Uwe Laub

06.2020 2018 stürmte Uwe Laub mit seinem Wissenschaftsthriller „Sturm“ die Bestsellerlisten. Nun hat der Münchner Autor einen fulminanten Thriller über das weltweite Artensterben nachgelegt. Ein geheimnisvoller Erreger droht sogar die Menschheit auszulöschen. Krimi-Couch-Redakteur Thomas Gisbertz sprach mit Uwe Laub über seine Arbeit und die Faszination seiner Romane.

Ich kann auf 25 Jahre Erfahrung in der Pharmazie zurückblicken, und praktisch alle, die in dieser Branche arbeiten, wissen, dass es keine Frage ist, ob Pandemien auftreten sondern nur wann die Nächste kommt.

Krimi-Couch:
Herr Laub, aktuell erscheint ihr Thriller „Leben“. Wovon handelt der Roman?

Uwe Laub:
Mein Roman thematisiert eine Bedrohung für uns Menschen, die zunehmend in den Fokus der Wissenschaft gerät: Das weltweite Artensterben und die Gefahren, die hier auf uns lauern. In „Leben“ verenden innerhalb kürzester Zeit weltweit große Tierpopulationen, ganze Arten sterben in erschreckendem Tempo aus. Unversehens spitzt sich auch für uns Menschen die Lage zu. Innerhalb weniger Wochen altern und sterben auf allen Kontinenten immer mehr erwachsene Männer und Frauen. Die Fachwelt rätselt, denn weder Viren noch Bakterien können als Krankheitserreger identifiziert werden.

Der junge Pharmareferent Fabian Nowack, der ebenfalls betroffen ist, stößt im Rahmen einer Medikamentenstudie auf Hinweise, dass der Fortbestand der Menschheit unmittelbar bedroht ist. Nach mehreren Monaten, in denen das Sterben unaufhörlich voranschreitet, scheinen Fabians Arbeitgeber, ein internationaler Pharmagigant, sowie eine geheimnisvolle Stiftung, plötzlich beide jeweils im Besitz eines Heilmittels zu sein. Doch nur eines davon kann die Menschheit tatsächlich vor dem Aussterben bewahren. Allerdings ist der Preis dafür unfassbar hoch und nicht verhandelbar.

Krimi-Couch:
Wenn man Ihren Thriller liest, muss man mit Erschrecken feststellen, dass uns im Rahmen der weltweiten Corona-Krise die Realität längst eingeholt hat? Hätten Sie selber damit gerechnet?

Uwe Laub:
Nein, das war so für niemanden vorhersehbar; schon gar nicht in diesem Ausmaß und in dieser Dynamik. Allerdings kann ich auf 25 Jahre Erfahrung in der Pharmazie zurückblicken, und praktisch alle, die in dieser Branche arbeiten, wissen, dass es keine Frage ist, ob Pandemien auftreten sondern nur wann die Nächste kommt. Das war nie ein Geheimnis. Bill Gates hat im Rahmen seiner Stiftung, die sich seit Jahren dem Kampf gegen Krankheiten verschrieben hat, schon vor über fünf Jahren davor gewarnt, dass die Welt nicht auf die nächste ernstzunehmende Pandemie vorbereitet ist.

Gates hat vorhergesagt, dass Gesundheits-Infrastrukturen sehr schnell an ihre Grenzen gelangen und Versorgungsketten zusammenbrechen würden. Allerdings ist es mir an dieser Stelle ganz wichtig zu sagen, dass „LEBEN“ kein Roman über eine Virus-Pandemie ist.

Krimi-Couch:
Im Roman wird Kritik am Verhalten des Pharma-Unternehmens Artinova deutlich, das die Krise zum eigenen finanziellen Vorteil nutzen will. Zuletzt versuchte Donald Trump die Tübinger Firma CureVac, die mit Hochdruck an einem Corona-Impfstoff arbeitet, mit hohen finanziellen Mitteln zu ködern. Wie kritisch sehen Sie heutzutage das Verhalten von Pharma-Unternehmen - besonders vor dem Hintergrund, dass Sie selber für eines im Außendienst gearbeitet haben?

Uwe Laub:
Unter dem Strich ist es wohl so, wie ich es einem der Protagonisten im Roman an einer Stelle in den Mund lege: „Ein Pharmaunternehmen ist keine Wohltätigkeitsorganisation.“ Ein Unternehmen, das viele Hunderte Millionen Euro in Forschung und Entwicklung eines lebensrettenden Arzneimittels oder Impfstoffs investiert, tut das nicht aus Nächstenliebe. Ein Unternehmen ist immer auch dazu da, um Geld zu verdienen. Daran ist zunächst einmal auch überhaupt nichts falsch, und es ist nicht zuletzt der Pharmabranche zu verdanken, dass unsere Lebenserwartung und -qualität in den letzten hundert Jahren so enorm gestiegen ist.

