Georg Haderer

»Möglicherweise bin ich besessen!«

08.2011 Mit Der bessere Mensch erscheint dieser Tage bereits der dritte Band der Major-Schäfer-Reihe, und trotzdem sind seine Krimis immer noch ein Geheimtipp. Jörg Kijanski sprach mit dem Autor über die Entstehung seiner Figuren, Wien, Österreich, Deutschland und die Eroberung vom Rest der Welt.

Krimi-Couch: Guten Tag Herr Haderer. Soeben ist Ihr dritter Band aus der Major-Schäfer-Reihe unter dem Titel Der bessere Mensch bei Haymon erschienen. Bevor wir zu Ihrem neuen Roman kommen, stellen Sie sich doch bitte unseren Usern vor.

Georg Haderer: Ein herzliches Grüß Gott, wie man in meinem Heimatland Österreich sagt, ein Griaß eich!, wie man es aus meinem Geburtsort Kitzbühel kennt, wo ich 1973 das Licht der Berge erblickte, an die Damen ein honoriges Küss die Hand, wie man in Wien sagt, wo ich seit zehn Jahren als freier Schriftsteller lebe.

Krimi-Couch: Ihr Protagonist Major Schäfer ist ja schon eine »starke Nummer«. Irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn, oft zynisch und jähzornig, aber jederzeit bereit zur Explosion. Inwieweit ist dies der berühmte Wiener Schmäh oder typisch für die Wiener an sich?

Georg Haderer: Typisch wienerisch wäre er, wenn man ihn auf die Tiefen der Psyche bezieht, die der große Wiener Sigmund Freud ausgelotet hat. So ist Major Schäfer in Ohnmachtspiele tatsächlich in psychotherapeutischer Behandlung, weil ihn Depressionen und Panikattacken plagen, die in Der bessere Mensch dann in bedenklich manische Phasen umschlagen. Das erträgt man halt (nicht nur in Wien) am besten mit galligem Humor und burgenländischem Wein. Schäfer spiegelt wohl aber auch seine Herkunft Tirol und den alpenländischen Tourismus wider: einmal Himmelhochsaison, dann wieder Zwischentiefsaison.

»Manchmal gelingt es, kann man es dingfest machen wie einen Bösen, manchmal scheitert man – und dann greift man zum Pinot noir.«

Krimi-Couch: Wie entstehen Ihre Figuren? Nehmen Sie reale Vorbilder aus Ihrem persönlichen Umfeld? Wie viel Major Schäfer steckt in Georg Haderer selbst?

Georg Haderer: Meine Figuren sind nur am Beginn des Schreibens meine Schöpfung; danach wachsen sie zwar in meinem Kopf weiter, gewinnen aber ein Eigenleben, das ich anfangs nie erahnte. Woher dieses organische Wachstum seine Einflüsse bezieht, ist mir oft selbst nicht ganz klar – möglicherweise bin ich besessen!

Was Major Schäfer und sein Autor sich teilen, ist ebenso wenig klar fassbar. Am ehesten kann ich behaupten, dass wir uns das Amt des Ordnungshüters bzw. Kontrollorgans teilen. Er als Polizist, ich als Schriftsteller, der sich ebenfalls abmüht, Ordnung in die Welt zu bringen, das Chaos zu bewältigen, das dort draußen und in einem selbst manchmal herrscht. Manchmal gelingt es, kann man es dingfest machen wie einen Bösen, manchmal scheitert man – und dann greift man zum Pinot noir. Ja, diesen Wein teile ich gerne mit Major Schäfer.

Krimi-Couch: In Der bessere Mensch nehmen die Nebenfiguren, allen voran Bergmann und Kovacs, etwas mehr Raum ein als bei den Vorgängern. Darf man hier in Zukunft erwarten, dass aus Major Schäfer und seinen Mitarbeitern womöglich noch »Freunde« werden? Zumindest mit Bergmann könnte das ja was werden.

Georg Haderer: Auf jeden Fall. In meinen Augen sind Schäfer und Bergmann bzw. Schäfer und Oberst Kamp ohnehin gute Freunde, wenn man ihr Vertrauensverhältnis in Betracht zieht und die fast unbedingte Loyalität, die sie sich trotz aller Konflikte entgegen bringen. Ob sich Bergmann und Schäfer in Zukunft duzen – und damit endlich auch Bergmanns Vorname auftaucht (vgl. Columbo) – verrate ich noch nicht.

