24 Stunden

  • Bastei Lübbe
  • Erschienen: Januar 2002
  • 18
  • New York: Putnam, 2000, Titel: '24 Hours', Seiten: 335, Originalsprache
  • Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 2002, Seiten: 399, Übersetzt: Karin Meddekis
  • Augsburg: Weltbild, 2003, Titel: '24 Stunden Angst', Seiten: 399
24 Stunden
24 Stunden
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Peter Kümmel
88°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2003

Iles liefert beste Unterhaltung und Hochspannung von Beginn an

Das perfekte Verbrechen hat das dreiköpfige Team jetzt bereits fünfmal durchgezogen. Einmal pro Jahr und in jeweils 24 Stunden - nicht früher und nicht später - ist alles erledigt. Vom erbeuteten Geld können die drei dann ein Jahr gut leben. Auch beim sechsten Mal soll alles nach Plan laufen.

Joe Hickeys Entführungen, die jeweils während eines Ärztekongresses in Biloxi stattfinden, sind raffiniert geplant, die Verhältnisse der Opfer gut recherchiert. Joe und sein Cousin Huey, ein geistig zurückgebliebenes Riesenbaby, entführen das Kind aus der elterlichen Wohnung. Während Joe bei der Mutter im Haus bleibt, bringt Huey das Kind in eine abgelegene Waldhütte. Joes Frau Cheryl - von Joe aus der Prostitution befreit und ihm gegenüber absolut unterwürfig - kümmert sich derweil um den Vater in dessen Hotelzimmer. Jede halbe Stunde nimmt Joe mit seinen Mitstreitern telefonisch Kontakt auf, um zu überprüfen, ob alles in Ordnung ist. Sollte der Kontakt scheitern, so hat Huey - der zwar herzensgut, aber seinem Cousin treu ergeben ist - den Auftrag, das Kind umzubringen. So sind den Opfern absolut die Hände gebunden, selbst Waffen in ihren Händen brauchen die Entführer nicht zu fürchten.

Die Lösegeldforderung ist so niedrig gewählt, dass es kein Problem bereitet, das Geld schnell und einfach zu besorgen und es kurzfristig per Bank nach Biloxi zu transferieren, wo es der Ehemann abholt und Cheryl übergibt. So kann die bei Kidnapping so riskante Geldübergabe praktisch vermieden werden. Danach werden Mutter und Kind an einem neutralen Ort freigelassen, wo sie sich wieder treffen. Auch nachträglich sichern sich die Entführer ab. Sie drohen damit, das Kind umzubingen, falls die Eltern Anzeige erstatten. So operieren sie auch relativ offen unter ihren wirklichen Namen, weil sie keine Konsequenzen zu befürchten haben.

Für ihren sechsten Coup haben sie sich die Familie Jennings ausgewählt: Vater Will, Mutter Karen und ihre Tochter Abby. Die Lösegeldforderung beläuft sich auf 200.000 Dollar, für die Jennings ein leicht zu verschmerzender Verlust. Auch hier läuft zunächst alles nach Plan, doch bald gerät er ins Stocken. Denn den Gangstern ist bei ihren Recherchen entgangen, dass Abby an Diabetes leidet und ohne ihr Insulin keine 24 Stunden überleben kann. Doch auch, nachdem dieses Problem zunächst gelöst ist, läuft nichts so wie sonst. Denn die Jennings gehören nicht zu den Eltern, die sich wehrlos ihrem Schicksal ergeben.

Ein Zitat von Francis Bacon ist dem Roman vorangestellt: "Derjenige, der Frau und Kinder hat, ist eine Geisel des Glücks". Ein sehr passend gewähltes Zitat, denn spätestens nach der Lektüre dieses Romans sollte jeder diesen Spruch verstehen können. Der Autor stellt deutlich dar, wie wichtig Liebe und Zusammenhalt für das Leben sind und wie hilflos man ist, wenn diese Gemeinschaft bedroht ist.

Iles hat mit "24 Stunden" wieder einen Thriller geschaffen, der absolute Hochspannung vom ersten Moment an bietet. Der Autor legt ein wirklich rasantes Erzähltempo vor, so sollte es keine Probleme bereiten, dieses Buch innerhalb von 24 Stunden, also quasi in Echtzeit zu lesen. Gut und originell konstruiert wirken die drei verschiedenen Handlungsplätze mit jeweils einem ungleichen männlich-weiblichen Paar.

Dadurch, dass sich Iles im Prinzip auf sechs Charaktere für sein Buch beschränkt, hat er alle Zeit, diese ausführlich und sehr detailliert darzustellen, so daß man diese Personen bald wirklich zu kennen glaubt. Auch die Angst, die Eltern und Tochter haben, wird sehr gut rübergebracht. Iles vermeidet weitgehend eine reine Schwarz-Weiß-Darstellung, sondern verleiht auch den Verbrechern - zumindest zweien davon - sehr menschliche Züge. Natürlich gibt es neben diesen sechs Hauptdarstellern auch noch Nebenrollen. Dabei weiß vor allem die Darstellung der Opfer aus der Entführung im vergangenen Jahr zu überzeugen. Die Kriminalbeamten dagegen wirken sehr unscheinbar.

Iles´ Schreibstil ist einfach und flüssig lesbar. Die Kapitel sind jeweils etwa 20 Seiten lang, doch merkt man dies kaum, da er wieder mal einen Pageturner geschaffen hat, der keine Unterbrechungen benötigt. Auch die permanenten Ortswechsel, oftmals mit kleineren Cliffhangern gespickt, bringen den Lesefluß nicht ins Stocken. Selbst wenn man das Lesen unterbrochen hat und das Buch neu zur Hand nimmt, ist man sofort ohne sich einlesen zu müssen, wieder mitten im Geschehen drin.

Der im Prinzip absolut einfache Plot ist wie gesagt gut und originell konstruiert, dabei auch größtenteils logisch durchdacht. So bildet sich ein stetiger Wechsel mit immer wieder neuen überraschenden Wendungen. Mal neigt sich das Pendel zu Gunsten der Opfer, dann gewinnen die Entführer wieder die Oberhand. Natürlich weiß man jedesmal, wenn die Täter überlistet scheinen, das kann es noch nicht gewesen sein, denn schließlich sind insgesamt 400 Seiten zu überwinden. Ein paar kleinere Ungereimtheiten verzeiht man dabei gerne. Doch das Handeln der Personen ist nicht gerade als realistisch zu bezeichen. Wohl kaum ein Elternpaar würde gegen Verbrecher derart offensiv vorgehen, sondern wohl eher darauf bauen, dass die Entführung wie versprochen zu einem guten Ende führt. Gegen Ende des Buches werden die Aktionen der Eltern immer mehr an den Haaren herbeigezogen, um die Dramatik weiter zu steigern. Denn schließlich braucht man ja einen fetzigen Showdown. Und den gibt es nach bester Hollywood-Manier.

24 Stunden

Greg Iles, Bastei Lübbe

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