Süden und die Frau mit dem harten Kleid
- Droemer Knaur
- Erschienen: Januar 2002
- 6
- München: Droemer Knaur, 2002, Seiten: 206, Originalsprache
- München: Droemer Knaur, 2011, Seiten: 208, Originalsprache
Irgendwo fehlt dem ganzen Buch die Handlung, die ein wenig die Spannung aufrecht erhalten kann
Wenn auf einem Buch der Aufkleber "Deutscher Krimipreis 2002" klebt, erwartet man sich doch einen kriminalistischen Lesegenuss besonderer Güte. Deshalb griff ich auch sofort zu, als ich das Buch von Friedrich Ani "Süden und die Frau mit dem harten Kleid" entdeckte.
Tabor Süden ist Hauptkommissar und arbeitet vornehmlich an der Suche nach vermissten Personen. Kein Wunder also, dass ihn und seine Kollegin ein Hilferuf der Polizeidienststelle Münzing erreicht, bei der sich eine betrunkene Frau gemeldet hat, die ihren Bruder vermisst. Alle Jahre wieder hat sich ihr Bruder bei ihr wenigstens zum Geburtstag gemeldet, aber in diesem Jahr blieb der Anruf aus. Reichlich vage ist die ganze Meldung ja, aber Kriminalist Süden spürt, dass mehr dahinter steckt.
Der Bruder betätigt sich als Kunstmaler, aber angesichts seines mangelnden Talents liegen seine erwähnenswerten Fähigkeiten eher in der Tatsache, dass er säuft und seine Klappe nicht halten kann. Nun ist er also seit Wochen nicht aufgetaucht, seine Behausung gibt keinerlei Aufschlüsse auf eine Reisetätigkeit und die Nachbarn zeichnen in ihren Schilderungen das bekannte Bild vom erfolglosen Trinker. Nur hin und wieder taucht ein flippiges Mädel auf, dass den Alten besucht hat und das auch Süden über den Weg läuft. Kurz und gut, Johann Farak, wird gesucht, weil er möglicherweise selbstmordgefährdet ist.
Süden interviewt Familie und Bekannte, allesamt aus kleinbürgerlichem Milieu und gezeichnet mit den Schrammen des Lebens. Da auch Süden den eigenen Vater nicht finden kann und auch sein Leben nicht gerade rosig abläuft, sinniert er nun auf knappen zweihundert Seiten über die Schlechtigkeiten des Lebens, die Einsamkeit, das Alleinsein und Gott und die Welt und schreibt seine Erkenntnisse aus diesem Fall in einem Brief an das junge Mädchen nieder, das er im Lauf der Handlung mehrfach zu Gesicht bekommt.
So weit die Handlung, die bis zur letzten Seite ohne jegliche Leiche oder Straftat auskommt. Friedrich Ani macht aus der Suche nach einem Menschen ein familiäres Melodram, ohne dass dabei Ermittlungen zu irgendwelchen zielführenden Ergebnissen kommen. Diese Geschichte als Krimi einzustufen ist schon mal gewaltiger Tobak, auch wenn darin ein psychisch gebeutelter Polizist vorkommt. Darüber hinaus beschreibt Herr Ani Menschen und ihre konstruierten Schicksale und handelt diese in pseudopsychologischen Überlegungen ab, wobei er vor allem Anleihen in der christlichen bzw. katholischen Denkweise nimmt. Irgendwo fehlt dem ganzen Buch die Handlung, die ein wenig die Spannung aufrecht erhalten kann. Natürlich will man wissen, was denn nun tatsächlich passiert ist, aber hier schweigt sich der Autor aus. Sprachlich durchaus passabel schlendert diese Erzählung wie die Katze um den heißen Brei, ohne aber jemals die Nase hinein zu tauchen.
Vielleicht ist dieser Krimi eine andere Art von Detektivgeschichte, mir persönlich fehlt darin Handlung, Spürnase und Ergebnis. Nur das Herumhacken auf gescheiterten Existenzen ist nicht nach meinem Geschmack. Von meiner Warte aus ist das Buch seinen Preis absolut nicht wert.
Friedrich Ani, Droemer Knaur
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