Marcel Häußler
Autor Marcel Häußler wurde 1970 in Essen geboren. Um die Jahrtausendwende arbeitete er in Köln als Kameraassistent und Cutter, ehe ihn die Liebe aus der Großstadt in ein bayerisches Dorf verschlug. Zwei Jahre später zog es ihn aus der Provinz nach München. Von dort zog er nach Portugal, wo er aktuell lebt. Er veröffentlichte mehrere Kurzgeschichten, schrieb an Drehbüchern mit und übersetzte über dreißig Romane aus dem Englischen.
Nun erscheint mit „Kant und der Schachspieler“ der zweite Band seiner Krimireihe über das Team der Münchener Mordkommission. Krimi-Couch-Redakteur Thomas Gisbertz sprach mit Marcel Häußler über das Besondere seiner Reihe, die Neue im Ermittlerteam und die Möglichkeit einer Verfilmung.
"Die Idee war, einen möglichst realistischen Einblick in die Polizeiarbeit zu geben."
Krimi-Couch:
Herr Häußler, gleich der erste Band Ihrer „Kommissar-Kant-Reihe“ wurde von vielen als spannender und gelungener Debütroman gelobt. Hat man beim zweiten Band Zweifel, ob man den nun gestiegenen Erwartungen bei den Lesern gerecht wird oder war dies für Sie eher ein Ansporn?
Marcel Häußler:
Es war vor allem eine große Erleichterung. Der erste Band ist ja im Laufe vieler Jahre entstanden, ohne dass ich wusste, ob er je veröffentlicht wird. Wenn es mit dem Schreiben dann einmal nicht so gut lief, kamen gleich Zweifel an dem Sinn des ganzen Projekts auf. Nachdem das Buch bei den LeserInnen positiv aufgenommen wurde und ich einen Vertrag für den zweiten Band bekam, lief der Schreibprozess dann viel befreiter ab.
Krimi-Couch:
Jeder Autor entscheidet sich bewusst für sein Ermittlerteam, dessen Typen und das Setting? Was ist Ihnen bei der Reihe besonders wichtig?
Marcel Häußler:
Die Idee war, einen möglichst realistischen Einblick in die Polizeiarbeit zu geben. Dazu gehören dann auch Figuren, die halbwegs in der Wirklichkeit verankert sind; Ermittler, die versuchen, trotz der Brutalität, die sie in ihrem Alltag erleben, ihre Menschlichkeit zu bewahren.
Krimi-Couch:
Hauptkommissar Joachim Kant ist ein Ermittler, der durch seine klare, stringente Art die Gruppe leitet. Ein umtriebiger Typ, der seine Arbeit braucht, weil sie ihn auch von seinen privaten Sorgen ablenkt. Warum haben Sie sich bei ihm für den Namen „Kant“ entschieden?
Marcel Häußler:
Zum einen gefällt mir einfach der Klang, der für mich einfach und klar ist, aber zugleich eine gewisse Sperrigkeit andeutet. Zum anderen ist der Name natürlich eine Anspielung auf den Philosophen, dem meine Hauptfigur insofern verbunden ist, als dass sie versucht, in moralischer Hinsicht das Richtige zu tun.
Krimi-Couch:
Nach dem Tod eines Teammitglieds im ersten Band gibt es nun eine Neue bei der Mordkommission: Hanna - eine junge Frau, die sich nach ihrem Informatikstudium als Quereinsteigerin beim LKA beworben hat. Sie scheint unter einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung zu leiden. Warum haben Sie diese besondere Protagonistin gewählt?
Marcel Häußler:
Hanna Weiß ist in erster Linie für die Unterstützung des Teams mittels EDV zuständig. Ich wollte diese naturgemäß etwas trockene Angelegenheit dadurch auflockern, dass sie ein stärkeres inneres Erleben hat als andere Figuren. Und weil sie durch ihre erhöhte Sensibilität Probleme im Umgang mit anderen Menschen hat, kann man sie als Autor immer wieder in entsprechende Situationen bringen, in denen sie über sich hinauswachsen kann.
Krimi-Couch:
Sie haben zahlreiche Romane aus verschiedenen Genres aus dem Englischen übersetzt. Wenn man sich so genau mit den Werken anderer Autoren beschäftigt, lernt man auch verschiedenen Schreibstile kennen. Hat dies ihr Schreiben in irgendeiner Weise beeinflusst?
Marcel Häußler:
Die Arbeit als Übersetzer hat mir ermöglicht, schreiben zu üben und zugleich meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Allerdings ist ein guter Übersetzer in meinen Augen jemand, der keinen eigenen Stil zelebriert, sondern sich vollkommen an das Original anpasst, deshalb habe ich vielleicht eine Weile gebraucht, um meine eigene Sprache zu finden.
Krimi-Couch:
Es gelingt Ihnen erneut einen spannenden und temporeichen Kriminalroman zu schreiben, der gleichzeitig sprachlich klar und konzise ist und mit feinem Humor zu überzeugen weiß. Beide Fälle schreien regelrecht danach, verfilmt zu werden. Sie selber kennen sich in diesem Metier aus. Darf man sich daher Hoffnungen machen, Kant und sein Team irgendwann einmal im TV zu sehen?
Marcel Häußler:
Ich glaube auch, dass sich die Bücher für eine Verfilmung gut eignen, und ich würde mich natürlich sehr darüber freuen. Durch meine Arbeit an Drehbüchern weiß ich aber, dass es nicht leicht ist, einen Produzenten zu finden, der bereit ist, das hohe finanzielle Risiko einzugehen. Ich hoffe also, aber mein Einfluss darauf ist sehr begrenzt.
Krimi-Couch:
Letzte Frage: Welcher Kriminalroman liegt bei Ihnen gerade auf dem Nachttisch?
Marcel Häußler:
Gar keiner. Da ich gerade mitten im dritten Band stecke, meide ich andere Kriminalliteratur. Ich lasse mich zu sehr von Büchern beeinflussen, die mir gut gefallen, deshalb lese ich lieber etwas aus einem anderen Genre, zurzeit Shantaram von Gregory Roberts. Also, wundert euch nicht, wenn Kant plötzlich in einem Slum in Mumbai ermittelt.
Das Interview führte Thomas Gisbertz im Novemberber 2022.
Fotos: © Sebastian Weidenbach
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