Eiskalte Hölle

  • Penguin
  • Erschienen: November 2019
  • 5

- Ein Fall für Teresa Battaglia 1

- Übersetzung: Ingrid Ickler

- Originaltitel: "Fiori sopra l'inferno"

- Taschenbuch

- 432 Seiten

Eiskalte Hölle
Eiskalte Hölle
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Carola Krauße-Reim
98°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2019

Genialer Thriller mit einer gehörigen Portion Mystik

In einem verschneiten Bergdorf im italienisch-österreichischem Grenzgebiet werden Menschen verstümmelt. Ihnen werden auf grausame Art Sinnesorgane entfernt. Nur eine Frau überlebt, kann aber lediglich wenige Angaben zum Täter machen. Commissario Teresa Battaglia ermittelt mit ihrem Team und stößt bald auf eine eingeschworene Dorfgemeinschaft, die wenig Interesse hat, die mysteriösen Vorkommnisse aufzuklären.

Teresa Battaglia ist eine charismatische Ermittlerin

Commissario Battaglia ist ungewöhnlich und das in jeder Hinsicht. Feuerrotes Haar, füllige Gestalt, mittleres Alter und ständige Griesgrämigkeit sind ihre Markenzeichen. Doch die scheinbar harte Schale schützt einen weichen und verletzlichen Kern. Sie kämpft gegen eine nicht näher genannte Krankheit, die ihr Gedächtnis beeinträchtigt, und gegen die Erinnerung an eine nicht immer rosige Vergangenheit, die ihr als verborgene Traurigkeit auf der Seele lastet.

Tuti hat hier eine einmalige und wahrhaft charismatische Ermittlerin geschaffen, die den Leser sofort für sich einnimmt. Mit nur scheinbar fester Hand regiert sie ihr Team, das wie Monde um sie als Fixstern kreist. Sie erinnert sehr an Vera Stanhope aus den Romanen von Ann Cleeves. Wie diese geht sie genauso miesepetrig und schroff mit ihrem Team um, kann aber Schleimerei und Kriecherei nicht ausstehen und fordert eigenständiges Denken. Wenn jemand seine Meinung sagt und diese fundiert begründen kann, ist sie gerne bereit ihre eigene zu revidieren.

Mit diesem Commissario muss auch Massimo Marini, der Neue im Team, zurecht kommen. Nachdem er einige Male gehörig (und für den Leser sehr lustig zu lesen) ins Fettnäpfchen gegriffen hat, entwickelt sich zwischen ihm, seiner Chefin und dem restlichen Team doch noch ein gutes Verhältnis. Es macht einfach Spaß, Bataglia bei ihrer Arbeit zu begleiten, denn sie ist kompetent, vielschichtig und ihre privaten Probleme machen sie umso sympathischer. 

Ein verschneiter Ort, der Geheimnisse birgt

Ort des grausamen Geschehens ist ein kleines Dorf im italienisch-österreichischem Grenzgebiet. Wie viel andere auch, lebt der Ort vom Tourismus. Was verschneit und weihnachtlich dekoriert scheinbar wohlig idyllisch ist, entpuppt sich als eingeschworene Dorfgemeinschaft, die Geheimnisse hat, die jeder kennt, aber niemand aussprechen oder ändern will. Es herrscht immer noch eine archaische Lebensart, die so gar nicht zum Kommerz im Dorf passen will.

Die Autorin schildert diese Zustände sensibel und atmosphärisch dicht, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Dazu kommen die grausamen Verstümmelungen an den vier Opfern, die eine gehörige Portion Mystik mit sich bringen. Fetische, das regelrechte zur Schau stellen der Blut-überströmten und geheimnisvolle Vorkommnisse im Dorf geben Rätsel auf. Doch der Leser lernt nicht nur die Welt des Dorfes kennen, sondern auch einen Menschen, der versteckt und unerkannt im Wald lebt.

Er kann sich nicht richtig artikulieren, verbirgt sein Gesicht und taucht nur unerkannt und wie ein Gespenst im Dorf auf. Rückblicke in ein österreichisches Waisenhaus im Jahr 1978 legen die Vermutung nähe, dass der geheimnisvolle Waldbewohner etwas damit zu tun hat. Das Waisenhaus ist ein Pendant zum Dorf. Auch hier gehen mysteriöse Dinge vor, die nur sehr nebulös erzählt werden und dem Leser mehr Rätsel als Tatsachen bieten.

Höchstspannung ist garantiert

Menschen, denen Sinnesorgane entfernt werden, ein geheimnisvoller Mann aus dem Wald, eine verschwiegene Dorfgemeinschaft und ein mysteriöses Waisenhaus – das sind Zutaten, die von Anfang an für Spannung sorgen. Diese Spannung hält ohne Unterbrechung bis zum Schluss an. Sie wird sogar noch durch die persönlichen Umstände von Commissario Battaglia und Ispettore Marini gesteigert, denn auch sie verbergen so einiges vor ihrem Umfeld. Das grandiose Finale offenbart dann wieder die gefühlvolle Seite der Geschichte, die neben der Dramatik auch ganz schön menschelt und beim Leser durchaus Mitgefühl erregt.

Fazit:

Hier stimmt einfach alles. Plot, Protagonisten, Antagonist, Spannung und auch der flüssige und lesefreundliche Schreibstil garantieren wahres Lesevergnügen. Doch nehmen Sie sich nicht so viel anderes vor, wenn sie das Buch beginnen – sie werden es nicht aus der Hand legen können, bis sie wissen, was in Travenì vor sich geht und, wer der bedauernswerte Waldmensch ist. Für mich ist „Eiskalte Hölle“ ein absolutes Highlight im Jahr 2019 und ich hoffe sehr, dass es Folgebände geben wird und wir noch oft mit Battaglia, Marini und dem Rest des Teams auf Verbrecherjagd gehen können.

Eiskalte Hölle

Ilaria Tuti, Penguin

Eiskalte Hölle

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