Sieh dich nicht um
- Heyne
- Erschienen: Januar 1997
- 17
- München: Heyne, 1997, Seiten: 279, Übersetzt: Karin Dufner & Sonja Schuhmacher
- München: Heyne, 1998, Seiten: 269
- Augsburg: Bechtermünz, 2001, Seiten: 269
- München: Heyne, 2005, Seiten: 269
- München: Heyne, 2002, Seiten: 268
- Hamburg: Cora, 2007, Seiten: 304
Hasch mich, ich bin dein Mörder
Lacey Farrell ist ein glücklicher Mensch. Sie ist Immobilienmaklerin bei einer der größten Makleragenturen New Yorks und ihre Arbeit macht so richtig Spaß. Wenn vielleicht zwei Sachen nicht wären: der nervige Juniorchef mit seinen anzüglichen Bemerkungen und eine Kundin, für die sie die Wohnung ihrer bei einem Unfall gestorbenen Tochter verkaufen soll. Isabelle Waring glaubt nämlich nicht an den Unfalltod ihrer Tochter Heather und nervt ihre gesamte Umwelt mit ihren Mord- und Verschwörungstheorien. Sogar am späten Abend will sie Lacey noch von neuesten Erkenntnissen berichten, die sie offenbar aus dem Tagebuch ihrer Tochter gewonnen hat. Lacey hört aber nur die Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter ab und ruft nicht mehr zurück.
Am nächsten Morgen präsentiert der Juniorchef ihrer Agentur einen neuen Interessenten für die Wohnung. Nach der Besichtigung will Isabelle aber plötzlich überhaupt nicht mehr verkaufen. Am frühen Abend fährt Lacey erneut zu Isabelle und betritt die Wohnung in dem Moment, da im Schlafzimmer ein Schuss fällt. Lacey flüchtet in den Garderobenschrank, erkennt in dem Täter den Interessenten vom Nachmittag, wird, als sie die Tür hinter ihm zuschlägt, aber auch von ihm gesehen. Die sterbende Isabelle Waring vertraut Lacey das Tagebuch an, sie soll es Isabelles Mann weitergeben.
Dies ist der Ausgangspunkt bei "Sieh dich nicht um", hier beginnt eigentlich erst die Geschichte. Bevor Lacey das Tagebuch der Polizei gibt, unterschlägt sie es und fertigt zwei Kopien an. Eine für Isabelles Gatten, eine für sich selbst. Kurz darauf wird ein Mordanschlag auf Lacey ausgeübt, weswegen der zuständige Bezirksstaatsanwalt sie ins Zeugenschutzprogramm aufnimmt. Lacey bekommt eine neue Identität und lebt nun als Alice Carroll in Minneapolis. Mit ihrer Familie darf sie einmal in der Woche telefonieren, aber nichts über ihren Aufenthaltsort verraten.
In einem lokalen Radiosender arbeitet ein Moderator, der in Heathers Tagebuch kurz erwähnt ist. Lacey sucht sein Fitness-Studio auf und schafft es, dass er sich für sie interessiert. Sie hofft, über ihn etwas mehr über Heather in Erfahrung bringen zu können, entdeckt - nach vier Monaten unter neuer Identität - eine Spur zum Juniorchef ihrer alten Agentur, aber so richtig hilft das der Polizei auch nicht weiter. Gleichzeitig verrät sie aber auch ihrer Mutter ihren Aufenthaltsort. Und kurz später scheint der Killer wieder ihre Fährte aufgenommen zu haben. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt und Lacey flüchtet zurück nach New York, um auf eigene Faust die Hintergründe der Verbrechen herauszufinden.
Zweifelsohne ein packender Thriller, den Mary Higgins Clark da in gewohnter Manier abliefert. Wenn einem die Namen der Akteure und ihre Verbindungen erst einmal bekannt gemacht sind, beginnt eine rasante Handlung. Die Unterteilung der Kapitel ist dabei so geschickt gewählt, dass man das Buch eigentlich nicht dazwischen beiseite legen mag. Die Autorin hat einmal mehr einen Roman in ihrer unverkennbaren Handschrift geschrieben: Action, Verfolgung, Spannung und eine kleine Prise Liebesgeschichte machen "Sieh dich nicht um" wieder einmal zu einem typischen Higgins Clark. Fans von ihr werden begeistert sein, eine Wertung jenseits der 90° geben und über so manche Kleinigkeit hinwegblicken.
Der Grund für die Wertung von Krimi-Couch.de liegt in den zu großen Zufällen, die das Buch bietet. Isabelle Warings Mann besitzt ein Restaurant-Imperium, der neue Lebensgefährte von Laceys Mutter ist einer seiner Konkurrenten. Im fernen Minneapolis trifft Lacey einen charismatischen und erfolgreichen Radiomoderator, der Angebote aus New York abgelehnt hat, um eine solide Grundlage für seine Karriere aufzubauen. Dessen Schwester ist Schauspielerin, bereist in einer Gastspielgruppe das Land und hat vor anderthalb Jahren mit Heather auf einer Bühne in New York gestanden, außerdem kennt sie jemanden, der auch Heather und Laceys Juniorchef kannte. Und so geht das weiter. Die Welt ist ein Dorf, aber auch ein Dorf sollte irgendwo seine Grenzen haben.
Dann die Sache mit dem Zeugenschutzprogramm: Lacey ist trotz des Schutzes nicht gut auf die Staatsanwaltschaft zu sprechen, ihr schmerzt der abgebrochene Kontakt zu ihrer Familie und es ärgert sie, dass die Polizei den Mörder nicht findet. Dumm ist es hingegen, ihrer weinenden Mutter den Aufenthaltsort zu verraten. Noch dümmer allerdings von ihrer Mutter, eine Tageszeitung aus Minneapolis zu kaufen und durch halb New York spazieren zu tragen. Umgekehrt ist die Staatsanwaltschaft natürlich sauer auf Lacey. Sie scheint mehr zu wissen, als sie zugibt und kooperiert nicht richtig. Nein, im Gegenteil, sie lässt die Maskerade platzen und scheint gar nicht wahrzunehmen, wie viel Kapital investiert wurde, um ihre Sicherheit zu garantieren. Dieser Konflikt hätte Grundlage für eine tiefgründige Kritik am Zeugenschutzprogramm darstellen können. Das braucht man bei Mary Higgins Clark jedoch nicht zu erwarten, sie kratzt bei solchen gesellschaftlichen Dingen allenfalls an der Oberfläche.
Und letztlich: der Killer. Er gleicht eher einer Karikatur als einem ernstzunehmenden Ganoven. Offenbar schon mit 42 ein wenig in die Jahre gekommen, stellt er sich gerade in der Nähe von Lacey Farrell auf mysteriöse Weise unprofessionell an.
Gutes Lesefutter in einer sehr flüssigen und verständlichen Schreibweise, empfehlenswert für alle auf der Suche nach guter, aber nicht zu anspruchsvoller Unterhaltung. Und mehr eben nicht.
Mary Higgins Clark, Heyne
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