Hilfe!
- Leinpfad
- Erschienen: Januar 2011
- 2
- Ingelheim: Leinpfad, 2011, Seiten: 159, Originalsprache
Fiese Übersetzungen und affektierte Anspielungen - Hilfe!
Der Beatles-Kosmos ist groß. Aus unzähligen Dokumentationen, Interviews und Interpretationen ist eine eigene Welt mit vielen kleinen Anekdoten, großen Mythen und einer geradezu unheimlichen Wirkung auf die Popkultur entstanden. Richard Lifka und Christian Pfarr versuchen diesen Kosmos mit Kriminalliteratur zu verbinden. Dies allerdings tun sie so verquer, dass der Inhalt oftmals nebensächlich wird.
Hilfe! beginnt mit einer kurzen, kursiv gedruckten Einleitung, in der entweder Verse aus Songs übersetzt werden oder einige der Kunstpersonen selbst sprechen dürfen. Dort lädt etwa das "Orga-Team der Zauberhaften Rätselreise" zur Vorstellung der von "Staatsfeldwebel Pfeffer zusammengetrommelten Truppe" ein. Mit ähnlichen Einschüben ist das gesamte Buch durchsetzt. Mit den Swinging Sixties oder dem Geist der Beatles hat das kaum etwas zu tun. Eigentlich ist es nur eins: peinlich. Wie so vieles in diesem Buch.
Besser wird es nicht in der ersten Geschichte namens "Hilfe!". Kurz vor ihrem Tod will ein ehemaliges Groupie Licht in das tragische Schicksal eines jungen Mannes bringen, indem sie Briefe an ihre mittlerweile senilen Jugendfreunde schickt. Währenddessen tappt die österreichische Polizei, die ein paar, ca. 50 Jahre alte Knochen unter einem Hotel gefunden hat, im Dunkeln. Hierbei wird der Fokus abwechselnd auf die Alten, die Polizei und die Briefe gelegt, was für einige Verwirrung sorgt, weil die Ebenen mit jedem auch noch so kurzem Absatz wechseln. Damit wird ein nicht vorhandener Erzählfluss nochmals durchbrochen. Denn die Dialoge sind hölzern und alle Beteiligten unsympathisch. Nebenbei ließe sich das tatsächliche Geschehen in zwei, drei Sätzen zusammenfassen, was für weitere Frustration sorgt. So bekommt man den zweifelhaften Eindruck, dass es komplexer wirken soll, als es ist.
"Irgendwo in den Black Hills von Süd-Dakota lebte ein junger Mann namens Rocky Waschbär."
Aber komplett ins Altpapier muss das Buch dann doch nicht. Denn obwohl der Mord in "Vorgestern", der nächsten Geschichte, arg erzwungen wirkt, entsteht doch ein bittersüßes Gefühl, wie man es aus "Yesterday", dem Song, kennt. Das allerdings entschädigt niemals für die nächste Geschichte: "Ballade von Johannes", in der sich ein gewaltbereites Muttersöhnchen, jener Johannes, darüber auslassen darf, wie er auf Hexenjagd geht und glaubt, er würde deshalb gekreuzigt werden. Dass er alle netten Japanerinnen um sich herum für Hexen hält, hängt natürlich mit Yoko Ono zusammen. Das macht die Geschichte nicht lesenswerter - ganz im Gegenteil. Johannes wirkt dadurch nur noch unglaubwürdiger, als er ohnehin schon ist.
Das "Beichtgeheimnis" ist wieder etwas besser, selbst ein Father McKenzie darf mitspielen, aber hier ist der Plot nahezu identisch mit Hilfe! und die Erzählweise ebenso umständlich. Eine an und für sich simple Schicksalsbeschreibung als gestelzter Dialog zwischen einem Priester und dem Sohn eines um Vergebung flehenden Mörders. Immerhin weiß hier die Pointe zu gefallen. Ein bisschen.
Und so geht es das ganze Buch hindurch: Auf zwei schmerzhaft bizarre Geschichten folgt eine lesbare Erzählung, wobei all das immer wieder von fiesen Übersetzungen und gekünstelten Anspielungen unterbrochen wird. Der Song "Maxwells Silver Hammer" beispielsweise veranlasst die Autoren, einen Max aus Silberhammer mit einem Silberhammer Morde begehen zu lassen, weil er besagtes Lied hört.
Letztlich verkommen in Hilfe! die Beatles zum rostigen Produkt einer hohlen Ideen- und Wörterschmiede. Damit tut man jedoch weder der Kriminalliteratur noch den Beatles einen Gefallen. Möchte man in alten Zeiten schwelgen, holt man lieber das Blaue Album aus dem Plattenschrank, oder verschenkt eine "Help!"-DVD. Ist günstiger und macht mehr Spaß.
Das gruselige Cover sollte als Warnhinweis eigentlich genügen. Trotzdem: Wer auch nur ein Fitzelchen für die Beatles übrig hat, sollte das misslungene Büchlein links liegen lassen.
Christian Pfarr, Leinpfad
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