Max Seeck

01.2021 Max Seeck ist der Shooting-Star der nordischen Thrillerliteratur. Sein aktueller Roman Hexenjäger erscheint mittlerweile in über 40 Ländern; Hollywood sicherte sich bereits die Filmrechte am Roman. Erste Vergleich zwischen Seeck und dem großartigen Stieg Larsson werden laut. Krimi-Couch-Redakteur Thomas Gisbertz sprach mit Max Seeck über dessen Schreiben, seine Ängste und die deutschen Wurzeln.

"Ich schreibe am liebsten über das, was mir selbst Angst macht."

Krimi-Couch:
Herr Seeck, Ihnen ist mit Hexenjäger nicht nur ein äußerst spannender Thriller, sondern thematisch auch ein besonderer gelungen. Detailgetreu stellt der Täter die Morde einer Bestseller-Trilogie nach, bei der es um Okkultismus und Hexen geht. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Max Seeck:
Die Geschichte des Krimis hat viele großartige Nachahmungstäter hervorgebracht, und die mochte ich schon immer. Ich finde den Gedanken, dass jemand Morde begeht, für die er sich von Büchern, Film oder Fernsehen hat inspirieren lassen, sehr angsteinflößend. Und ich schreibe am liebsten über das, was mir selbst Angst macht. Daher kam die Idee.

Krimi-Couch:
Kriminalhauptmeisterin Jessica Niemi ist eine sehr selbstbewusste Polizistin, aber auch eine geheimnisvolle Frau, die in ihrer Art etwas an Lisbeth Salander erinnert. Warum haben Sie sich für eine weibliche Hauptfigur entschieden?

Max Seeck:
Meine Vorgängerreihe hatte mit Daniel Kuisma, der Friedenswächter im Balkankrieg war, einen betont maskulinen männlichen Protagonisten. Diesmal wollte ich einfach etwas komplett anderes machen, da lag eine weibliche Hauptfigur nahe. Außerdem habe ich mir sagen lassen, dass die Leute das gerne lesen.

Krimi-Couch:
Der Roman lebt besonders von seiner düsteren, unheimlichen Atmosphäre und seinem großen Nervenkitzel. Welche Rolle spielen beim Schreiben Ihre ganz eigenen Ängste?

Max Seeck:
Die spielen schon eine wichtige Rolle. Mein Schreibprozess hängt sehr von der Atmosphäre ab, die ich in meinem Kopf schaffe. Ich höre beim Schreiben gern gruselige Musik, um in die richtige Stimmung zu kommen. In Hexenjäger habe ich versucht, Kapitel und Szenen zu schreiben, die mir selbst einen Schauer über den Rücken jagen. Ich glaube, wenn es dem Autor Angst macht, wird sich das auf die Leserschaft übertragen.

Krimi-Couch:
Was ist Ihnen beim Schreiben Ihrer Bücher besonders wichtig?

Max Seeck:
Auf jeden Fall eine gute Ausgangsidee. Direkt dahinter kommen vielschichtige Charaktere, überraschende Wendungen und eine unheimliche Stimmung.

Krimi-Couch:
Die Filmrechte an Hexenjäger hat sich Hollywood längst gesichert. Wie weit sind die Planungen fortgeschritten? Wie sehr freuen Sie sich über die Verfilmung?

Max Seeck:
Ich bin total aufgeregt. Stampede Ventures hat schon einen Drehbuchautor beauftragt, die Bücher für eine Serie von Hollywood-Format sind in Arbeit. Das Ganze macht einen vielversprechenden Eindruck und ich hoffe, schon bald mehr darüber erzählen zu können.

Krimi-Couch:
Sie haben im Marketing und Vertrieb einer großen finnischen Firma gearbeitet. Wie und warum sind Sie dann dazu gekommen, Thrillerautor zu werden?

Max Seeck:
So groß war die Firma gar nicht. Meine berufliche Laufbahn habe ich bei einer Bank begonnen, danach folgten dann viele Jahre im Bereich Marketing und Kommunikation. Aber ich habe mich in diesen Feldern einfach nie heimisch gefühlt; es war, als würde etwas fehlen. Das war das Kreative. 2013 habe ich dann endlich die Arbeit an meinem ersten Roman begonnen.

Krimi-Couch:
Im Gegensatz zu anderen nordischen Ländern wie Schweden, Norwegen oder auch Dänemark gibt es kaum international erfolgreiche finnische Thrillerautoren. Sehen Sie Gründe hierfür?

Max Seeck:
Das höre ich öfter. Ich glaube, es hat viel damit zu tun, wie die Bücher im fremdsprachigen Ausland vermarktet werden. Es gibt Dutzende hervorragende Krimiautoren in Finnland, aber vielleicht haben die anderen skandinavischen Länder ihre einfach durchsetzungsfähiger verkaufen können. Es hat sich irgendwie die Ansicht eingebürgert, dass finnische Autor*innen nur für eine finnische Leserschaft schreiben. Aber das ist gerade im Wandel.

Krimi-Couch:
Sie sprechen sehr gut Deutsch und besitzen sogar deutsche Wurzeln. Woher kommt das und wie eng ist ihre Beziehung zu Deutschland noch?

Max Seeck:
Meine Familie väterlicherseits kommt aus Deutschland. Allerdings wurde in meiner Kindheit kein Deutsch gesprochen. Unsere Familie gehört der Deutschen Kirche Helsinki an, mit 15 war ich sogar mal bei einer deutschsprachigen Konfirmation dabei. Ich habe dort viele tolle Freundschaften geschlossen und mich für die Deutsche Schule Helsinki als weiterführende Schule beworben, wo man mich auch angenommen hat, ich recht schnell Deutsch gelernt und schließlich die Reifeprüfung abgelegt habe. Zu der Zeit konnte ich fast genauso gut Deutsch wie Finnisch, aber ich habe lange nicht mehr geübt, deshalb ist mein Deutsch eingerostet.

Krimi-Couch:
Sie lassen sich von vielen bekannten Autoren wie Jo Nesbø, Stieg Larsson oder auch Lars Kepler inspirieren. Gibt es auch deutsche Autoren, die Sie beeindrucken?

Max Seeck:
Zu meiner Schulzeit habe ich tatsächlich recht viele deutsche Autoren gelesen. Am meisten im Gedächtnis geblieben sind mir Bertolt Brecht, Günter Grass, Friedrich Schiller und Bernhard Schlink (Der Vorleser gehört zu meinen Top-Favoriten). Ich mochte auch Schweizer Autoren wie Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch. Und selbstredend die Werke von Kafka.

Krimi-Couch:
Die Reihe um Jessica Niemi ist als Trilogie angelegt. Was können Sie uns bereits über den zweiten Band verraten?

Max Seeck:
In Finnland wurde der zweite Teil im September 2020 veröffentlicht und von Leser*innen wie Kritiker*innen begeistert aufgenommen. Das zweite Buch ist besser als das erste, wenn Sie mich fragen. Es ist auf vielerlei Art ein ganz anderes Buch, aber es zu schreiben hat mir viel Spaß gemacht. Es wird mindestens noch einen weiteren Niemi-Roman geben, und wer weiß … vielleicht wird die Saga ja noch eine Weile laufen.

Das Interview führte Thomas Gisbertz im Dezember 2020.
Übersetzung: Yannic Niehr.
Foto: © Kuva MikkoRasila
Elina Ahlback Literary Agency represents all International book, film & TV rights to Max Seeck’s works.

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