Mark Franley
10.2019 Andreas Kurth im Gespräch mit Mark Franley über sein neues Buch "Schmutzige Seelen".
Der Leser will in die Angst der Opfer hineingezogen werden und genau das ist die Herausforderung, die ein Autor meistern muss.
Krimi-Couch:
Mark Franley, sieben Bände um die Kommissare Köstner und Groß, und nun ein neuer Protagonist. Warum der Wechsel zu einem anderen Hauptdarsteller?
Mark Franley:
Nach den sieben Fällen, die Mike Köstner und ich zusammen gelöst haben, benötigen wir nun eine kleine Auszeit voneinander.
Mit Ruben Hattinger hatte ich die Möglichkeit, einmal einen ganz anderen Charakter zu kreieren. Ich wollte weg von dem typischen Bild eines vom Leben und dem Job geläuterten Ermittler, wie es so häufig thematisiert wird. Die Arbeit mit Ruben macht wirklich Spaß und bringt hoffentlich auch für den Leser etwas frischen Wind in das Genre.
Da aber auch Mike Köstner noch ein paar Jahre bis zur Rente hat, bin ich mir fast sicher, dass Nürnberg früher oder später wieder von einem Psychopathen heimgesucht wird. Vielleicht benötigen die beiden auch einmal gegenseitige Hilfe. Wer weiß das schon? Dies ist keine offizielle Ankündigung.
Krimi-Couch:
Ruben Hattinger ist der Namensgeber ihrer neuen Reihe. Mit seiner Kollegin Eva Lange hat er sich im Laufe der Geschichte gut verstanden, wird sie noch öfter in den Romanen auftauchen?
Mark Franley:
Ja, Eva und Ruben haben gut zusammengearbeitet, aber auch der KTU´ler Schober hatte einen maßgeblichen Anteil am Geschehen. Aber lassen wir uns doch überraschen, ob und wie es mit den dreien weitergeht. Alle drei Charaktere hätten auf jeden Fall noch unterhaltsames Potential.
Krimi-Couch:
Das Setting fand ich interessant, aber ein Bamberger Bundespolizist macht mit seiner Familie in der Nähe von Velburg Urlaub - ist das realistisch, oder musste das für die Geschichte eben so sein?
Mark Franley:
Im Zuge des Dieselskandals sind Fernreisen nicht mehr zeitgemäß, aber das ist nicht der Grund für dieses Urlaubsziel. Natürlich muss man als Autor seine Protagonisten dorthin bringen, wo etwas geschieht. Und da Ruben nicht uneingeschränkt gesellschaftsfähig ist, wäre ein überfülltes Hotel auf den Kanaren kein guter Ort für ihn. Dann lieber doch, und auch seiner Frau zuliebe, Urlaub auf dem Bauernhof [lacht].
Krimi-Couch:
Franken und die Oberpfalz sind also richtig dunkle Ecken, was die Kriminalität angeht? Oder nutzen Sie einfach Ihre Kenntnisse von Land und Leuten?
Mark Franley:
Na Menschen mit dunkler Vergangenheit gibt es in Stadt und Land und darum geht es ja, wie schon der Titel „Schmutzige Seelen“ verrät.
Allerdings sollte man als Autor möglichst einmal am Ort des Geschehens gewesen sein, um ein Gefühl für Land und Leute zu bekommen. Daher war ich vor kurzem auch auf dem Rennsteig im Thüringer Wald unterwegs … aber das ist die Antwort auf eine Frage, die später noch kommt [lacht].
"Der Thüringer Wald ist die perfekte Kulisse für einen guten Thriller. Dort gibt es nicht nur tiefe dunkle Wälder, auch die Vergangenheitsbewältigung ist noch nicht abgeschlossen. "
Krimi-Couch:
Sie packen einige große Themen in den ersten Roman der Reihe. Nazi-Vergangenheit, religiöser Wahn, Pädophilie. Warum so viel auf einmal?
