Alex Beer

Die österreichische Autorin Daniela Larcher alias Alex Beer darf zu Recht als Meisterin des historischen Kriminalromans bezeichnet werden. Bekanntheit erlangte die gebürtige Bregenzerin vor allem mit ihrer mehrfach ausgezeichneten Kriminalreihe um Inspektor August Emmerich, der kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges in Wien ermittelt. Darüber hinaus hat Alex Beer mit dem jüdischen Antiquar Isaak Rubinstein eine weitere faszinierende Figur erschaffen, die in der Reihe „Unter Wölfen“ während des Zweiten Weltkriegs in Nürnberg ermittelt.

Nun erscheint mit „Felix Blom - Der Häftling aus Moabit“ der Auftakt einer neuen Reihe, die im preußischen Berlin spielt. Krimi-Couch-Redakteur Thomas Gisbertz sprach mit Alex Beer über ihren neuen Kriminalroman, ihr außergewöhnliches Ermittlerteam und ihre Arbeit als Schriftstellerin.

"Eine Geschichte ist für mich wie ein Haus mit Tausenden von Türen. Hinter jeder dieser Türen warten weitere Türen, hinter denen noch mehr Türen sind..."

Krimi-Couch:
Frau Beer, mit „Felix Blom - Der Häftling aus Moabit“ erscheint nun der Auftakt Ihrer mittlerweile vierten Kriminalreihe. Wie nervös ist man da noch als Autorin vor dem Erscheinungstermin?

Alex Beer:
Sehr nervös!!! „Felix Blom – Der Häftling aus Moabit“ ist mein mittlerweile zwölftes Buch, trotzdem wird die Aufregung vor dem Erscheinungstermin nicht weniger. Ungefähr zwei Wochen vor jeder Veröffentlichung schlafe ich schlecht und bekomme ein unangenehmes Kribbeln im Bauch. Dann nehme ich mir fest vor, beim nächsten Mal cooler zu sein, aber irgendwie gelingt es mir nicht.

Krimi-Couch:
Ihre neue Krimireihe spielt im Berlin der späten 1870er Jahre. Es fällt auf, dass der Sound des Romans ein anderer ist als von Ihnen gewohnt: nicht weniger spannend, aber leichter, unbeschwerter. Dies liegt insbesondere an Ihrem neuen Protagonisten, dem Gauner Felix Blom. Was hat Sie an der neuen Reihe und speziell der Figur besonders gereizt?

Alex Beer:
Genau das (die oben erwähnte Leichtigkeit und Unbeschwertheit). Meine anderen Reihen spielen in Zeiten, die von Krieg, Krankheiten und Not geprägt sind. Diese Umstände spiegeln sich auch in den Protagonisten wider. August Emmerich ist zynisch und abgebrüht, Isaak Rubinstein zurückhaltend und verzagt. Felix Blom und das Berlin der 1870er Jahre bilden hierzu einen starken Kontrast. Es herrscht Aufbruchsstimmung, Erfindungen werden ersonnen, monumentale Prachtbauten entstehen, genauso wie eine moderne Infrastruktur. Die Menschen blicken zuversichtlich nach vorn und glauben an eine bessere Zukunft. Felix Blom passt sehr gut in diese Zeit. Das Berlin von 1878 war eine Stadt voller Dynamik und Unternehmergeist, die Hunderttausende von Menschen von außerhalb anlockte, darunter auch viele zwielichtige Glücksritter auf der Suche nach schnellem Geld. Der perfekte Boden also für einen Gauner und Privatermittler wie ihn.

Krimi-Couch:
Zum ersten Mal haben Sie mit Mathilde Voss eine selbstbewusste, schlagfertige Frau als Ermittlerin gewählt. Sie ist eine Ex-Prostituierte, die Zigarre raucht und eine Detektei leitet, auch wenn ihr in einer männerdominierten Welt die nötige Akzeptanz fehlt. Was zeichnet ihren Charakter besonders aus?

Alex Beer:
Mathilde bildet einen guten Kontrast zu Felix. Sie ist bodenständig, handelt bedachter als der impulsive Ganove, und behält auch in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf. Mathilde erdet den flatterhaften Felix, während er Leichtigkeit und Zuversicht in ihr Leben bringt. Zwischen den beiden gibt es viele Reibungsflächen – und den einen oder anderen Funken.

Krimi-Couch:
Was ist für Sie persönlich spannender: Für die Recherche zu Ihren Romanen in die jeweilige Epoche einzutauchen und das Zeitkolorit aufzusaugen oder anschließend den Roman zu schreiben?

Alex Beer:
Beides. Recherchieren und Schreiben gehen bei mir meist Hand in Hand und lassen sich kaum mehr auseinanderdividieren. Beim Schreiben fallen hunderte kleiner Details an, die es zu eruieren oder überprüfen gilt. Wie sahen z.B. die Hüte damals aus? Welche Sorte Schnupftabak war populär? Welche Musik wurde gehört? Wie sahen die Omnibusse aus? Welche Zeitungen wurden gelesen? Welche Cafés frequentiert? …

Krimi-Couch:
Auch diesmal beruhen die Rahmenbedingungen der Handlung auf wahren Begebenheiten. Hilft Ihnen dies beim Schreiben, weil es der Handlung eine Art Rahmen gibt?

Alex Beer:
Auf jeden Fall. Eine Geschichte ist für mich wie ein Haus mit Tausenden von Türen. Hinter jeder dieser Türen warten weitere Türen, hinter denen noch mehr Türen sind, usw. Das Ausloten all dieser Möglichkeiten und das anschließende Treffen von Entscheidungen braucht viel Zeit. Jegliche Form von Begrenzung und Einschränkung ist daher hilfreich und herzlich willkommen.

Krimi-Couch:
Eine letzte Frage: Welche ihrer beiden Hauptfiguren Blom und Voss würden Sie gerne einmal persönlich treffen und worüber würden sie sich dabei unterhalten?

Alex Beer:
Momentan würde ich Felix gerne treffen. Von ihm würde ich wissen wollen, wie man in ein gut gesichertes Museum einbricht – die Information brauche ich nämlich für den zweiten Band. :)

Das Interview führte Thomas Gisbertz im Novemberber 2022.
Fotos: © Pamela Rußmann

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