Schwarzer Fjord
- Knaur
- Erschienen: März 2020
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Hier sind alle verdächtig
Als Liv erfährt, dass ihre Freundin Vigga verschwunden ist, fährt sie sofort an den Ringkøbing Fjord um Viggas Ehemann Magnus zu unterstützen. Doch dann wacht sie im Krankenhaus auf und weiß nur, dass sie belastende Unterlagen gefunden hat - und Magnus auf sie los ging. Doch, was sie nicht weiß – Magnus ist tot, und alles deutet auf sie als Täterin hin. Was ist die Wahrheit und wo steckt Vigga?
Sven Koch und der Norden
Sven Koch scheint die Küsten Deutschlands und Dänemarks zu lieben. Seine „Dünen“-Reihe führt Ermittler und Leser zu „Deutschlands schönsten Stränden“, und der vorliegende Psychothriller an den Ringkøbing Fjord in Dänemark. Wieder schafft es Koch, den Leser in die Weiten der Landschaft zu entführen. Mit wenigen gut gesetzten Erklärungen wähnt man sich in den verlassenen Dünen oder im einsam gelegenen und etwas unterkühlten Architektenhaus von Vigga und Magnus. Koch schafft eine Atmosphäre, die zum Greifen nahe ist und die einen großen Teil der Geschichte trägt.
Liv – Täterin oder Opfer?
Liv und Vigga sind im selben Ort aufgewachsen und kennen sich schon ewig, auch wenn sie in letzter Zeit weniger Kontakt pflegten. Liv schleppt seit der Ermordung ihrer Mutter durch ihren Vater ein Trauma mit sich herum, und Vigga macht viele Dinge lieber mit sich selbst aus, als anderen davon zu erzählen. Diese und auch die anderen Charaktere sind treffend beschrieben, und wecken Empathie oder Antipathie beim Leser, was diesen noch mehr an die Geschichte bindet.
Lange Passagen sind zudem aus Livs Sicht geschildert, was zwar die Kenntnis des Lesers einschränkt, aber ihre Art zu denken und zu handeln bestens erklärt. Auch die beiden Ermittler, Knud und Tine sind nicht nur Klischees, sondern durchaus vorstellbare Individuen. Hier hat wirklich jeder seine Geheimnisse und dunkle Seiten und jeder kommt als Täter in Frage – bis auf die zwei sehr unterschiedlichen Ermittler natürlich.
Die Geschichte braucht lange, bis sie in die Gänge kommt
Als Liv im Krankenhaus erwacht erzählt sie ihre Geschichte den Polizeibeamten Knud und Tine. So erfährt der Leser, was bis dahin geschah – natürlich nur aus Sicht von Liv. Doch Widersprüche werfen Fragen auf und so langsam, wirklich langsam, nimmt die Geschichte an Fahrt auf. Spannung herrscht von Anfang an, denn man weiß ja, dass irgend etwas vorgefallen sein muss, sonst wäre Liv nicht im Krankenhaus und Magnus nicht tot, aber erst nach 144 von 316 Seiten geht es richtig los. Ab da bricht die Spannung nicht mehr ab, obwohl so manche Szene enervierend lang dargestellt wird. Das ist noch halbwegs erträglich, wenn sie spannend ist, aber wenn nicht, wird es doch langweilig.
Aber Koch baut immer wieder unverhoffte Wendungen ein, die jeden ständig in einem anderen Licht erscheinen lassen, so dass sich der Leser nie sicher sein kann, was wahr und was nur angenommen ist. Immer neue Details werden offensichtlich, die aber nicht selten in die falsche Richtung zeigen. Was zum Schluss heraus kommt, wer Magnus ermordet hat, wo Vigga abgeblieben ist, und was hinter dem Ganzen steckt, ist so wirklich nicht vorhersehbar und schließt diesen guten Psychothriller würdig ab.
Etwas schade ist die teilweise fehlende Logik. So liegt Liv auf dem Rücken und kann trotzdem das Webmuster des Kopfkissens erkennen, oder ein geschildertes Alibi scheint dem Autor entfallen zu sein, kann es doch für den restlichen Verlauf der Geschichte einfach nicht mehr existieren, weil sie sonst nicht funktioniert. Diese kleinen Ungereimtheiten schmälern das Lesevergnügen aber nur marginal. Alles in allem hat man einen ganz passablen Psychothriller vorliegen.
Fazit:
„Schwarzer Fjord“ braucht zwar lange, bis das Buch fesselnd wird, aber dann wächst es sich zu einem packenden, aber weder sprachlich noch inhaltlich sehr anspruchsvollen Psychothriller aus. Allzu ausführlich geschilderte Szenen nehmen dem Ganzen partiell den Schwung und kleine Logikfehler lassen stutzen, dennoch schafft es Sven Koch wieder, den Leser spannend bei Laune zu halten und belohnt ihn mit einem krachenden und unvorhersehbaren Ende.
Sven Koch, Knaur
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