieren. Daher kannte er besonders den Bonner Lokalkolorit dieser Zeit, wovon seine "deutschen Agententhriller" natürlich nur profitieren konnten.
Mit seinem ganz eigenen Sinn für Humor
Die Romane des Amerikaners erscheinen seit einigen Jahren in loser Folge im Berliner Alexander Verlag. Der achte Zwerg ist der inzwischen neunte neu verlegte Titel in dieser Reihe. Ein Roman, der seine Stärke in besonderem Maße aus skurrilen Charakteren und weniger aus einer spannenden Handlung bezieht. Aber es ist genau dieser besondere Humor, der einen Thomas-Roman so lesenswert macht. Immer wieder begeistert der Autor durch seine witzigen Einfälle, scharfsinnige Personenkonstellationen und bissige Dialoge.
Der achte Zwerg zeichnet sich zudem durch die besondere Atmosphäre aus, in der Ross Thomas Deutschland 1946 beschreibt. Rationierung von Lebensmitteln, Naturalienhandel und Schwarzmarkt. Er versteht es mit einfachen Mitteln den Alltag in einem zerstörten Land zu zeichnen. Da er seinen Humor wohl dosiert, vermeidet er den Eindruck einer Komödie beim Leser zu erwecken und vermittelt so ein düsteres, aber doch irgendwie hoffnungsvolles Gesamtbild von Nachkriegsdeutschland zu vermitteln. Und genau dafür kann man den achten Zwerg lieben.
Ross Thomas, Ullstein
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