Bluternte
- Manhattan
- Erschienen: Januar 2011
- 7
- London: Bantam, 2010, Titel: 'Blood harvest', Seiten: 425, Originalsprache
- München: Manhattan, 2011, Seiten: 512, Übersetzt: Marie L. Bezzenberger
Spannender Plot mit kleinen Schwächen
In der Nähe von Blackburn liegt das beschauliche Heptonclough, dessen dörfliche Idylle trügerisch ist. Schon seit Jahren sind keine neuen Leute mehr hier hingezogen, in der alten Kirche fanden seit zehn Jahren keine Gottesdienste mehr statt. Dafür verschwanden oder starben immer mal wieder auf höchst unterschiedliche Weise kleine Mädchen. So verlor sich einst die Spur von Megan auf den Mooren der Pennines. Drei Jahre später starb angeblich die kleine Hayley bei einem Wohnungsbrand, doch deren Mutter Gillian glaubt bis heute, dass ihre Tochter noch am Leben ist und befindet sich seit Kurzem in Behandlung bei der Psychiaterin Evi Oliver.
Von alldem ahnen die Fletchers nichts, als sie mit ihren drei Kindern in ein Haus nahe der Kirche ziehen. Der zehnjährige Tom und sein jüngerer Bruder Joe sind recht abenteuerlustig und erkunden den angrenzenden Friedhof. Dies erscheint ihnen alsbald recht unheimlich, da sie glauben, Stimmen zu hören. Auch die Erscheinung eines seltsam aussehenden Mädchens, das sie aber nur aus der Ferne zu sehen bekommen, kommt ihnen nicht geheuer vor. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kommen die Fletchers langsam mit ihren Nachbarn in Kontakt, wenngleich ihnen einige Angewohnheiten und Bräuche fragwürdig erscheinen. Der neue Vikar von Heptonclough, Harry Laycock, hat ebenfalls so seine Schwierigkeiten, denn in seiner Kirche scheint es ebenfalls zu spuken, auch er hört immer wieder merkwürdige Geräusche und Stimmen.
Die vermeintliche Idylle im Dorf findet jedoch eines Tages ein jähes Ende als eine kleine Einfriedung von dem Grundstück der Fletchers auf den Friedhof einfällt und dabei das Grab von Lucy Pickup offen legt. Die damals zweijährige Lucy starb vor zehn Jahren und hat eigentlich ein Einzelgrab. Umso erstaunter sind alle als sie in dem offenen Grab nunmehr gleich drei Kinderleichen finden. Wenig später verschwindet Millie, die zweijährige Tochter der Fletchers…
Um es vorweg zu nehmen. Freunde britischer Krimikunst werden bei Bluternte auf ihre Kosten kommen, wenngleich man schon mehr Nebel in Hochmooren und regnerischere Tage in England erlebt hat. Dennoch ist die Beschreibung der ländlichen Gegend ordentlich gelungen, so dass die atmosphärischen Bedingungen stimmen. Diese werden verstärkt durch seltsame Vorkommnisse auf dem Friedhof sowie in der Kirche, die für den neuen Reverend Laycock noch einige Geheimnisse parat hält. Zu Beginn des Romans steht das offene Grab mit seinen drei Kinderleichen, danach folgt ein Rückblick auf die neun Wochen davor. Die Fletchers ziehen ein und auch der neue Vikar muss sich eingewöhnen. Ausführlich werden die wichtigsten Romanfiguren vorgestellt, wobei der Spagat zwischen Detailverliebtheit und ausufernder Erzählweise so gerade gelingt. Sprachlich gelingt der Autorin leider nicht alles, insbesondere bei der implizierten Liebesgeschichte lässt Rosamunde P. grüßen ("Ein Mann, dem sie gerade erst begegnet war, bestand darauf, dass sie ihn anrief […] Sie hatte ihn auf offener Straße abknutschen wollen"). Nach dem Rückblick geht es rund 270 Seiten später wieder mit dem offen stehenden Grab weiter.
Ein bisschen Crime, ein paar Mystery-Effekte, dazu britischer Lokalkolorit und fertig ist die "Bluternte". Dies alles ist im Großen und Ganzen ordentlicher Mainstream mit einem grundsätzlich gelungenem Plot einschließlich einer (formulieren wir es einmal so) turbulenten Auflösung. Man kennt das ja, wenn man glaubt es werde einem die Lösung präsentiert und dann folgt eine überraschende Wende und dann noch eine und na ja. Immerhin gibt es Erklärungen für die seltsamen Erscheinungen und Stimmen während der Handlung. Auch wenn der Plot anders nicht funktionieren mag, der sechsjährige Joe und der zehnjährige Tom verhalten sich gelinde gesagt nicht gerade so, wie es für Kinder ihres Alters üblich ist, was dem Ganzen einen Dämpfer gibt (da zu sehr überzogen). Doch wie schon eingangs erwähnt, für Freunde der "Inselkrimis" einen Versuch auf jeden Fall wert.
Sharon Bolton, Manhattan
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