Zoë Beck
01.2018 Zoë Beck ist vielfältig in der Literatur-Landschaft unterwegs. Sie ist Autorin, Verlegerin, Übersetzerin und ständig bei Diskussionen im Internet und in ganz Deutschland präsent. Bei einem Besuch in Berlin-Zehlendorf hat sich Krimi-Couch Chefredakteur Andreas Kurth lange mit Zoë Beck unterhalten und ihr einige Fragen zum aktuellen Literatur-Betrieb gestellt.
Krimi-Couch.de:
Gedruckte Bücher, Hörbücher, eBooks – die Branche ist nach wie vor im Wandel. Wie würdest Du die aktuelle Situation und die künftige Entwicklung beschreiben?
Zoë Beck:
Der Kampf gegen andere Formen der Unterhaltung ist natürlich härter geworden. In vielen Situationen, in denen man sonst ein Buch gelesen hätte – in der S-Bahn, im Wartezimmer & -, greift man jetzt zum Smartphone. Und statt eine Nacht durchzulesen, wird eine Fernsehserie staffelweise am Stück geschaut. Das ist eine mächtige Konkurrenz, aber Lesen ist nun mal doch etwas anderes, das auch andere Areale im Gehirn bedient als reines Zuschauen, und es wird so schnell nicht gänzlich aus der Mode kommen. Wer weiß, bestimmt steht die nächste Lese-Renaissance schon vor der Tür.
Krimi-Couch.de:
Ist bei den eBooks immer noch dynamischer Zuwachs zu erwarten, oder ist die Welle vorerst abgeflaut?
Zoë Beck:
Ich würde vermuten, dass es weiterhin einen Zuwachs gibt, aber nicht mehr so stark. Für einen großen Aufschwung braucht es vielleicht erst wieder Neuerungen in der Software oder in der Hardware. Grundsätzlich aber verlieren immer mehr Leute die Angst vorm digitalen Lesen, wünschen sich Bundles, um bequem sowohl auf Papier als auch auf dem eReader lesen zu können & Also da ist Luft nach oben, und da wird sich noch was tun.
Krimi-Couch.de:
Neben der Autorin oder dem Autor gibt es noch einige Faktoren, die die Qualität eines Buches beeinflussen. Übersetzung, Redaktion, Lektorat – wie wichtig ist das Team drumherum?
Zoë Beck:
Sehr wichtig. Ich weiß aus leidvoller Erfahrung, wie ein schlechtes Lektorat ein Buch kaputtmachen kann, ein gutes hingegen kann den Text noch mal um Längen nach vorn bringen. Wenn ein Lektorat kaum bis gar nicht stattfindet, fühle ich mich sehr verunsichert. Als Autorin ist man zu nah am Text, um ihn selbst beurteilen zu können, dazu müsste man ihn längere Zeit liegen lassen, diese Zeit ist oft nicht da, und man übersieht ja auch eigene Fehler, wird betriebsblind & Ich finde diese unterschiedlichen Arbeitsschritte von Lektorat und Redaktion und Korrektorat enorm wichtig, auch, dass sie jeweils von unterschiedlichen Menschen durchgeführt werden. Natürlich sollten sie alle jeweils ein Gespür dafür haben, was die Autorin will, wo sie hinwill. Übersetzungen: ebenfalls ein wichtiges, schwieriges Thema. Eine dröge, uninspirierte oder fehlerhafte Übersetzung kann die tollsten Originaltexte zerstören. Da heißt es auch: sorgfältig dran arbeiten, und dazu gehört ebenfalls eine professionelle Textredaktion.
Krimi-Couch.de:
Die Verlagslandschaft ist auch stetig im Wandel. Wie können es kleine Verlage noch schaffen, in ihren Nischen zu existieren?
Zoë Beck:
Indem sie sich ihrer Stärken bewusst sind, ebenso wie ihrer Schwächen. Nicht jeder Verlag kann jedes Buch gleich gut vermarkten oder vertreiben. Das muss man sich bewusst machen: Worin ist man richtig gut, welche Richtung schlägt man ein. Und wenn man in seiner Nische richtig gut ist, muss man dafür sorgen, dass es möglichst der Buchhandel auch mitbekommt. Es ist also viel Überzeugungsarbeit nötig, abseits von der reinen Auswahl der schönen Texte, die man gern verlegen möchte.
Krimi-Couch.de:
Kommen wir mal zur Spannungsliteratur. Mehr als 120.000 Bücher kommen in Deutschland pro Jahr neu auf den Markt, deutlich mehr als die Hälfte gehört zum weiten Feld der Spannungsliteratur. Wer soll das eigentlich alles lesen?
Zoë Beck:
Ich habe keine Ahnung. Es bleibt mir ein Rätsel.
Krimi-Couch.de:
Sind deutsche Autorinnen und Autoren im Genre Kriminalroman besser als ihr Ruf im eigenen Land? Und wie kann der Leser die Spreu vom Weizen trennen?
Zoë Beck:
Es gibt ganz hervorragende und schauderhaft schlechte Kriminalromane auf Deutsch, und dazwischen gibt es auch alles, und dann kommt sowieso noch der persönliche Geschmack hinzu. Ich denke, man kann sich ganz gut orientieren, indem man sich die Bestenlisten anschaut oder sich etwas empfehlen lässt. Irgendwann kennt man ja die einschlägigen Kritiker*innen oder Blogger*innen und weiß ungefähr: Wenn x etwas empfiehlt, gefällt es mir garantiert, oder eben überhaupt nicht.
Krimi-Couch.de:
Hast Du eigentlich noch Lust auf die Diskussion, ob Krimis Trivialliteratur sind? Oder sollte man sich diese Debatte lieber gar nicht erst antun?
Zoë Beck:
Wer ein ganzes Genre, egal welches Genre, rundweg als Trivialliteratur abtut, hat schlicht keine Ahnung.
Krimi-Couch.de:
Du bist viel unterwegs, Lesungen, Interviews, Podiumsdiskussionen, Workshops, Messe-Besuche. Dann arbeitest Du auch noch als Übersetzerin und Verlegerin. Wann kommst Du eigentlich selbst noch zum recherchieren und Bücher schreiben?
Zoë Beck:
Deshalb suche ich mir gerne Themen, mit denen ich mich ohnehin schon lange beschäftige oder auskenne.
Krimi-Couch.de:
Du bist auch politisch engagiert in zahlreichen Debatten. Kostet es nicht unendlich viel Kraft, ständig für die Position der Frauen, gegen Rechts, und gegen Hass und Anfeindungen zu kämpfen?
Zoë Beck:
Doch, ja. Lustig ist das nicht. Tatsächlich muss ich mir immer wieder Auszeiten nehmen, sonst sind diese Hass-Attacken nicht mehr zu ertragen. Aber es gibt zum Glück so viele großartige Menschen, die mich unterstützen und die für dieselben Ziele kämpfen.
Krimi-Couch.de:
Eine wichtige Frage zum Abschluss: Wann lesen wir den nächsten Krimi von Zoë Beck?
Zoë Beck:
Hm. Nächstes Jahr?
Das Interview führte Andreas Kurth im Januar 2018.
Fotos: © V. Tomaschko
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