Wie wir jetzt sehen, geraten bestimmte Prinzipien der „freien Marktwirtschaft“ in Krisenzeiten aber an ihre Grenzen. Hier sollten dem Staat mehr Möglichkeiten eingeräumt werden, um regulierend eingreifen zu können, falls erforderlich. (Der Fall CureVac wäre meiner Meinung nach solch ein Fall gewesen, hätten die Streitereien angehalten ...)

Krimi-Couch:
Sie weisen in Ihrem Roman darauf hin, dass der Mensch nur in einem komplexen Ökosystem überlebensfähig ist. Wozu mangelnde Rücksichtnahme auf eine intakte Umwelt führen kann, erfährt der Mensch aktuell leider immer stärker. Wollen Sie mit Ihrem Roman eher unterhalten oder warnen?

Uwe Laub:
Beides. In erster Linie schreibe ich ganz klar Spannungsromane, um meine LeserInnen zu unterhalten. Zum Glück bin ich dabei in der Lage, mir die Themen, über die ich schreiben möchte, selbst auszusuchen. Und da nehme ich natürlich bevorzugt Themen, die mir persönlich am Herzen liegen, und von denen ich denke, dass sie noch zu wenig Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erfahren. Wenn die LeserInnen am Schluss mein Buch zuklappen und denken: „Mensch, das war spannend, und über dieses oder jenes Thema möchte ich jetzt noch ein wenig mehr erfahren“ dann habe ich mein Ziel erreicht.

Krimi-Couch:
Glauben Sie, dass Sie die Leser mit Ihren Romanen erreichen und etwas bewirken können?

Uwe Laub:
Die vielen Emails, die ich gerade in diesem Wochen zu „Leben“ erhalte, zeigen mir, dass dem so ist. Auch lese ich in vielen Rezensionen, dass „Leben“ bei vielen LeserInnen nachhaltig Wirkung zeigt. Ein solches Feedback freut mich natürlich riesig.

Krimi-Couch:
Sie bieten dem Leser nicht nur eine Sichtweise auf die Dinge. Besonders die Figur des Philipp von Cronberg samt seiner Stiftung schockiert durch seine radikalen Ansichten zum Thema Überbevölkerung, die aber gleichzeitig auch nachvollziehbar begründet sind. Sie stellen diesbezüglich indirekt die Frage nach Ethik und Moral. Kann es hier überhaupt eine Lösung geben?

Uwe Laub:
Es war mir wichtig, in „Leben“ sozusagen beide Seiten der Medaille zu zeigen. Wie Sie richtig feststellen, gibt es auf beiden Seiten durchaus nachvollziehbare Argumente, um bestimmte Probleme anzugehen. Und das ist gleichzeitig das Dilemma in dem wir uns befinden, wenn es um Themen wie Artensterben, Klimawandel, Überbevölkerung oder den Verbrauch natürlicher Ressourcen geht: Wir alle spielen dabei eine gewisse Rolle. Niemand kann sich da komplett rausnehmen. Und das macht es für jeden Einzelnen so unglaublich schwierig. Daher habe ich auch ganz bewusst versucht, als Autor nicht wertend in die Geschichte um Philipp von Cronberg einzugreifen. Auch wenn ich persönlich seine Art, die Dinge anzugehen, ablehne.

Krimi-Couch:
Sie haben mit „Sturm“ einen exzellenten Thriller über den Klimawandel geschrieben, nun beschäftigen Sie sich in Ihrem aktuellen Roman mit dem Artensterben. Während andere Autoren über mehr oder weniger fiktive Themen und Figuren schreiben, wählen Sie die realen Schattenseiten unseres Lebens. Was fasziniert Sie so daran?

Uwe Laub:
Zum einen sind es, wie gesagt, die Themen, die mich umtreiben und von denen ich denke, dass sie mehr Aufmerksamkeit benötigen; vielleicht auch einfach mal aus einer anderen Perspektive betrachtet. Darüber hinaus fesseln mich auch als Leser schon immer Bücher, bei denen ich nie genau weiß, wo die Grenze zwischen Fiktion und Tatsachen verläuft. Ich finde so etwas spannend, und es macht mir großen Spaß, damit in meinen Geschichten „zu spielen“. (Das ist auch der Hauptgrund, weshalb ich zu meinen Büchern Nachwörter schreibe, in denen ich die wichtigsten Sachverhalte des jeweiligen Romans aufkläre.)

Krimi-Couch:
Aktuell schreiben Sie bereits an Ihrem nächsten Roman, der im Herbst / Winter 2021 ebenfalls im Heyne-Verlag erscheinen soll. Worum wird es dann gehen?

Uwe Laub:
Ich bleibe meinem Genre und Stil treu. Vielleicht wenig überraschend wird es wieder um ein Umwelt-Thema gehen, das uns alle angeht, und mit dem wir uns spätestens in ein paar wenigen Jahren vermutlich dringend auseinandersetzen werden müssen. Mehr verrate ich an dieser Stelle nicht ;)

Das Interview führte Thomas Gisbertz im Juni 2020.
Foto: © Marion Laub

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