Schattenboxer

  • Kuebler
  • Erschienen: Januar 2015
  • 6
  • Lampertheim: Kuebler, 2015, Seiten: 8, Übersetzt: Dietmar Wunder, Bemerkung: ungekürzte Lesung
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Andreas Kurth
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2015

Terroristen, Gutmenschen und ein hartnäckiger Ermittler

Vincent Che Veih muss sich die Akten eines abgeschlossenen Falls vornehmen, bei dem angeblich ein junger Mann von seinem Freund erschossen wurde, denn es droht ein Wiederaufnahmeverfahren, und seine Vorgesetzten machen Druck. Ausgerechnet jetzt, wo sich die damalige Belastungszeugin das Leben genommen hat und beerdigt wird. Auf dem frischen Grab wird kurz darauf die Leiche eines weiteren jungen Mädchens gefunden, und nun tappen die Ermittler völlig im Dunkeln. Veih stößt bei seinen Recherchen tatsächlich auf etliche Unstimmigkeiten in den Akten und Protokollen. Die Spur führt zu einem Kollegen, was bei Veih keinesfalls zu irgendeiner Form von Zurückhaltung führt. Zu allem Überfluss gerät seine Mutter – eine verurteilte RAF-Terroristin, die ihre Strafe abgesessen hat – auch mal wieder in das Fadenkreuz der Ermittler. Vincent Che Veih deckt plötzlich Verbindungen und Seilschaften auf, die viele Jahre in die Vergangenheit zurück reichen, aber für einige Behörden offenbar immer noch höchste Brisanz beinhalten. Mehrfach droht er den Überblick zu verlieren – um im dynamischen Finale doch noch zu höchst überraschenden Erkenntnissen zu kommen.

Eine wirklich gelungene Mischung

Horst Eckerts neuer Roman Schattenboxer ist eine wirklich gelungene Mischung aus Polit-Thriller und klassischem Kriminalroman. Geschickt hat der Autor darin mehrere Fälle ineinander verwoben, die Verbindungen bleiben dem Leser lange unklar, was die ohnehin schon enorme Spannung noch weiter ansteigen lässt. Eckerts Wahlheimat Düsseldorf ist einmal mehr der Schauplatz, wobei die Landespolitik in diesem Roman keine Rolle spielt, sehr wohl aber die Innenpolitik auf Bundesebene - speziell die Rolle der verschiedenen geheimen Dienste. Die Geschichte der Roten Armee Fraktion (RAF) ist hierzulande noch lange nicht aufgearbeitet, und deshalb gefällt es mir ausgezeichnet, dass Horst Eckert durch die Mutter seines Protagonisten immer wieder auf dieses Thema eingeht. In Schattenboxer spielt der Terrorismus der jüngeren deutschen Vergangenheit sogar eine der zentralen Rollen – perfekt eingebettet in eine insgesamt faszinierende Geschichte.

Thriller mit mehreren Themenkomplexen

Suizid, Mord, Rassismus, Terrorismus, geheimdienstliche Verschwörungen - Eckert hat hier einiges an Themenkomplexen angepackt, um daraus seinen Thriller zu formen. Wie gewohnt versteht es der Autor, seine Leser mit überraschenden Richtungswechseln in den Ermittlungen zu verwirren. Eckert – Politik-Wissenschaftler und Journalist – legt bekanntermaßen großen Wert auf intensive und detailgenaue Recherche. Den Mord an Treuhand-Chef Detlef Karsten Rohwedder - im Roman heißt der in der linken Szene verhasste Manager Rolf-Werner Winneken – bildet den Ausgangspunkt für die verschlungene Geschichte. Der Tod der beiden jungen Mädchen führt Leser und Ermittler dann jedoch zunächst in eine ganz andere Richtung. Die Realitätsbezüge sind ebenso geschickt wie eindrucksvoll gewählt. Eckert zeigt in seinem Roman, dass unaufgeklärte Terror-Morde die Menschen aus vielerlei Gründen noch lange beschäftigen. Aktuelles Beispiel in der jüngeren Vergangenheit war der Buback-Mord, bei dem ebenfalls bis heute nicht feststeht, wer die tödlichen Schüsse abgegeben hat.

Horst Eckert arbeitete zur Zeit der Rohwedder-Ermordung bei einem Düsseldorfer Fernsehsender, und schilderte den Mord absolut realitätsnah. Dabei stand damals ein Handtuch im Mittelpunkt, auf dem die DNA des RAF-Terroristen Wolfgang Grams gefunden wurde. Hier setzt der Autor an und baut darauf seine Geschichte auf. Kompliziert und faszinierend zugleich wird es, als der BND ins Spiel gebracht wird. Ermittler Vincent Che Veih muss in seinem zweiten Fall gegen Kollegen aus den eigenen Reihen ermitteln. Hier - und bei der Verwicklung des Geheimdienstes - ist auch der Ursprung des Titels zu sehen – denn die Ermittler boxen gegen verschiedene Schatten. Veih muss also nicht nur den alten Fall des erschossenen jungen Mannes und den mit neuen Leiche auf dem Grab lösen, sondern wird auch noch in die alten RAF-Geschichten hinein gezogen. Ganz schön viel für einen Roman, aber ich finde, Horst Eckert löst diese verwickelte Geschichte gut auf – so weit er sie auflöst. Am Ende bleiben nämlich einige Fragen offen und bieten Potenzial für den nächsten Roman mit diesem ungewöhnlichen Kommissar, der Eckert offenbar ans Herz gewachsen ist. Auf jeden Fall wird er ihn noch länger ermitteln lassen – und darauf freue ich mich schon.

Schattenboxer

Horst Eckert, Kuebler

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