Cliff Walkers

Film-Kritik von Carola Krauße-Reim (09.2022)
 

Wer ist der Verräter in den eigenen Reihen?

China in den 1930er Jahren: Die Mandschurei ist von Japan besetzt. Zwei Agentenpaare werden über eisigem Gebiet abgesetzt, um einen Kollegen zu retten, der in einem berüchtigten Gefängnis Folter erfuhr. Doch schnell wird klar, dass es einen Verräter in den eigenen Reihen geben muss. Es beginnt ein Katz- und Mausspiel, in dem die Vier nicht wissen, wer Freund und Feind ist. Bald kämpfen sie ums eigene Überleben und geben dennoch den Auftrag nicht verloren.

Ideologisch geprägter Agententhriller

Zhang Yimou gehört zu den bekannteren Regisseuren Chinas. Er wurde bereits drei Mal für den Oscar nominiert, seine Filme „Hero“ und „Great Wall“ begeisterten ein großes Publikum. Doch auch seine Filme unterliegen der chinesischen Zensur, was 2019 sehr deutlich wurde, als sein Beitrag „Eine Sekunde“ kurzfristig und ohne Begründung aus dem Programm der Berlinale genommen wurde. „Cliff Walkers“ dagegen hat den Zuspruch der chinesischen Kontrollorgane gefunden.

Im Film wird mit Japan ein anerkannter gesamtgesellschaftlicher Feind zum Antagonisten, der zudem unterwandert ist von linientreuen Chinesen, was bestimmt gerne gesehen wurde. Die Widmung an „alle Helden der Revolution“ dürfte zusätzlich für reichlich Zuspruch bei der Zensur gesorgt haben. Dennoch schafft Zhang Yimou nicht ganz ins Pathetische abzugleiten, sondern liefert einen relativ soliden Agententhriller ab.

Die Logik bleibt teilweise auf der Strecke

Gleich zu Beginn wird man stutzig, denn ausgerechnet ein Ehepaar und ein Liebespaar werden in der verschneiten Einsamkeit der Mandschurei abgesetzt. Was in anderen Agententhrillern ein absolutes No-Go wäre, ist hier jedoch bald vergessen, denn schnell ist man nur noch bemüht dem Inhalt des Filmes einigermaßen folgen zu können. Während der Zuschauer schon am Anfang erfährt, wer der Verräter ist, irren die Agentenpaare erst durch die Wildnis, dann durch eine Stadt, werden getrennt, finden sich wieder und leiden in sehr brutalen Szenen, die eine Freigabe des Films ab 16 Jahren wirklich rechtfertigen.

Bei der manchmal überfrachtet-verwirrenden Handlung bleibt die Logik teilweise auf der Strecke. Szenen, wie die Vergiftung einer Agentin, erscheinen nicht gut eingeführt, der ständig wechselnden Konstellation von Freund und Feind ist nicht leicht zu folgen und den Figuren fehlt es an Einführung und Charakterisierung – was bei Helden per se vielleicht nicht wichtig ist. Das alles schadet aber auch der Spannung, die zweifelsfrei da ist, doch immer ein wenig auf Sparflamme köchelt.

Helden der Revolution

Die Charakterisierung der Hauptfiguren als Helden scheint Regisseur und Drehbuchautor vollauf genügt zu haben. Lediglich von Ehepaar Zhang und Yu erfährt man Tragisches, was zum Ende des Films etwas kitschig aufgenommen wird und für den notwendig rührseligen Moment in chinesischen Filmen sorgt. Eine Einführung aller anderen Figuren findet nicht statt. Eine Bindung des Zuschauers an den Film gibt es so fast nicht und die tragischen Abläufe kommen emotional nicht so recht an.

Zwar geben sich die Schauspieler und Schauspielerinnen alle Mühe, doch ihr Spiel wirkt nicht immer überzeugend und manchmal etwas unrealistisch. Was jedoch ihre Figuren eint, ist der Wille die Mission zu Ende zu führen. Daher sollte man den Film auch bis in den Abspann folgen, der noch einen Schlusspunkt parat hält.

Ausstattung rettet den Film

Was den Film wirklich sehenswert macht, ist die gut eingefangene Atmosphäre in der eiskalten Mandschurei in den 1930er Jahren. Schnee durchzieht alle Szenen und macht aus der einsamen Landschaft einen eigenen Charakter, der die Agentenpaare bedroht. Kostüme und Ausstattung tun den Rest, damit man sich optisch in einem klassischen Agententhriller wähnt.

Egal ob man den Schauspielern in einen Zug folgt, in eine hell erleuchtete Botschaft oder sie in der verlassenen Residenz des chinesischen Kaisers Rotwein aus Kristallgläsern trinken sieht, es macht einfach Spaß in diese vergangene Welt einzutauchen.   Manchmal scheint es fast schon zu viel an Authentizität, doch rettet die Bildgewalt der einzelnen Szenen den Film.

Fazit

Ideologisch geprägter Agententhriller, dem man teilweise nur schwer folgen kann und dadurch kein Übermaß an Spannung bietet. Allerdings kann der Film durch die gut eingefangene Atmosphäre der eiskalten Mandschurei der 1930er Jahre in bildgewaltigen Szenen punkten.

Bilder: © Koch-Films

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