Meg Gardiner
American Girl, American Stories
01.2011 Andreas Kurth sprach mit der amerikanischen Thriller-Autorin Meg Gardiner darüber, warum sie sich im Flachen wohler fühlt als in der Höhe, warum sie niemals einen englischen Landhauskrimi schreiben wird und über ihren aktuellen Roman Die Buße.
Krimi-Couch: Meg Gardiner, Die Buße ist der dritte Roman mit Jo Beckett. Wie sehr hängt Ihr Herz inzwischen an dieser Figur?
Meg Gardiner: Jo ist wichtig für mich, und ich hoffe, die Leser finden sie stark, intelligent, warmherzig und aufregend. Natürlich liebe ich auch meine anderen Charaktere, vor allem Evan Delaney. Aber ich schreibe sehr gerne über Jo Beckett.
Krimi-Couch: Jo Beckett ist eine Heldin mit verschiedenen Gesichtern. Haben Sie ein reales Vorbild für diese Figur?
Meg Gardiner: Jo sollte eigentlich - finde ich – ein ausgefülltes Leben haben – mit ihrer Arbeit als forensische Psychiaterin, ihrer Familie, ihrem Freund, Sport und dem Leben in San Francisco. Ich habe reale Vorbilder unter meinen Freunden und in meiner Familie. Meine Schwester ist Ärztin und Bergsteigerin. Sie hat versucht, mir das Klettern beizubringen, aber ich fühle mich im Flachen wohler als am Berg. Zudem hat sie mir forensische Psychiater vorgestellt, die mir bei meiner Recherche zu meiner Protagonistin und den Romanen zur Seite standen.
Krimi-Couch: Am Anfang hätte das Buch ein Polit-Thriller werden können, später ist es eher eine persönliche Auseinandersetzung zwischen Jo, ihrem Freund Gabe Quintana und dem Mörder. Warum haben Sie den politischen Ansatz nicht weiter verfolgt?
Meg Gardiner: Das Buch hat beides, persönliche und politische Aspekte. Die Motive der Verbrecher sind von Anfang bis Ende gewalttätig und politisch. Aber in der Geschichte geht es um Jos Untersuchung. Und als sie entdeckt, was vor sich geht, geraten sie und ihre Freunde selbst ins Fadenkreuz. Weil die Verbrecher Fanatiker sind, die jeden ausschalten, der versucht, sie aufzuhalten.
Krimi-Couch: Jo tritt in Die Buße kaum als forensische Psychiaterin in Erscheinung. Eine geplante Pause, oder nur ein Stilmittel?
Meg Gardiner: Aber Jo erledigt doch den Fall durch forensische Psychiatrie! Ihre Kenntnisse und ihr Geschick helfen ihr, die psychiatrische Geschichte des Opfer aufzudecken. Ihre Gespräche mit der Familie des Opfers und den Kollegen lassen sie eine Zeitleiste für die Tage vor dem Tod des Opfers herstellen. Ihre medizinischen Kenntnisse und ihr Verständnis von manisch-depressiven Erkrankungen helfen ihr dabei, Anhaltspunkte zu entschlüsseln, die das Opfer hinterlassen hat. Natürlich, das Buch ist ein Thriller, und so wird Jos Untersuchung viel aufregender und gefährlicher als ein normaler Fall. In einem Thriller kann Jo nicht an ihrem Schreibtisch sitzen und an ihrem Computer Berichte schreiben. Da muss es Action geben. Ich hoffe, die Leser mögen das.
Krimi-Couch: Wie beurteilen Sie persönlich das im Roman angerissene Problem mit Rechtsradikalen in Amerika?
Meg Gardiner: Extremisten vom rechten Rand beunruhigen mich. Die meisten haben nur eine große Klappe, und tun nichts, als über erbarmungslose »Revolution« zu schwätzen. Aber einige sind pervertiert und fanatisch genug, um wirklich zuzuschlagen. 1995 hat Timothy McVeigh das Federal Building in Oklahoma City in die Luft gesprengt. Viele meiner Familienmitglieder leben dort. Es war entsetzlich. Ich möchte dem Leser diese Möglichkeit vor Augen führen, damit die Menschen die Bedrohung nicht vergessen oder abtun.
Krimi-Couch: Sie leben nun schon einige Jahre in England. Wann werden wir von Ihnen einen typisch englischen Cottage-Krimi lesen?
Meg Gardiner: Niemals. American girl, American stories. Vielleicht mache ich eines Tages Urlaub in einem englischen Cottage, aber wenn ich das tue, dann hoffentlich ohne Morde.
Krimi-Couch: Die Buße – The liar’s lullaby – ist nun bereits der dritte Roman aus der Jo-Beckett-Reihe. Wie geht es weiter? Ein weiteres Buch mit Jo und Gabe, oder gibt es demnächst eine neue Figur?
Meg Gardiner: In meinem nächsten Roman, The Nightmare Thief, werden Jo Beckett und auch Evan Delaney, die Heldin meiner anderen Serie, auftreten. Und nach diesem Buch – ich weiß es noch nicht. Wir werden sehen, was passiert!
Krimi-Couch: Mögen Sie unseren Leser schon ein wenig über Ihr nächstes Buch verraten?
Meg Gardiner: In The Nightmare Thief bucht ein Vater für seine wohlhabende Tochter zum Geburtstag ein Abenteuer-Wochenende. Es wird von einer Firma veranstaltet, die »urban reality games« anbietet. Das Abenteuer besteht aus einer Entführung und vorgetäuschten Straftaten - aber dann taucht eine Gruppe echter Entführer auf und nimmt das Mädchen gefangen. Jo arbeitet in der Nähe an einem Fall und wird in die Ereignisse hinein gezogen. Und so muss sie dem Mädchen und ihren Freunden helfen zu entkommen.
Krimi-Couch: Meg, wann werden wir Sie wieder anlässlich einer Lese-Reise in Deutschland sehen? Und wie wichtig sind Ihnen Ihre deutschen Leser?
Meg Gardiner: Ich hoffe, schon bald für eine Lesereise nach Deutschland zurück zu kommen. Meine deutschen Leser sind für mich extrem wichtig. Sie sind aufmerksam, intelligent und stellen immer die besten Fragen nach den Büchern. Ich komme jederzeit gerne nach Deutschland zurück.
Krimi-Couch: Meg Gardiner, vielen Dank für das Interview.
Das Interview führte Andreas Kurth im Januar 2011.
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