Der Informant

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 2011
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  • New York: Berkley, 2010, Titel: 'The insider', Seiten: 330, Originalsprache
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2011, Seiten: 347, Übersetzt: Michael Windgassen
Der Informant
Der Informant
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Jürgen Priester
63°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2011

Nichts gewagt – nichts gewonnen

Der Amerikaner Reece Hirsch legt mit Der Informant seinen Debütroman vor. Von Hause aus ist der Autor Rechtsanwalt in einer großen Sozietät in San Francisco. Wie bekannt sein dürfte, sind amerikanische Sozietätsanwälte irre viel beschäftigt, trotzdem hat es der Autor geschafft, in seiner Freizeit einen Roman zu schreiben, der bei uns unter "Justizthriller" firmiert. Wenn man seine Danksagung richtig interpretiert, hat es wohl auch etwas länger gedauert, aber mit viel Zuspruch und Unterstützung seitens seiner Frau und den Kumpels vom Kreativen Schreiben ist das Buchprojekt zu einem befriedigenden Ende gelangt. Ob das die Leser auch so sehen, ist eine andere Frage.

Es ist naheliegend, dass Hirsch seinen Plot im Justiz-Milieu ansiedelt und dass sein Held Anwalt in einer Sozietät ist wie er selbst. Damit bewegt sich Hirsch auf sicherem Boden und in Sachen Fachkompetenz gibt es auch nichts zu mäkeln. Darüber hinaus hat der Plot leider nicht viel Originelles zu bieten. Er liest sich wie eine Light-Version eines John Grisham-Romans.

Will Connelly heißt besagter Anwalt. Er lebt in San Francisco. Wie an jedem normalen Arbeitstag, diesmal etwas früher, sitzt Will in seinem Büro im 38. Stock des modernen Bürokomplexes. Gedankenverloren schaut er aus dem Fenster und sieht dort draußen seinen Kollegen Ben Fisher – im freien Fall. Mord oder Selbstmord?- wird die Frage sein, mit der sich die Polizei beschäftigen wird. Aber auch mit der Frage, wie Bens und Wills Chipkarten vertauscht werden konnten. Will ist sich keiner Schuld bewusst, gerät aber unter Verdacht. Die Geschäftsleitung der Sozietät steht hinter ihm und überträgt ihm sogar vertrauensvoll Bens aktuelle Aufgabe. Es geht um die Fusion zweier hochkarätiger Firmen. Eine komplizierte Materie, in die sich Will ad hoc einarbeiten muss. Um ihm diese Herkules-Aufgabe zu versüßen, teilt ihm der Geschäftsführer mit, dass er demnächst zum Partner in der Sozietät aufsteigen wird. Eine ehrenvolle und besonders lukrative Position. Ein Grund zum Feiern denkt sich Will. Aber da gibt es niemanden, mit dem er auf seinen Erfolg anstoßen könnte. Dabei ist ihm doch ganz nach Wein, Weib und Gesang. So steuert am Abend die nächste Whiskey-Bar an in der Hoffnung auf ein erotisches Abenteuer. Das begegnet ihm dann auch in der Gestalt der sowohl attraktiven als auch offenherzigen Russin Katya Belyshev.

Am Morgen nach einer feucht-fröhlichen, erotisch beschwingten Nacht tauchen zwei russische Landsleute in Katyas Wohnung auf. Zwei Schlagetots, die Will ganz unverblümt auf Insider-Informationen ansprechen, um sich damit beim Boss der russischen Mafia einzuschmeicheln. Will ist völlig konsterniert, dass er auf dieses abgekartete Spiel hereingefallen ist. Aber es kommt noch schlimmer. Yuri und Nicolai setzen ihm im wahrsten Sinne des Wortes Daumenschrauben an. Will kapituliert vor der rohen Gewalt und gibt sein Wissen preis, versucht aber auf einem anderen Weg zu retten, was noch zu retten ist.

Allein gegen die Mafia – ein aussichtsloses Unterfangen. Da Will weder engere Freunde hat, die ihm helfen könnten, noch seinen Kollegen und Bossen in der Kanzlei traut, die Polizei ihn verdächtigt, unternimmt er selbst heimliche Recherchen und stößt dabei auf ein viel umfassenderes Komplott. Darin scheinen auch Leute aus der Kanzlei involviert. Seine Situation wird immer prekärer.

Reece Hirschs Geschichte bewegt sich in ausgetretenen Bahnen: ein Mann lebt sein beschauliches Leben, gerät schuldlos in eine Zwangslage, wächst über sich hinaus und ist am Ende ein besserer Mensch. Man wartet vergeblich auf einen besonderen Clou, einen Gag, eine überraschende Wende, irgend etwas, das von der Norm abweicht. Aber nichts passiert. So bleibt Der Informant nur Mittelmaß. Die Art von Roman, die es zu Hunderten gibt, die man lesen kann, aber nicht gelesen haben muss.

Der Informant

Reece Hirsch, Rowohlt

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