Die Reportage
- Argument
- Erschienen: Januar 1990
- 2
- New York: St. Martin, 1987, Originalsprache
- Hamburg; Berlin: Argument, 1990, Seiten: 269, Übersetzt: Sonja Hruby
- Hamburg: Argument, 2007, Seiten: 267, Übersetzt: Else Laudan
Klassischer Aufbau
Die Kapitel des vorliegenden Krimis sind in fünf große Teile gruppiert, die aus der Formenlehre der Musik stammen. Wie passend, das Opfer ist eine bekannte Cellistin, die ihren Auftritt bei einem Wohltätigkeitskonzert an ihrer alten Schule leider nicht mehr absolvieren kann. Am Rande bemerkt: Existiert ein Musikstück, das zugleich Ouvertüre, Exposition, Fuge, Finale und Coda enthält, oder wurden hier nicht eher einige Musikbegriffe gemischt?
So klassisch wie der Aufbau der Geschichte handwerklich ist, so klassisch ist auch die Geschichte selbst angelegt, was angesichts der Tatsache, dass es sich hierbei um Val McDermids ersten Krimi handelt, eigentlich nicht verwundert. Es ist sicherer, als Newcomer einem Schema zu folgen, das sich schon bewiesen hat.
Ouvertüre
Die freiberuflich tätige Journalistin Lindsay Gordon hält sich geradeso über Wasser und insofern kommt es ihr recht gelegen, als sie von ihrer alten Freundin Paddy gebeten wird, über ein Projekt zur Rettung der Schule zu berichten, an der diese als Lehrerin tätig ist. Für Lindsay ist die Mädchenschule in Derbyshire eine ganz andere Welt, ist sie doch aktive Feministin und Kämpferin gegen die Klassenschranken. Wenn das Internat jedoch nicht das nötige Kleingeld aufbringt, um die Pacht für die Sportplätze zu finanzieren, droht die Schließung. Und auf diese Sportplätze hat es ein skrupelloser Bauunternehmer abgesehen.
Exposition
Zu Besuch ist neben der Schriftstellerin Cordelia Gray auch die bekannte Cellistin Lorna Smith-Couper, die beim Wohltätigkeitskonzert spielen soll. Doch soweit kommt es nicht mehr, denn Lorna wird bei der Vorbereitung in einem Musikzimmer mit einer Cellosaite erdrosselt. Die Polizei hat ihre Verdächtige bald gefunden: Paddy. Da Lindsay und Cordelia eine tiefe Freundschaft mit Paddy verbindet, steht es außer Frage, dass sie der Bitte der Direktorin nachkommen, ein wenig auf eigene Faust zu ermitteln. Und bald fördern sie zutage, dass es einige Personen gibt, die über ein Motiv verfügen.
Neben dem Schul-Ambiente, dem sich schon einige Schriftsteller bedienten, ist auch der Fall wie bereits erwähnt recht klassisch angelegt. Die Anzahl der Verdächtigen ist beschränkt und die Motive wurden sehr stark herausgearbeitet. Val McDermid führt den Leser alsbald in eine bestimmte Richtung, indem sie immer mehr Personen aus dem Kreis der Verdächtigen ausschließt, doch so glatt geht es am Ende dann doch nicht vonstatten. Mir war klar, da muss noch etwas kommen.
Finale
Wäre da nicht die sich anbahnende Beziehung zwischen Lindsay und Cordelia und die Charakterisierung der Journalistin als Feministin, hätte der Roman einen Durchschnittscharakter, der sich in nichts von anderen Krimis dieser Art abhebt. So belegt er zumindest das Genre Frauenkrimi, wobei die Figuren meines Erachtens jedoch voller Klischees stecken. "Die Reportage" ist dennoch gut zu lesen und durchschnittlich unterhaltsam.
Val McDermid hat sich ohne Zweifel weiterentwickelt. Ob sich dies auch in ihrer Serie um die lesbische Journalistin Lindsay Gordon niedergeschlagen hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Allerdings ist es erstaunlich, wie wandlungsfähig diese Autorin ist, denn ihre beiden Bücher Ein Ort für die Ewigkeit und Echo einer Winternacht spielen in einer ganz anderen Liga. Schon der Unterschied zwischen der Jordan/Hill-Serie und ihrer Reihe mit der Privatdetektivin Kate Brannigan ist erheblich. Wer also aufgrund der jüngeren Erfolge der Autorin zu diesem Buch greifen möchte oder schon gegriffen hat, der wird mit großer Wahrscheinlichkeit enttäuscht sein.
Der Klappentext besagt übrigens, dass es sich bei dem Opfer um die Cellistin des Schulorchesters handelt, ein kleiner, aber feiner Unterschied zum Roman...
Val McDermid, Argument
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