Mark Franley:
So aufgeschrieben klingt es nach „zu viel“, doch auch darauf antworte ich mit dem Titel „Schmutzige Seelen“. Das eigentlich Böse hat irgendwann in der Vergangenheit stattgefunden und bricht nicht plötzlich über Velburg herein. Man braucht nicht viele Menschen, um auf ordentlich viel „Schmutz“ zu stoßen.
Krimi-Couch:
Der erste Mord ist ja wirklich, wie es so schön auf dem Buchrücken steht, nichts für schwache Nerven. Gibt es bei derartiger Brutalität auch mal Kritik aus den Reihen der Leser? Oder rümpfen nur einige Rezensenten die Nase?
Mark Franley:
Ich kann nicht erkennen, dass besonders viele Leser ein Problem damit haben. Wer ab und zu die täglichen Nachrichten sieht, dürfte einiges gewohnt sein. Und die Meinung lesender Rezensenten ist mir in jedem Fall wichtig, auch wenn sie die Nase rümpfen.
Allerdings würde ich den Satz „Nichts für schwache Nerven“ differenzierter betrachten und nicht mit vielen Gewaltszenen gleichsetzten. Wenn ich beispielsweise schreibe: „Er hackte dem Interviewer die Hand ab“, ist das zwar gewalttätig, genügt aber noch lange nicht, um eine gewisse Spannung aufzubauen. Der Leser will in die Angst der Opfer hineingezogen werden und genau das ist die Herausforderung, die ein Autor meistern muss.
Krimi-Couch:
Sie sind nach eigener Aussage spät und durchaus überraschend zum Autor geworden. Denken Sie angesichts der Erfolge Ihrer Bücher zuweilen noch an Ihre Deutschlehrer?
Mark Franley:
Dann doch eher an meine Mutter, die mich in der Grundschule bei jedem anstehenden Diktat zum Üben an den Küchentisch zwingen musste. Und daran, dass ich für einen Aufsatz, der aus nur vier Sätzen bestand, trotzdem noch eine ganz passable Note bekam.
Krimi-Couch:
Auch im Ankündigungstext für den zweiten Hattinger-Thriller wird er als exzentrischer Ermittler bezeichnet. Was macht denn in Ihren Augen seine Exzentrik genau aus?
Mark Franley:
Unter anderem genau das, was in meinen Augen auch ein guter Reporter braucht. Er muss etwas aus der Norm fallen, um die richtigen Fragen zu stellen.
Ruben ist ein unangepasster Mensch, der auf seine Umwelt zuweilen unberechenbar reagiert. Er nimmt Dinge anders wahr und schert sich nicht darum, was die Leute von ihm denken.
Krimi-Couch:
Nach eigener Aussage können Sie sich ein Leben ohne das Schreiben von Geschichten nicht mehr vorstellen. Wie haben wir uns einen typischen Arbeitstag im Traumleben des Autors Mark Franley vorzustellen?
Mark Franley:
Vermutlich nicht viel anders als das Traumleben eines Redakteurs. Mit dem Unterschied, dass ich mir etwas ausdenken darf und der Redakteur bei der Wahrheit bleiben muss.
Der Arbeitstag eines Autors ist dann doch ziemlich unspektakulär. Während ich mit meinem Hund durch dunkle Wälder wandle, entstehen die Geschichten, welche ich danach am Schreibtisch aufschreibe. Dazu kommt noch ein Zeitfenster für das Marketing und das Beantworten von Interviews [lacht].
Krimi-Couch:
Wenn der zweite Band für Anfang 2020 schon fertig ist, worum wird es danach im dritten Hattinger-Thriller gehen?
Mark Franley:
Ach, es wird einen dritten Teil geben, wusste ich gar nicht [lacht]. Aber im Ernst … ich habe es weiter oben schon angedeutet. Der Thüringer Wald ist die perfekte Kulisse für einen guten Thriller. Dort gibt es nicht nur tiefe dunkle Wälder, auch die Vergangenheitsbewältigung ist noch nicht abgeschlossen. Frei nach dem Motto, wer Böses sät, wird Böses ernten. Mehr möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten.
Das Interview führte Andreas Kurth im Oktober 2019.
Foto: © Mark Franley
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