Das Kartenhaus - Macht ist ein gefährliches Spiel
- Penguin
- Erschienen: Juli 2019
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Ivana Marinovic (Übersetzung)
Das schmutzige Geschäft mit den Offshore-Konten
Cristina Alger war Finanzanalystin und Wirtschaftsanwältin, bevor sie sich dem Schreiben widmete. Das merkt man ihrem Thriller „Das Kartenhaus“ an, der in der Welt der Schweizer Privatbanken angesiedelt ist. Gekonnt erklärt sie dem unwissenden Laien die Feinheiten des Finanzgeschäfts, und hier besonders die legale, aber fragwürdige Praxis der Offshore-Konten, auf denen Leute mit zu viel oder illegal erworbenem Geld ihren Reichtum vor dem Fiskus verbergen. Und genau darum geht es in der Geschichte.
Annabel erfährt, dass ihr Mann bei dem Absturz eines Privatjets ums Leben kam. Brisant ist, dass Matthew als Anwalt bei einer Bank in Genf arbeitete, die offensichtlich nicht nur Nummernkonten führte, sondern auch im Geschäft der Briefkasten-Firmen mitmischte. Gleichzeitig erhält die amerikanische Journalistin Marina, in Vertretung für einen Kollegen, anonyme Informationen eines Whistleblowers. Sie geben Auskunft über geheime Offshore-Konten und ihre Inhaber, darunter auch die Familie des syrischen Machthabers Al-Assad. Am Morgen nach der Übergabe an Marina ist ihr Kollege tot.
Hier agieren zwei starke Protagonistinnen
Annabel ist eine junge Frau, die ihren Beruf als Galeristin aufgab um mit ihrem Mann von New York nach Genf zu ziehen. Hier verdient Matthew zwar jede Menge Geld, und auch ansonsten bietet das Leben in Bankerkreisen viel Annehmlichkeiten, aber Annabel ist meistens allein und einsam.
Marina ist eine taffe Journalistin. Sie ist mit Grant Ellis, dem Sohn des republikanischen Präsidentschaftskandidaten, verlobt. Ihren Beruf will sie zugunsten der politischen Laufbahn ihres Schwiegervaters und den geschäftlichen Interessen ihre Zukünftigen aufgeben.
Hier wird das Bild zweier Frauen gezeichnet, die für ihre Männer ihren Beruf, ihre Karriere und damit auch ein Stück ihres Lebens aufgeben. Obwohl sie es freiwillig tun und ein Leben im Luxus vor ihnen liegt, sind sie damit nicht glücklich. Cristina Alger schafft es, dieses für viele Frauen durchaus bekannte Dilemma dem Leser nahe zu bringen. Dabei gestaltet sie die beiden Figuren aber nicht unterwürfig und ohne den Willen, etwas aus dem Leben zu machen, sondern als starke Frauen, die sich zwar zurücknehmen, dies aber aus Liebe tun. Wenn dann aber beide in die Situation kommen handeln zu müssen, sind sie dazu bereit und zwar mit allen Konsequenzen.
Annabel und Marina sind zwei starke Protagonistinnen. Ihre gute Einführung und ihre Entwicklung von der Frau an der Seite des Mannes hin zu einer willensstarken Kämpferin, machen sie zu echten Charakteren. Aber auch alle anderen Personen in der Geschichte sind durchgängig glaubhaft. Alle Charakterzüge sind gut herausgearbeitet, aber nicht überzeichnet. Man könnte diese Typen durchaus im wirklichen Leben treffen (wenn man sich denn in Bankerkreisen oder unter den Schönen und Reichen dieser Welt bewegt).
Spannung von Anfang bis Ende
Mit einem unkomplizierten und flüssig zu lesenden Schreibstil zieht die Autorin den Leser in den Bann der Geschichte. Denn schnell wird klar, mit dem Flugzeugabsturz stimmt etwas nicht. Ebenso offensichtlich ist nach dem Mord an Marinas Kollegen, dass die Informationen des Whistleblowers sensationell sind, und einigen Personen richtig große Probleme bereiten könnten.
In zwei Erzählsträngen begleitet der Leser Annabel und Marina während ihrer temporeichen und gefährlichen Suche nach der Wahrheit. Die dreckigen Geschäfte der Banken, ihre Skrupellosigkeit und auch ihre Macht sind spannend und überaus nachvollziehbar geschildert. In kurzen Kapiteln wird langsam das ganze Ausmaß der Verstrickungen deutlich. Das Geschehen entwickelt sich zu einem echten Page-Turner, denn mit jeder neuen Wendung nimmt die Spannung zu, und man fragt sich, ob es überhaupt noch Moral und Anstand in diesen Kreisen gibt.
Für beide Frauen endet die Geschichte dramatisch. Für den Leser ist sie einfach atmosphärisch dicht und überaus packend erzählt und, das Ende lässt doch noch ein bisschen die Hoffnung aufkommen, dass die Mächtigen nicht immer gewinnen.
Fazit:
In Zeiten der Panama-Papers und Offshore-Leaks ist „Das Kartenhaus“ fast schon dokumentarisch. Ein Thriller, der packend und temporeich erzählt ist, wenn er auch im Mittelteil einige Längen hat. Eine Kaufempfehlung für alle, die mal nicht auf John Grisham zurück greifen wollen, um in den Genuss eines gut erzählten und anspruchsvollen Polit-Thrillers zu kommen.
Cristina Alger, Penguin
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