»Ich habe in meiner Arbeit keinerlei weltverbesserischen Drang und glaube auch nicht, dass Literatur diese Aufgabe bzw. Fähigkeit hat.«

Krimi-Couch: Wie wichtig ist für Sie die »politische Komponente« in Ihren Romanen, denn sowohl Oberst Kamp (als »Erfüllungsgehilfe von oben«) wie auch der stets »unsichtbare« Innenminister bekommen ja regelmäßig Ihr Fett weg?

Georg Haderer: Ich habe in meiner Arbeit keinerlei weltverbesserischen Drang und glaube auch nicht, dass Literatur diese Aufgabe bzw. Fähigkeit hat. Nichtsdestotrotz schreibe ich an der Realität entlang; die Figuren sind in einer gegenwärtigen Welt verhaftet, die zwar fiktiv ist, aber doch in eine soziale und politische Aktualität eingebettet. Die darf meines Erachtens nicht nur Kulisse sein, sondern sie ist der Biotop, in dem die Konflikte und auch Freuden wachsen, denen die Helden begegnen. Wenn man die weglässt, ist man beim englischen Landhauskrimi oder in der seichten Provinzkrimiwelt, wo es nur darum geht, ob der Gärtner, der Butler oder der Stallknecht den Lord mit der Kaminzange erschlagen hat; das interessiert mich nicht.

Krimi-Couch: Können Sie unseren Usern einen kleinen Ausblick auf die weitere Entwicklung der Major-Schäfer-Serie geben?

Georg Haderer: Ich bin gerade bei der Arbeit am vierten Teil und will über die Verbrechen und Hintergründe wenig sagen. Ich kann allerdings verraten, dass B. Bergmann wesentlich mehr Raum bekommt und sein Major aus lange Zeit unerklärlichen Gründen …

»In der Bestsellerliste war ich erst einmal, beim einzigen Büchergeschäft in meinem Geburtsort Kitzbühel.«

Krimi-Couch: Wie zufrieden sind Sie eigentlich bislang mit dem Verkauf Ihrer Bücher und wo haben Sie die meisten Leser? Gibt es regionale Unterschiede?

Georg Haderer: Ich kann noch nicht davon leben, also dürften es ruhig mehr verkaufte Bücher sein! Zufrieden bin ich ja in erster Linie, wenn ich positives Feedback bekomme; wenn die Rezensionen gut sind und die Lesungen gut besucht. Das hilft, die immer wieder auftauchenden Zweifel zu bewältigen, ob das, was ich schreibe, überhaupt etwas wert ist – weil darüber sagen Verkaufszahlen nicht viel aus. In der Bestsellerliste war ich erst einmal, beim einzigen Büchergeschäft in meinem Geburtsort Kitzbühel. Österreich ist natürlich der Hauptmarkt, in der Schweiz läuft es auch ganz gut, in Deutschland hauptsächlich im bayrischen Raum. Aber wenn nächstes Jahr im Februar das Taschenbuch von Schäfers Qualen bei dtv erscheint, werde ich auch die übrigen Bundesländer erobern.

Krimi-Couch: Ist zu erwarten, dass wir Georg Haderer demnächst mal in Deutschland auf einer »Lesetour« live erleben dürfen?

Georg Haderer: Ich würde mich glücklich schätzen. Anfragen bitte an meine Veranstaltungsbevollmächtigte, die dafür sorgt, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin (wenn die Deutsche Bahn mitspielt): valerie.besl@vielseitig.co.at

Krimi-Couch: Noch eine letzte Frage: Wird es in Zukunft auch Stand-Alone-Krimis von Ihnen geben oder werden Sie sich weiter auf Major Schäfer konzentrieren?

Georg Haderer: Wie gesagt arbeite ich jetzt am vierten Teil, der – so alles gut läuft – 2012 erscheint. Dem Schreiben werde ich aus jetziger Sicht auf jeden Fall treu bleiben; wie viele Romane mit Major Schäfer es werden, ob es einen Krimi ohne ihn gibt oder ganz was anderes (Erotik?), weiß ich selber noch nicht.

Krimi-Couch: Herr Haderer, wir danken Ihnen sehr für das Gespräch.

Georg Haderer: Ich bedanke mich.

Das Interview führte Jörg Kijanski im August 2011.

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